Czar of Crickets - die Expansion eines sympathischen Labels

01.06.2014; Text: Monthy, Bilder: Czar of Crickets
Die Zeiten ändern sich. Das gilt für Music-Biz ganz besonders. Für einmal sei hier aber nicht vom Verschwinden des physischen Datenträgers zugunsten problematischer Onlinelösungen die Rede sein. Auch beim Label muss man sich der Zeit anpassen. Das tut Freddy vom kleinen Label Czar of Crickets auf mehreren Ebenen. Zum Beginn unseres E-mails spreche ich die Indie-Major Kontroverse an, mit der ich selbst noch aufgewachsen war. Damals war das für viele Bands praktisch eine Glaubensfrage. Heute scheint das irgendwie weniger wichtig. Freddy sieht das so: "Vieles hat sich geändert und ich habe das Gefühl, dass Labels - ob klein oder gross - durch den digitalen Marktwandel in einer ständigen Veränderung stecken. Trotzdem denke ich, ist die Glaubensfrage immer noch da. Es geht vielleicht weniger um Indie oder Major, sondern man stellt sich die Frage, soll ich die die Rechte an meinen Songs abgeben oder nicht? So wie ich das kannte, boten früher tendentiell die grossen Firmen Verlagsverträge an. Heutzutage machen das sicher auch vermehrt kleine Labels, da sich Tonträger schlechter verkaufen lassen und man auf andere Einnahmequellen angewiesen ist. Ich selber biete keine Verlagsverträge an."
Die Czar-enfamilie im relativ neuen Kleid

 
Kleinere Labels haben oft eine, zwei Bands mit denen sie Geld machen können und kleinere Bands als Auffüller. Das ist nicht abwertend gemeint sondern hat durchaus Geschichte. Virgin Records etwa kann in seinen Anfängen fast gänzlich mit Mike Oldfield gleichgesetzt werden. Mit der Zeit hat sich daraus ein Major entwickelt, der mittlerweile Teil von EMI ist. Bei Czar of Crickets ist dies aber nicht der Fall. "Durch das System, welches ich Anfang des Jahres eigeführt habe, bin ich nicht abhängig von einem 'Zugpferd'", lässt Freddy mich wissen "D.h. ich biete meine Arbeit als Dienstleistung an. Ich werde von der Band pauschal bezahlt in Form von Geld einem oder Gegengefallen (man kann sich fast immer einigen) und dafür biete ich einen Release mit internationaler Promo. Das gibt mir doch immerhin die Freiheit kein Zugpferd haben zu MÜSSEN. Es gibt sicher Bands die sich besser verkaufen lassen als andere, ich baue aber nicht zwingend auf die. Vielleicht noch etwas zu meiner Dienstleistung. Die Bands müssen sich komplett selber finanzieren und bezahlen mich noch zusätzlich. Sie erhalten jedoch 100 % aller Einnahmen. Sie geben in keinster Weise Copyright ab, d.h. es gibt auch keine Rechtsstreits." Mit seiner Auskunft leistet Freddy auch einen Beitrag zur Transparenz. Die Entscheidung, wie man seine Musik verkaufen will, gehört für Bands zu den wichtigsten überhaupt und ist sicher in den letzten Jahren auch nicht einfacher geworden.
Czar of Revelations - Artists

 
Czar of Crickets ist - ähnlich wie Trespass - nicht auf einen Musikstil fixiert, sondern bietet verschiedene Stile - Ich frage Freddy direkt, ob es nicht einfacher wäre, sich auf ein Gebiet zu konzentrieren? "Natürlich....", antwortet Freddy, "Es wäre sogar SEHR viel einfacher! Man könnte einen Stil fahren, eine bestimmte Niesche ansprechen und ein paar Jahre warten, bis sich eine treue Fangemeinschaft ansammelt. Eigentlich würde man von mir erwarten, mein Label im Fahrwasser von meiner eigenen Band Zatokrev zu führen, es gibt aber für mich mehrere Gründe das nicht zu machen. Es würde mir sehr schnell langweilig werden. Ich mag verschiedenste Stile, ich mag es in verschiedenen Nieschen und Promobereichen tätig zu sein um mich und meine Arbeit weiterzuentwickeln. Jeder Release bietet eine neue Klangfarbe und fordert mich auf's Neue heraus. Wenn ich nur einen Stil repräsentieren würde, würde das auch heissen, dass ich mit zahlreichen internationalen Bands zusammenarbeiten müsste. Das wäre im Grunde genommen interessant, aber es gäbe zu viele die ich nicht persönlich kennenlernen könnte, was mir schliesslich ziemlich wichtig ist. Ich geniesse die Position, mit Musikern aus verschiedenen Soundbereichen zu tun zu haben, die nicht allzuweit weg wohnen und diese persönlich zu kennen. Ich lege viel wert auf die Authentizität eines Künstlers und ich involviere mich gerne. Einige sind gute Freunde von mir und Einige sind Freunde von den guten Freunden. Es kam oft vor, dass bevor ich und eine Band eine Zusammenarbeit starteten ich bei ihnen im Bandraum vorbeikam um zu quatschen. Da gings nicht nur um Business Pläne, sondern z.B. auch um den Inhalt ihrer Lyrics. Es gibt auch Bands bei welchen ich als Musiker aushelfe, wie z.B. bei King Legba And The Loas oder bei Carma Star. Auf einigen Alben hatte ich Gastauftritte, z.B. bei Palmer, und in einigen Bands spielen Musiker mit denen ich in anderen Projekten ebenfalls musiziere. Es ist sozusagen wie eine grosse Familie. Die besagte Authentizität, die ich mir von den Czar Bands erhoffe, versuche ich genauso mit meinem Konzept und meiner Arbeit durchzuziehen und durch mein Label zu vermitteln."
Czar of Revelations - Releases

 
Nun kenne ich Czar of Crickets in meiner Funktion als Reviewer schon länger und die Bands haben eigentlich immer ein gewisses Niveau und sind zumeist auch recht interessant. Seine eigene Band Zatokrev ist mir dabei schon durch die Finger gegangen und das Logo hat sich mir eingeprägt. Ich assoziiere es aber mit härterer Musik. Alternative bis Metal - war das vor allem ursprünglich so? - Freddy: "Ja und Nein. In der Tat waren die ersten Releases sehr Metal lastig, ich war aber schon damals offen für andere Stile. Deshalb hiess mein Label auch nicht Bloodczar, Death Massacre oder was auch immer, sondern Czar Of Crickets. Der Zar der Grillen könnte in unserer Fantasie einen boshaften Herrscher der Grillen darstellen. Aber selbst wenn dieser noch so boshaft wäre, bliebe er in der Menschenwelt vollkommen harmlos und einige würden ihn sogar belächeln, wenn überhaupt bemerken. Das ist für mich ein Bild des Relativen. Damit wollte ich mir die Zukunft dieses Labels offen halten und mich nicht auf Extrem Metal Stile fixieren." Die Symbolik - wie gesagt das ursprüngliche Logo, aber auch die Grillen-Geschichte und die visuelle Aufmachung der neuen Sublabels - entlocken mir ein Schmunzeln und machen mir Czar of Crickets noch sympathischer. Schon nur deshalb würde ich es Bands ans Herz legen...
Czar of Bullets - Artists

 
Aber mal zum Grundsätzlichen - Was muss ein gutes Label in Freddy's Augen einer Band bieten können? - "Ein gutes Label sollte mit Bands gut kommunizieren können und einen offenen und ehrlichen Austausch wahren. Schliesslich hat man's mit dem geistigen Eigentum des Künstlers zu tun. Ein gutes Label sollte auf alle Fragen und Wünsche der Band so gut wie möglich eingehn können und so gut es geht für die Band werben. Abgesehn davon, braucht es physische und digitale Vertriebsnetze und gute Promokontakte." Czar of Crickets gibt's schon eine Weile - aber nun will Freddy wachsen - Ist das eher ein Wunsch oder ein Muss, um weiter existieren zu können? - Freddy: "Es ist Beides. Ich mache bereits seit langer Zeit Musik, ich bin viel auf Tournee mit Zatokrev und mit anderen Projekten. Damit das möglich war brauchte ich über all die Jahre Nebenjobs. Ich arbeitete ohne Ausbildung als Fahrer, Textildrucker, Plattenverkäufer, Gitarrenlehrer, Lagerarbeiter, Schmuckverkäufer, Baarkeeper, Grafiker Assistent u.s.w. ich bin nun 37 und wünsche mir, dass mein eigenes Geschäft sich soweit verselbstständigt, damit ich nicht mehr auf Nebenjobs angewiesen bin. Gleichzeitig möchte ich den Bands auch immer mehr bieten können. Ich überdenke oft vieles neu, versuche verschiedene Verbesserungen zu vollziehen, erweitere meine Promokontakte u.s.w. Es ist eine Leidenschaft und ich würde mir wünschen damit meinen gesmaten Lebensunterhalt zu finanzieren. Ein anderer Aspekt ist, dass dies eine Arbeit ist, welche ich auch erledigen könnte wenn ich auf Tournee bin. Sofern ich mich richtig arrangiere, brauche ich nur meinen Laptop. D.h. wenn wir z.B. ein gutes aber schlechtbezahltes Tourangebot Angebot für Zatokrev haben, dann kann ich während der Tour in der freien Zeit arbeiten und Geld verdienen."
Czar of Bullets - Releases

 
Eine der Neuerungen bei CoC betrifft den Vertrieb via "Plastichead" - da ich selbst keinen Schimmer habe, was das ist, frage ich gleich nach und will auch die Vorteile für Freddy wissen? - "Plastichead ist wohl einer der wichtigsten und grössten Vertriebe für gute Musik in England. Der Vorteil ist, dass es für uns nun einfacher ist in England, aber auch allgemein in Europa Promo für unsere Bands zu bekommen. Der englische Musik Markt beeinflusst die ganze Welt und es ist mir wichtig einen Fuss da drin zu haben." Eine andere Neuerung sieht vor, dass es künftig auch die Sublabels "Czar of Bullet" und "Czar of Revelations" gibt - Wie unterscheiden sie sich voneinander und von der Hauptmarke "Czar of Crickets"? Freddy erklärt die neuen Struktur: "Czar Of Bullets steht für die Metal Bands und diejenigen Künstler, welche von der Intensität und ihrem Lärmpegel her da hereinpassen. Czar Of Revelations steht für alle anderen. Das zieht sich von Akustischem Folk-Pop, Singer-Songwriting, Straight Rock, Rock'N'Roll, Experimental bis hin zu einer Frank Zappa Coverband. Czar Of Crickets Productions ist die Hauptfirma, sozusagen der Familienname und der Deckmantel unter der ich alle unsere Releases vertreibe. Die Sub Labels gründete ich erst Anfang dieses Jahres, da mir auffiel wie gross Czar Of Cricets' musikalische Bandbreite wurde. Ich hoffe durch die Änderung mein Schaffen nach Aussen etwas besser deffinieren zu können."
Copyright trespass.ch [br] Source: https:// https://www.trespass.ch/de/bands-a-z/c/czar_of_crickets/czar_of_crickets_die_expansion_eines_sympathisch.htm