Wenn doch nur alles immer so 'Bubi Eifach' wäre...

22.07.2014; Text: Monthy, Bilder: Ramona Hofstetter
Bubi Eifach live auf der Gurten Waldbühne 2014

 
"Bubi - ich darf doch Bubi sagen?", lanciere ich das Gespräch mit Berns Kultmusiker #1 augenzwinkernd und werde dafür aus dreitagebärtigem Gesicht angestrahlt. Zwar sei der Name "Bubi" nicht selbstgewählt und er habe sich eigentlich lange dagegen gesträubt, sich aber je älter er wurde, desto besser damit abgefunden, unterbreitet mir Bubi Rufener am Samstag, nachdem er am Donnerstag mit seiner Band Bubi Eifach auf seinem Hausberg auftreten und dort sein ziemlich neues Album - #1 - präsentieren durfte. Der ungestüme Sound und die etwas rohe, aber dafür umso direktere Art bringen mich dazu, Rufener - wohlgemerkt als einer der ganz wenigen im Lande - mit Kuno und seine Band mit Züri West zu vergleichen. Und zwar mit den ZW, wie sie am Anfang beim Debut "Sport & Musik" waren. "Der Vergleich ist wohl nicht ganz zufällig, da wir musikalisch tatsächlich aus einer sehr ähnlichen Ecke stammen. Erstens mal...", meint Bubi, den aber noch viel mehr mit den Nationalhelden verbindet. "Zweitens sind wir gute Freunde und sie sind meine Lieblingsband, was Mundart-Musik angeht. Ich nehme es als Kompliment, wenn Parallelen vorhanden sind."
Bubi Eifach live auf der Gurten Waldbühne 2014

 
So weit so gut. Ich könnte das Interview nun so weiter erzählen, aber das geben mir meine Art Journalismus und mein Kopf nicht zu. Das oben angefangene Gespräch ist in Wahrheit die Abschrift der Rekonstruktion eines Gespräches - das ich rund 10 Minuten zuvor mit demselben Bubi geführt habe. Und es war ein fantastisches Interview. Eines meiner Schönsten. Wie aus der Maschinenpistole rattern die Sprüche des "schnellsten Berners" über mich und alles passt - bis auf den Recorder, der zwar mitläuft, aber wohl abspielt und nicht aufzeichnet. Warum ich es hier und jetzt dann eben doch erwähne, obwohl ich mich dabei ja nicht gerade mit Ruhm bekleckere, liegt an der Reaktion Bubis, der mir aufrichtig versichert, das mache ihm gar nichts aus. -Man ist sich ja schon eher anderes gewohnt als solches. Mein Wiedereinstieg ins Gespräch mit der provokativen Frage, ob Bubi Eifach also den Sound machen, den Züri West nicht mehr machen dürfen, lässt Bubi vermuten, Kuno habe mein Gerät aus der Ferne manipuliert, weil er nicht wolle, dass wir darüber reden. Ich grinse und alles ist schon nicht mehr gar so schlimm. Bubi antwortet mit: "Nein. Bubi Eifach macht den Sound, den Bubi Eifach machen will. Darüber mache ich mir absolut keine Gedanken. Was erlaubt ist und was nicht... Züri West machen, was Züri West machen wollen, aber Bubi Eifach macht, was Bubi Eifach machen will. Da kannst du dir ganz sicher sein. Und wenn es etwas punkiger daher kommt als bei anderen Bands, umso besser. Schliesslich haben wir die Platte auch live in vier Tagen eingespielt - keine Overdubs, einfach mitten ins Gesicht. Nur das du es weisst". Konzept Rein-Raus, hake ich nach und Bubi meint: "Ja, einmal üben, dann wird der Song aufgenommen und wenn er nicht gut ist, wird er nochmals aufgenommen - und dann ist er gut."
Trespass-Monthy mit Kult-Musiker Bubi Rufener im Gurten-Pavillon

 
Seine Texte will Bubi auch nicht wirklich mit Kuno vergleichen. Er beschreibe Zustände und erzähle keine Geschichten, konkretisiert er den Unterschied. Unserer Sandy ist aber in ihrer Kritik zu #1 nicht entgangen, dass auch Bubi mit wenigen Worten viel bewirken könne. Der Meister in dieser Disziplin heisst Kuno. Bubi gewährt Einblick in seine eigene Philosophie: "Ich bin geprägt, vom alten Blues und vom alten Rock'n'Roll, wo einfache, kurze Sätze sehr viel aussagen sollen. Wiederholungen sind auch sehr wichtig. Einer meiner Lieblingssätze, der es leider nicht auf diese Platte geschafft hat, aber dann vielleicht auf die nächste, heisst: 'Mueter i cha nid schlafe - bitte gib mir heissi Miuch mit süessem Honig drin' - Darunter kann sich jeder vorstellen, was er will. Ich denke, es hat eine Bedeutung und eine Aussage und das reicht mir." Weil die Leute beim Konzert manchmal nicht so aufmerksam seien, passe das mit den Wiederholungen ganz gut, stachle ich Bubi weiter an und nach einem kurzen herzlichen Lacher schulmeistert mich Bubi schmunzelnd: "Nein, es ist eine alte Tradition im Rock'n'Roll dass man Refrains wiederholt. Das muss man. Einige Dinge müssen sich auch reimen..." Nach diesem kurzzeitigen Tempowechsel ins Ruhige, dreht Rufener wieder auf und steigert sich in dieses irgendwie paradoxe Mundart-Stakkato - von wegen langsame Berner... "Für mich gibt es verschiedene Arten von Reimen. Sie müssen sich nicht immer offensichtlich reimen - egal ob auf der zweiten, der fünften oder der fünfzehnten Silbe ist mir ein bisschen egal. Die Macht des Reimes ist nicht zu unterschätzen. Es kann sich auch hinsichtlich Bedeutung reimen - 'Schwümm lieber witer - gang doch lieber hei', scheint im ersten Moment keine Bedeutung zu haben. 'Schwimmen' und 'Hei' (auch Berndeutsch für: Hai) hat dann aber doch eine Bedeutung, reimt sich aber nicht..."
Bubi Eifach live auf der Gurten Waldbühne 2014

 
Ich hoffe, ihr könnt herauslesen, dass Bubi mich mit seinen Antworten tracktiert wie einst George "Booma-ye" Foreman Mohammed Ali in Zaire als er sich innert weniger Runden vollkommen müde schlug und Ali ihn danach leichtfüssig austänzelte. Dass sich mir ähnliche Möglichkeiten eröffnen in unserem Wortgefecht kann ich hingegen nicht hoffen. Rufener ist nach dem Gurten-Auftritt immer noch total aufgedreht wie mir scheint, sprüht vor Esprit und hat den Schalk im Nacken. Wenn ich so in seine Biografie reinschaue, dann war Bubi bei den Sugarbabies und wohl etwa die Hälfte der Allschwil Posse - bis er auch namentlich aus dem Schatten trat (Boob, Bubi Eifach) verging aber doch eine gewisse Zeit. Bubi überlegt und ich frage hinsichtlich diesem Moment lapidar nach: "Weisch ne no?", worauf er meint: "Jetzt mit knapp 46 Jahren... - ich war schon immer mal in der Sonne, bin aber immer auch gerne in den Schatten zurück gegangen, damit ich mir keine rote Nase hole. - Ich bin nicht sehr ehrgeizig... Ich definiere mich auch nicht nur über Musik, sondern habe noch andere Sachen, die mir wichtig sind. Wenn sich aber trotzdem etwas tut wie jetz hier, dann freut mich das aber natürlich sehr und ich geniesse es auch. Interviews zu geben - auch wenn man alles zweimal sagen muss..." In Bern nennt man das, sich Anzünden und ja - ich habe es verdient.
Bubi Eifach live auf der Gurten Waldbühne 2014

 
Erstaunlicherweise meinte Bubi in der Erstauflage auf die nächste Frage, die ich noch im Kopf habe - Hast du den Auftritt auf dem Gurten nun geniessen können? - mit einem kurzen und knappen "Nä-ä", berndeutsch für "Nein" und geschuldet ganz einfach dem emotionalen Stress. Was man bei so einer Gelegenheit auf der Bühne sage, könne er nicht sagen. Weil er es sich nicht extrra überlegt, sondern spontan schaut. Und da er ja eh fast übersprudelt, hat er damit auch sicher kein Problem. Bei der Schlussfrage muss er dann aber doch wieder nachdoppeln. Bubi hat - schon fast offiziell - den Ruf einer Rampensau. Also will ich von ihm wissen, was für ihn "gut" hinsichtlich Bühnenauftritt bedeutet - Bubi: "Das ist für mich nicht einfach zu definieren. Es geht um den Sound, um die Leute, verschiedene Charaktere oder Archetypen. Ich wehre mich ein bisschen dagegen, ein Konzert unter anderen Kriterien zu erleben, als über den Sound, der mir gefällt oder nicht. Für mich persönlich geht es auf der Bühne um Leidenschaft. Ich kann nur das: mitten auf der Bühne stehen und abdrücken und alles geben und alles vergessen. Nur noch Sein und nur noch Schwitzen..." - "Und nur noch Bubi sein, bis er von der Bühne runter geht und dann irgendwie wieder zu einem anderen Mensch wird...", klaue ich ihm zussamenfassend den Schlusssatz, den ich zwar unglaublich geil finde, aber - ganz ehrlich - nach diesem orkanartigen Interview nicht wirklich unterschreiben kann. "Vielleicht bin ich auf der Bühne ich selbst und daneben jemand anders", holt er sich das letzte Wort noch zurück, bevor ich mich geschafft und sehr sehr dankbar verabschiede.
Bubi Eifach live auf der Gurten Waldbühne 2014

 
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