Voices on Top - das kleinstmögliche Jubiläum

26.09.2014; Text: Monthy, Bilder: VoT
Würden wir hier von einer Hochzeit reden - sie wäre noch längst nicht silbern oder golden. Ja, nicht einmal ledern. Wie uns aber stressgeplagte Vorschüler von heute bestätigen würden - auch fünf Jahre alt muss man erst einmal werden. An der Schwelle zum Traditionsanlass habe ich mich deswegen mit Pressezampano Luigi Masse kurz geschlossen und wollte von ihm erstmal wissen, wann denn eine Stimme top genug sei fürs Voices on Top? Luigi: "Man sagt ja es gibt keinen schlechten Wein, es gibt nur unterschiedliche Geschmäcker. In der Musik ist es ähnlich. Für uns ist es eine Top-Stimme, wenn sie die Zuhörenden nach wenigen Sekunden zum Nachdenken bringt, Hühnerhaut auslöst oder wir einfach merken, dass sie nicht alltäglich ist. Es muss nicht immer die schönste Stimme sein, aber das gewisse Etwas muss spürbar sein. Die Stilrichtung ist uns egal, da sind wir sehr offen." Nachdem das "Dorf-Festival" in der Engadiner Zwischensaison die ersten drei Austragungen noch "auf Bewährung" war, hat sich in den letzten beiden Jahren gezeigt, dass es vom lokalen Gewerbe und Tourismus getragen wird. Ich frage nach, inwiefern dies sowohl fürs Festival als auch für Pontresina eine Win-Win-Situation sei? - "Es ist richtig, dass die Gemeide Pontresina das Festival stark unterstützt.", zeigt sich Luigi darüber nicht unglücklich und meint des weiteren: "Deshalb organisieren wir das VoT auch ausserhalb der touristischen Hauptsaison. Wir sind der Überzeugung, dass der Herbst noch viel mehr Potenzial hat. Es ist defintiv eine Win-Win-Situation! Hotels, Gastrobetriebe, Lieferanten, etc. profitieren ganz klar von diesem Event. Vor allem ist es aber ein Angebot für Touristen und Einheimische. Durch das VoT schafft es Pontresina auch, in neuen Medien präsent zu sein."
Aushängeschild 2014 - Dieter Meier
Ohne Enttäuschung suche ich im Programm 2014 die ganz grossen Namen vergeblich. Luigi, der im Extrablatt des Organisationskommitte meint, es gehe beim Programm-Gestalten jeweils zu wie auf dem türkischen Basar, sagt dazu: "Für mich ist es qualitativ eines der besten Programme aller Voices on Top Austragungen. Und ich finde, dass wir auch in diesem Jahr tolle und grosse Künstler wie Kidjo, Hepburn, Meier und Carboni auf der Bühne haben werden. Es ist schon so, dass ein Stephan Eicher, ein Roger Hodgson, ein Milow oder eine Sinéad O’Connor auf dem Programm fehlt, beunruhigen tut uns das aber ganz und gar nicht. Das Booking von Künstlern wird auch in Zukunft nicht einfacher werden, im Gegenteil. Trotzdem gelang es uns bis jetzt jedes Jahr mit unserem bescheidenen Budget ein spannendes Programm zusammen zu stellen." Und da hat er absolut recht. Pontresina bietet für mich alljährlich Möglichkeiten, gestandene Acts zu interviewen, aber auch Neues zu entdecken. Dies auch, weil die VoT-Organisatoren auch darauf achten, lokale Acts zu buchen, wo man in vielen Openair-Programmen höchstens Acts mit Prädikat "national" findet. Das Bündner Reservoir stellt Luigi aber schon vor etwaige Probleme: "Ich finde als Festival steht man auch ein bisschen in der Verantwortung und soll die einheimischen Künstler unterstützen. Da es für Bündner Künstler im eigenen Kanton nicht so viele Auftrittsmöglichkeiten gibt wie im Unterland, ist es sogar noch wichtiger, dass wir sie berücksichtigen. Das mit dem Bündner Reservoir, das ist so eine Sache. Es gibt einige Musiker im Kanton, aber leider noch nicht so viele, die in unser Konzept passen. Wir investieren jedes Jahr viel Zeit dafür, die passenden Bündner Acts zu finden."
Impressionen vom Voices on Top
Nebst Musik gibt es in Pontresina auch andere Kultur von Musikern - so etwa Lesungen. Die Gedanken dahinter? - Luigi: "Bis im letzten Jahr hatten wir während dem Festival immer 1-2 Lesungen. Wir wollten ein zusätzliches Angebot für ruhige Stunden während den Konzerttagen am Nachmittag bieten. Und da es bei uns um Stimmen geht, muss dies ja nicht immer gleich Musik bedeuten." In die gleiche Richtung geht der Sonntags-Brunch auf der Alp Languard, die zwar nicht ganz so leicht zugänglich ist, aber schon nur der Aussicht wegen lohnend. Nicht zu erwähnen das Catering des Sporthotels und die musikalische Unterhaltung. Feedbacks dazu erhält Luigi nicht nur von Besuchern: "Auf der Alp Languard findet jeweils der Abschluss des VoT statt. Es ist eines der Highlights vom Festival. Die Stimmung auf über 2‘300 M.ü.M. in dieser kleinen Berghütte ist einzigartig. Die Sesselfahrt, das Panorama, das tolle Frühstücks- Buffet und das alles noch musikalisch umrahmt. Was will man mehr? Auch für die Künstler ist dies eine spezielle Situation, da man nur mit dem Sessellift hochfahren kann und somit auch das ganze Equipment mit dem Lift auf die Alp muss. Da ist die Angst um die Instrumente völlig berechtigt. Passiert ist aber noch nie etwas. In den letzten Jahren lag auch jedes Mal schon Schnee, letztes Jahr gar über 60cm und das im Oktober! Was für uns alle die Situation erschwert, macht es doch für den Besucher zu einem ganz besonderen und unvergesslichen Erlebnis." - der ersten Schnee des Jahres ereilt mich übrigens regelmässig in Pontresina, und ich freue mich doch jedesmal darauf.
Eine der Änderungen, die mich dieses Jahr erwarten, hängen mit dem letztjährigen Schnee zusammen: "Nach der massiven Schneemengen im letzten Jahr haben wir uns entschieden, in diesem Jahr auf das Zelt zu verzichten. Wir gehen mit dem ganzen Konzept ins Foyer im 1. Obergeschoss des Kongresszentrums. Für uns ist diese Begegnungszone sehr wichtig. Die Besucher und Künstler sollen sich vor und nach den grossen Konzerten austauschen können. Aber auch im Foyer soll Live Musik präsentiert werden, was definitiv nicht immer einfach ist, da die Leute small talken und sich austauchen. Die Musiker werden im Voraus unsererseits über diese Situation informiert und bereiten sich dem entsprechend vor. Bis jetzt hat es immer sehr gut geklappt und die Stimmung war jedes Mal super."
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