Baxter Mind Circus gerecht zu werden, ist nicht möglich

Text: Ko:L
Bilder: Baxter Mind Circus
Baxter Mind Circus, kurz BMC, gerecht zu werden, ist nicht möglich. Seit 1990 ist die Band unterwegs. Wenig später begannen Monthy und ich, Zeitung zu machen – aus einer verrückten Idee wurde schliesslich trespass.ch und kein Mensch weiss, wo das noch hinführen wird. Es war auch irgendwann in den frühen Neunziger Jahren, als BMC von ihrem Freund Mario Capitanio einen Gutschein für zwei Tage Studio geschenkt erhielten. „Mario hatte den Gutschein in einem Wettbewerb gewonnen, konnte aber mit nur zwei Tagen in einem Studio nichts anfangen“, erzählt Debe. „Wir wollten aus diesem Geschenk etwas besonderes machen“, fügt Christian an. So dauerte es zwölf Jahre, bis ein Dreifach-Album auf CD und Vinyl mit 12-Minuten-Video, Fanzine und Covers aus exklusivster Feder veröffentlicht wurde. Der Begriff „Konzeptalbum“ würde wohl am ehesten zutreffen – aber das Ding ist mehr, es ist umfassender, es ist ein Lebensabschnitt, der da gebannt und festgehalten wurde und nun immer und immer wieder hervorgeholt werden kann. Und ich stehe da wie der Esel am Berg und weiss nicht, wie ich den stündigen Talk mit Christian und Debe in einen Text fassen soll. Wo fange ich an? Wo höre ich auf? Was baue ich ein? Was lasse ich weg?
Baxter Mind Circus
Baxter Mind Circus sind eigentlich eine ganz normale Berner Rockband. Der breiten Masse kaum bekannt, von Freunden geliebt. Debe und Christian sind eine Art Väter von Baxter Mind Circus. „Die restlichen Bandmitglieder sind nach und nach zu uns gestossen und wir hatten einige Rochaden, bis wir unsere heutige Formation beisammen hatten“, erinnert sich Christian, der Gitarrist und Sänger. Und Debe, der Sänger und Mister Harp betont, wie wichtig es gewesen sei, eine Formation zu finden, die sich versteht, „die gleich tickt und die die gleichen Ambitionen hat.“ Einmal die Woche wird geprobt, einen Gig im Monat spielen BMC. „Das mag nach wenig aussehen – dafür ziehen wir diesen Rhytmus durch“, erklärt Debe. Es sei eben wichtig, immer dran zu bleiben und zu arbeiten, wenn man sich ein musikalisches Profil zulegen wolle. Hochprofessionell eingestellte Plauschmusiker, könnte man meinen, auch wenn Christian sagt, BMC seien möglicherweise „ambitionslos“. Aber wer ambitionslos ist, lässt sich nicht auf ein Monsterprojekt ein, das am Ende eine „Insect Love Affair“ zu Tage bringt. Ambitionslos ist, wer nach zwölf Jahren Arbeit an einem Album sagt, „Es ist gut, dass es jetzt vorbei ist“, wenn das Album schliesslich veröffentlicht ist. Es ist nicht mögich, Baxter Mind Circus gerecht zu werden.
Baxter Mind Circus
Es ist nicht möglich, Baxter Mind Circus gerecht zu werden. Musikalisch lassen sich BMC am ehesten in die Ecke des traditionellen Rock stellen. Aber nicht Metal. Auch kein Rock´n´Roll à la Chuck Berry. Irgendwo in den späten Sechzigern wären die fünf Berner wohl daheim, wobei nie ganz klar wird, ab nun in San Francisco oder in einem der trockenen Südstaaten. „Wir haben einen gemeinsamen Nenner gefunden, das ist das Wichtigste“, beantwortet Debe die Frage danach, wo sich BMC selber einordnen würden. „Aber klar ist schon, dass wir von amerikanischer Musik beeinflusst sind. Und zwar von Musik aus dem Süden bis hin zum Sound des Kalifornien der ausgehenden Sechziger.“ Ob diesen Worten erstaunt es nicht, dass die Songs irgendwo zwischen anderthalb und dreiundzwanzig Minuten lang sind. „Here, there & everywhere“ - diese dreiundzwanzigminütige Improvisation, die in einem Take eingespielt wurde – hätte ja eigentlich noch länger werden. „Aber auf eine Seite Vinyl passen nur etwas mehr als 22 Minuten Sound“, weiss Debe heute. Überhaupt hätten sie in den zwölf Jahren Arbeit an „Insect Love Affair“ viel gelernt. Vielleicht zuviel. „Heute wissen wir, was es alles braucht, um unsere Ideen umzusetzen“, erzählt Christian, „vieles würden wir deshalb vielleicht gar nicht mehr angehen.“ Aber: BMC haben es geschafft, in zwölf Jahren ein dreifach Album zu realisieren, das nicht nur musikalisch ein Leckerbissen, ist. „Insect Love Affair“ ist ein Gesamtkunstwerk, durchdacht bis ins letzte Detail. Seien es nun die Labels in der Mitte der Vinyl-Platten, die beim Drehen auf 33 Touren eine 3D-Illusion kreieren. Oder die drei Covers, die Debe dank seiner Liebe zu San Franciscos und seiner Posterkultur von den drei Topshots Frank Koszik, Alan Forbes und Lynne Porterfield erhalten hat. Drei Künstler, die unter anderem schon für Nirvana, Neil Young, Greenday, QOTSA, Lou Reed, die Smashing Pumpkins oder Ozzy Osbourne gearbeitet haben – um nur einige zu nennen. „Alleine bis ich die Leute gefunden hatte, brauchte ich fast zwei Jahre“, erzählt Debe. „Und am Ende stellte sich heraus, dass die drei dank uns zum ersten Mal eine gemainsame Arbeit realisierten.“ Und bei diesem Satz sieht man Debe an, wie schelmisch er sich freut... „Es ist schön, wen unser Projekt etwas auslöst“, sagt er wieder bescheiden. „Aber so sind wir: Alles, was wir uns für dieses Projekt in den Kopf gesetzt haben, alles was einmal im Konzept geschrieben wurde, haben wir umgesetzt – auch wenn die Idee scheinbar noch so verrückt war.“
Baxter Mind Circus
So kommt es, dass nicht nur Grafik-Topshots aus den USA bei „Insect Love Affair“ mitgewirkt haben, sondern auch Musik-Topshots aus dem Berner Kuchen. Mario Capitanio versteht sich von selbst, aber auch Rolf LL Lüthi, Pesche Enderli, Jamie Wong-Li oder Marie Louise Grunder und viele mehr haben zum Gelingen des Monsterprojekts mitgeholfen. Nicht zu vergessen Gschweli Gfeller, Tom Binggeli, Markus Zehner, Oli Bösch, Peter von Siebenthal und andere, die mit ihrem Können hinter den Regleren und bei Mix und Mastering mitgeholfen haben, dass „Insect Love Affair“ zu dem geworden ist, was sich BMC irgendwann in den Neunziger Jahren einmal vorgestellt haben. Doch auch wenn sich die „Teilnehmerliste“ dieses Dreifach-Albums schier wie ein „Who-is-who“ der Berner Szene liest – den grossen kommerziellen Durchbruch streben Baxter Mind Circus jetzt nicht an, wie Christian versichert. „Mit der gelungenen Release-Party im Dezember haben wir unser Ziel erreicht“, sagt er, „das Album ist draussen und wir können wieder ´normal´ spielen gehen.“ Eine Promotour brauchen BMC nicht zu absolvieren. Die 50 Vinyl-Stahl-Sammelboxen sind bereits ausverkauft und das numerierte und auf 125 Stück limitierte Triple-LP-Package geht bereits ebenso zur Neige wie das auf 250 Exemplare begrenzte Triple-CD-Package. Zudem gibt es bereits erste Bestellungen aus den USA... „Weitere Kopien wird es nicht geben“, ist sich Christian sicher. Aber wie Debe befürchtet er, „dass wir irgendwann die nächste wilde Idee haben.“ Baxter Mind Circus gerecht zu werden, ist nich mögich...

Übrigens: Erhältlich sind die CDs oder LPs nur unter folgender Adresse:
Electric Brotherhood
c/o Christian Grogg
Eggimannstrasse 20
3008 Bern
grogg(at)cubeclub.ch
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