Hathors - sind keine 'Haters'

29.07.2014; Text: Monthy, Bilder: Mathias Andreas Keller
Auf dem Gurten spielen zu dürfen, ist für keine Band selbstverständlich. Wenn ich die Hathors zum Auftakt unseres Interviews aber explizit frage, ob sie sich, als sie anfingen, hätten vorstellen können, dereinst hier oder an einem vergleichbar grossen Event aufzutreten, dann vor allem in Hinsicht auf ihren Sound. Die Hathors machen Stoner Rock, gespickt mit Grunge und gar Metal-Elementen, und sind sicher keine Radioband ohne Ecken und Kanten. "In unseren Träumen auf jeden Fall", antwortet Gitarrist und Sänger Marc Bouffé stellvertretend für alle Bandmitglieder, "Wir hatten schon immer grosse Träume und insgeheim Hoffnungen. Aber so richtig konkret vorstellen, traut man sich so etwas dann eigentlich schon nicht." Dass dies überhaupt möglich wurde, ist vielleicht Bands wie Eluveitie zu verdanken, die auch mit kompromisslos hartem Sound zu kommerziellen Erfolgen gekommen sind. Aber es sind nicht nur einzlene Exponenten - die Aussichten scheinen im harten Bereich besser als auch schon. "Die ganze Independent-Szene hat sich, insbesondere auch in der Schweiz, stark entwickelt und es gibt sehr viele verschiedene Nischen, die man als Band besetzen kann. Egal, ob man nun sehr experimentellen Sound macht oder die Indie-Pop Schiene fährt, es gibt immer Mittel und Wege, an die Leute heran zu kommen. Da hat sich in den letzten zehn, zwanzig Jahren wirklich etwas getan." Schlüssel dafür ist - ganz unabhängig von der Ausrichtung - natürlich das Internet und die sozialen Netzwerke. "Jeder kann Tracks raufladen, es ist einfacher und günstiger, Tracks zu produzieren. Die Entwicklung des Ganzen war vielleicht sogar etwas zu schnell. Manchmal hat man das Gefühl, die Leute müssen erst noch lernen, damit umzugehen."
Hathors auf der Waldbbüne am Gurtenfestival 2014

 
Stoner Rock, eine Musikrichtung, die bewusst dreckig tönt, ist hierzulande nicht gerade Trend. In meiner fünfzehnjährigen Tätigkeit als Blogger, fällt mir spontan nur gerade die Basler Band Zamarro ein. In Europa ist wohl Schweden das steinigste Pflaster, international stechen die Queens of the Stone Age deutlich heraus. "Die Hathors tönen sehr modern - und nicht gerade schweizerisch...?", teste ich daher mal, ob meine Kenntnisse den Realitäten entsprechen. Marc: "Das ist genau der Satz, den wir hören wollen und es ist für uns ein Kompliment, nicht schweizerisch zu tönen. Obwohl wir mit Celtic Frost und den Young Gods auch hierzulande tolle Bands haben, waren wir schon immer sehr stark auf Amerika ausgerichtet. Anzuführen gäbe es beim Stoner Rock vielleicht noch Highfish..." Die Luzerner hatte ich schon fast vergessen - auch weil ich schon länger nichts mehr von ihnen gehört habe. Mich interessiert, wie die Hathors den modernen Ton in ihren Sound hinein bringen - informieren sie sich über Trends im harten Bereich und schielen schon mal auf die Konkurrenz? - "An und für sich hört man sich natürlich einmal das an, was einem selber gefällt. Aber selbstverständlich habe ich alle Newsletter der gängigen Musikportale abonniert wie Visons, NME oder Rolling Stone und informiere mich regelmässig darüber, was neu rauskommt. Meine letzte Entdeckung im harten Bereich war beispielsweise eine norwegische Band namens Shining. Es ist einfach schwierig, einen Überblick zu gewinnen, bei allen Informationen, die übers Internet verfügbar sind. Wir werden eigentlich total überflutet und da muss man dann halt auch mal eine Band heraus picken, mit der man sich tiefer beschäftigen will."
Hathors auf der Waldbbüne am Gurtenfestival 2014

 
Woher kenne ich das bloss...? - Genau so kamen die Hathors bei uns zum Handkuss. Andere haben abgesagt oder wir haben uns terminlich nicht gefunden. Auf der Suche nach Ersatz bin ich dann über die wilden Zürcher "gestolpert" - auch weil sie den Live Award bei den Swiss Live Talents gewonnen haben. Weil mich der Sound überzeugte, fragte ich also an und klemmte mich dann mal dahinter, irgend etwas ganz individuelles über die Hathors zu finden, an dem ich das Interview aufhängen kann. Die Schlüsselfrage folgt nun und ich schmunzle schon, bevor ich frage, zu wieviel Prozent die Leuten ihren Bandnamen falsch aussprechen würden?. - "90 - 95 %", antworten die drei - nebst Marc Bassist Terry Palmer und Drummer Marcel Munz - unisono und präzisieren, "...und der Rest schreibt uns falsch!" Die Hathors werden dann meistens zu Haters, obwohl sie sich im Interview ganz und gar nicht hasserfüllt geben. Der Name - und das muss ich den Fans zugute halten - ist aber auch nicht ganz so einfach. Ausgesprochen "Hä-ders", bezieht sich der Begriff nach meiner Internetsuche auf eine ägyptische Gottheit. Ein skuriller Sekten-Typ behauptet gar, dahinter steckten Ausserirdische, die die ägyptische Hochkultur erst möglich gemacht hätten und erinnert mich ein bisschen an die Sci-Fi-Serie Stargate. Die Hathors erklären mir gerne, was es mit dem Namen wirklich auf sich hat: "Der Name stammt aus der ägyptischen Mythologie. Die Göttin Hathor stand dort für Liebe, Kunst und Trunkenheit - aber auch für den Tod. Die Hathoren waren damals Künstler-Lehrlinge."
Hathors auf der Waldbbüne am Gurtenfestival 2014

 
Die Hathors haben in ihrer Bandgeschichte das getan, was viele Bands scheuen - sie haben ihren ursprünglichen Namen geändert und sich dabei auch musikalisch ein bisschen neu ausgerichtet. Viele Bands fürchten ja, damit ihre Fans zu verlieren und bei 0 wieder anfangen zu müssen. Aber die Hathors hatten gute Gründe, wie Marcel erklärt: "Einerseits hatten wir viele Wechsel im Lineup und haben das mit der Neugründung irgendwie abschliessen können. Weil wir uns zum Teil schon aus der Schulzeit kannten und eine lange Bandgeschichte haben, war es einfach irgendwann angebracht, Name und Sound anzupassen." Marc bestätigt und weist auch auf ein "Entwicklungsproblem" hin: "Wenn du dir mit 14 einen Bandnamen ausdenkst, dann passt das mit 24 wahrscheinlich nicht mehr. Die Veränderung entsprang quasi den Gedanken, die man sich als Jugendlicher noch nicht gemacht hatte..." Hinsichtlich Fans geben sich die Hathors pragmatisch: "Wir haben uns eine neue Fanbasis aufgebaut, wobei vor allem anfänglich viele der 'alten' Fans immer noch an unsere Konzerte gekommen sind. Auch weil sie uns halt aus der Schule persönlich kannten und nicht alles quasi am Namen aufgehängt war. Mit zunehmendem Alter hat sich das auch bei den Fans veändert - viele haben ihre Vorlieben geändert und hören heute nicht mehr den Sound, den sie als Jugendliche gehört haben." Marc relativiert abschliessend: "Bis zum Namenswechsel wars auch gar nicht so gross. Wir haben eigentlich erst mit dem neuen Namen, mit Terry, der dazu kam, und mit dem ersten Album richtig angefangen. Vorher waren wir ein lokaler Act aus der Region Zürich/Winterthur. Unsere Fanbase stammt im Wesentlichen aus der Neuzeit."
Hathors auf der Waldbbüne am Gurtenfestival 2014

 
Als Vielspieler würden mir die Hathors sicher bestätigen, dass sie sich voll ins Zeug legen - egal ob nun 10, 100 oder 1000 Leute vor der Bühne stehen. Das darf ich als Fan - glaube ich - auch durchaus verlangen. Aber trotzdem muss es ja noch ein Extra-Kick sein, wenn man am Samstag um 17.15 Uhr auf der Gurten Waldbühne antreten darf. Marc gibt das auch zu: "Das Adrenalin ist schon noch etwas mehr, wenn 2000 Leute voll abgehen. Man kann auch mehr machen mit dem Publikum, wenn es mehr Leute da sind." Terry relativiert, dass es auch viel Energie gebe, wenn es nur zwanzig Leute seien, die aber total mit dabei sind. Und in der Tat ist bei 2000 ja auch die Möglichkeit da, dass nicht alle das so toll finden, insbesondere an einem Openair, wo man auch etwas anderes machen kann als vor der Waldbühne zu stehen. Und vor 2000 zu scheitern, wäre dann ja wohl wesentlich härter, als vor wenigen zu scheitern. Nur so als Kehrseite der Medaille. Das Prinzip "viel spielen" - möglichst jeden Gig anzunehmen und Erfahrung zu sammeln, ist heute ziemlich populär. Wohl auch, weil sich Auftritte mehr rechnen als CDs. Angst, dabei auszubrennen, haben die Hathors nicht, obwohl Marc zugesteht: "Das kann es immer geben. Wichtig ist dabei einfach, wie man miteinander umgeht und dass man den Respekt voreinander behält. Man kann es auch selbst ein bisschen steuern, indem man an einem freien Abend halt mit anderen Leuten weg geht und nicht auch noch mit den Bandmitgliedern rumhängt. Wir proben ja viermal pro Woche - und das reicht im Prinzip..." Dem gibt es eigentlich nur hinzu zu fügen, dass sich die drei bei der letzten Aussage allesamt anlächeln.
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