Abart – Wäggselspil (MuVe/TripleNine)
„Mi Rap isch nid Plastig […] läbt und isch aktiv, prägt und das massiv […] numä Rap wiänän liäb, dräckig und klassisch“. So führt sich Abart im Intro zu seinem ersten Solo-Release „Wäggselspil“ in die Wahrnehmung der Hörerschaft ein. Und eines sei vorab schon mal klar gesagt: Er behält recht. Bald acht Jahre ist es nun her, als Abart mit seiner Crew Taktpakt den Schritt ins Rampenlicht der Bühnen und Jams der Schweiz wagte. Heute darf der Basler MC mit gutem Gewissen und Stolz von sich behaupten, alle Stages des Landes gerockt zu haben, ob nun Solo, mit Taktpakt, oder mit Gleichgesinnten wie Brandhärd, Stuuberocker oder Freakanoid. Als Mitglied von Taktpakt und TripleNine ist Nico Jucker alias Abart bisher auf der Taktpakt-Debut-Maxi „Grundstai“ (2002), auf dem von Brandhärd-Beatschmied Mr. Fierce produzierten „Streettape“ (2004) und der EP „Wasch wichtig zur Zit“ (2004) zu hören. Knapp drei Jahre nach dem letzten Release ist Abart mit „Wäggselspil“ nun also back on the set – und wie! Unterstützung hat das Basler Rap-Urgestein von den TripleNine-Members und Brüdern im Geiste erhalten. So stehen ihm Mr. Fierce und Johny Holiday (Brandhärd) mit Beats und Cuts zur Seite und am Mikrophon geben sich Junky Jones (Taktpakt) und Zitral die Ehre. Auf dem Basel-Allstars-Track „Artstars“ – einem Highlight dieser Produktion – geben sich ausserdem Thierrey, Lorro One, SimonAyEm, Fetch, Krime MC, Sam, Mister D und Jean-Luc Saint-Tropez die Klinke in die Hand. Und ich drück die Repeat-Taste. Denn „Wäggselspil“ ist für einen alten Hasen Balsam für Ohren und Herz. Nein, diese immer und immer wieder identischen Bitches’n’Guns-Raps auf Synthi-Beats stehen mir bis ihr-wisst-schon-wohin. Abart scheint diesbezüglich ähnlich zu fühlen. „I hör nur no Beef aber seh keini Styles meh“ gibt er auf dem Track „Sitzriis 2“ zum besten und im Outro-Track „Schöne“ lässt Abart auf wunderschönem Soul-Sample kein Zweifel daran, dass „Raps ohni Scratches so guät wiä für d’Chatz“ sind. Ach tut das gut, im Refrain anstelle von poppig-sinnlosen Gesangslinien technisch hoch stehende Vocal-Cuts serviert zu bekommen. Und weil er vom ganzen rückgratlosen Einheitsbrei dieser Tage die Schnauze gestrichen voll hat, teilt Abart seiner Hörerschaft seinen Unmut mit („Rap hät s’Gsicht verlorä i wärd’s niä verschtoh“). So ist ein sehr kraftvolles und ehrliches Debutalbum entstanden, das vor Liebe und Hass, vor Aufbruch und Rückblick sowie Melancholie und Euphorie nur so strotzt. Die Machart von „Wäggselspil“ kann getrost als klassisch bezeichnet werden, was nicht heissen soll, dass diese LP sich nicht auch durch eine gesunde Portion Innovation auszeichnet. Dieser Blickwinkel wird dann auch in „Mi Läbe ä Baustell“ vertont, wo eine von Melancholie geprägte Retrospektive auf Aufbruchstimmung trifft („Ä Siitä us mim Buäch jedä Tag git’s ä neui, schriib wiitär i muäss“). Aus eben genannten Gründen ist Abart’s „Wäggselspil“ ein von A bis Z gelungenes Erstlingswerk, dessen Albumtitel sinnbildlich für das steht, was einem während der gut sechzig Minuten Spielzeit geboten wird. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Tag und Nacht. Hell und dunkel. Nicht „Where are the bitches“. Sondern „Who am I“. Abart hat mit „Wäggselspil“ bewiesen, dass der Inhalt eben doch wichtiger ist, als die Verpackung. Und ich drück die Repeat-Taste.
Text: Bäumli
Bild: Cover