Shakra's Step-by-Step Philosophie

12.12.2012; Text: Monthy, Bilder: Shakra
Dass eine Hardrockband im Interview über die Charts referiert, ist an sich nicht der Normalfall. Auch bei Shakra nicht. Aber es kommt vor. Da es nach dem Sängerwechsel von Fox zu Prakesh das letzte Werk "Back on Track" bis auf Platz 2 der Albumcharts schaffte, müssen-dürfen Tom Blunier und Thomas Muster nun fast darüber reden, ob das denn noch zu toppen sei. "Wir haben in Interviews tatsächlich noch nie über die vordersten Chartplätze geredet - jetzt fragen plötzlich alle danach...", beantwortet Thomas meine Frage mit einem Schmunzeln auf den Lippen und führt noch etwas aus, "Jetzt, wo es in der Bio steht, kommen alle und wollen wissen, ob wir denn jetzt auf Platz 1 wollen? - Natürlich wollen wir!" - Tom gibt sich ebenfalls unbeeindruckt: "Alle haben von diesem 2 geredet, aber soviel hat das nicht geändert. Ich habe immer noch das gleiche auf dem Teller wie vorher..."
Shakra's neunter Streich - Powerplay
Ob es etwas ändern würde, wenn die Leute statt der 2 von der 1 reden würden - "...wissen wir nicht. Aber um das heraus zu finden, wollen wir es eben ja noch toppen", meinen die beiden mehr oder weniger unisono. Tom meint, dass wohl nur eine Nummer 1 in Deutschland - "oder Amerika..." - die Verhältnisse durcheinander bringen könnten. "Wenn du anfängst, Musik zu machen, dann eigentlich nicht aus solchen Gründen. Um davon zu leben und so. Aber wenn du schon mal in den Top Ten warst, dann hast du eben Blut geleckt. Sollten wir nie ein Nummer-1-Album erreichen, dann ist das halt so. Aber wir würden uns natürlich extrem darüber freuen, wenn es klappen würde. Es gibt dir auch eine Bestätigung, dass du irgendetwas richtig gemacht hast, wenn dieser Fall eintritt.", nimmt Thomas der vielbeschworenen Hassliebe Hardrock-Charts den Wind aus den Segeln. Er regt an, dass der Zeitpunkt eines Releases entscheidend sei und es wohl ein günstiger gewesen sein müsse, meint aber zu meinem Einwand: "Du spielst wohl auf das Cliché an, dass Rocker sich dem Kommerz generell verschliessen würden. Wir sehen das nicht so. Warum sonst verkaufen Metal-Bands denn T-Shirts? Metallica haben sich zwar jahrelang gesträubt, ein Video zu machen, damit sie nicht auf MTV gespielt werden. Aber du kannst das auf Dauer nicht wegdiskutieren. Wenn du etwas verkaufst, bist du Teil dieses Kommerzes." Planspiele machen Shakra also noch ganz gerne, lassen sich aber nicht den Kopf verdrehen. Und das würde auch überraschen. Denn der Charterfolg der Emmentaler ist alles andere als ein Zufallsprodukt. Nach zwanzig Jahren und zuvor acht Alben kann man vielmehr von einem schwer erarbeiteten Erfolg reden. "Irgend jemand hat es ja gekauft - vorausgesetzt es ist nicht alles manipuliert. Aber wir wüssten ja nicht einmal wie das geht...", bestätigen Shakra die Bestätigung, die sie dadurch erlangt haben.
Wild entschlossen - Shakra wollen den Erfolg von Back on Track toppen
Man kann mittlerweile schon fast von einem Phänomen sprechen: Shakra haben nun bereits zweimal den Sänger ausgetauscht - und entwickeln sich doch ganz kontinuerlich. Ich frage mich, ob das immer die gleichen Leute sind, denen Shakra gefällt, oder immer andere? - "Das haben wir uns kürzlich auch gefragt. Ich denke, es liegt vielleicht daran, dass nie eine Einzelperson im Fokus stand, sondern immer die Band Shakra. Dieses Team stand oder fiel nie mit einem einzelnen Namen. Und das hat wohl funktioniert. So haben wir uns alles aufgebaut.", staunt Thomas selbst ein bisschen. Tom erklärt es sich ganz ähnlich: "Es war ja vorher nicht so, dass Pesche Kaufmann oder Mark Fox uns alles vorgegeben hätten. Sonst würde es jedesmal ganz anders tönen. Aber der Kern der Band, der auch die Songs schreibt, hat sich nie gross verändert, weshalb Shakra wohl auch heute noch nach Shakra tönt... Plusminus..." Hartnäckigkeit und Geduld seien dabei besonders wichtig. Blunier meint lapidar: "Auch diejenigen, die das letzte Album überhaupt nicht mochten, erhielten wieder ein neues und mussten sich immer wieder mit uns auseinander setzten. Und irgendwann findet jeder einen Ton oder ein Riff, das ihm gefällt." Dies hätten mit der Zeit halt auch die Plattenfirmen mitgekriegt und sind ins Step-by-Step-Modell von Shakra eingestiegen. "Wir haben zwar einen Deal und einen Vorschuss, der uns erlaubt hat, in Ruhe am Album zu arbeiten. Aber kein grosses Marketing", gibt Muster preis.
Gruppenbild Shakra - ganz rechts Blunier und Muster, meine Gesprächspartner
Tom meint, der Unterschied sei, sie würden es einfach machen, worauf ich die Halbfrage - getarnt als Kompliment - einwerfe, sie wüssten halt auch, was sie wollten. Thomas lacht: "Wir können aber auch nicht mehr anders... Was soll ich sonst? Songs schreiben ist das Einzige, das ich nach all den Jahren so ein bisschen kann. In einem anderen Job könntest du mich nicht mehr gebrauchen!" Shakra sind nach zwanzig Jahren nicht mehr in den normalen Arbeitsmarkt zu integrieren, wie Blunier bemerkt, und deshalb zum Erfolg verdammt. Grundpfeiler der Musik von Shakra ist dabei ein Rock, wie er schon vor fast dreissig Jahren zu hören war. Thomas: "Modern ist daran eigentlich vor allem die Produktion. Wenn du zum Beispiel die von Solothurn hernimmst - die wollen tönen wie vor dreissig Jahren. Tom verwendet dagegen schon modernere Gitarrenklänge." Der Angesprochene stellt denn auch klar: "Ich höre selber gar keinen 'alten' Rock - wenn dann gleich 70er Jahre. Aber keinen 80er Jahre Hardrock. Die Kombination von uns allen macht es dann im Endeffekt zu dem, was es ist. Und das ist relativ schwer mit anderen Sachen vergleichbar." Obwohl ich den Team-Spirit der Emmentaler keineswegs in Frage stellen will, gebe ich doch zu Bedenken, dass sich in der Aussenwahrnehmung in der Zeit mit Mark Fox nicht ganz dieses Bild ergab - auch weil dieser eine dominante und ziemlich eigene Persönlichkeit war und einen eigenen Stil mitbrachte. "Vom Auftreten her, war er schon ein bisschen dominanter als die beiden anderen Sänger, die wir hatten", gibt Thomas zu. Und es entbehrt nicht einer gewissen Logik, dass jetzt wo allen wieder 100% wohl ist in der Band, auch der Erfolg kommt. Und der soll ab Mitte Januar mit dem neuen Album "Powerplay" bestätigt oder eben sogar noch getoppt werden. Den Namen erklären mir Shakra wieder so pragmatisch, wie ich es von einer richtigen Rockband erwarte: "Wir sind ja nicht die stärksten, wenn es um Worte und Texte geht. Aber wir spielen mit viel Power - daher Powerplay."
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