Weyermann legte den Teppich für Muse
Text: Ko:L
Bild: Weyerworks
Auf den ersten Blick hätte der Kontrast nicht grösser sein können: Da war zu erst Weyermann, fast ein wenig verloren auf der grossen Bühne am Ende der proppevollen Piazza Grande in Locarno, allein mit seiner Gitarre im Abendlicht. Und bloss eine Stunde später fegte ein Gewitter in Form einer schier unglaubliche Show voll energiegeladenen Rocks, imposanten Licht-Spektakels und ebenso glasklaren wie brechend lauten Sound – Muse hatten die Bühne am letzten Moon&Stars-Abend geentert. Doch so weit weg, wie die beiden Acts – der Schweizer von Weltformat und die Engländer, die derzeit für viele in einer anderen Galaxie musizieren – auf den ersten Blick auseinander scheinen, waren sie nicht. Denn die gemeinsame Basis war offenkundig: Der Rock und eine tiefe Dankbarkeit, auf der Bühne stehen und mit musizieren das Leben verdienen zu dürfen.
„Das war ein irrer Trip für mich, vor so viel Tausenden zu spielen“, meinte Weyermann, der erst zwei Tage vor dem Gig angefragt wurde, Muse den Weg in Locarno zu ebnen, nach der Show. „Ich musste nach dem Gig erst mal eine Viertelstunde im Backstage sitzen bleiben – so stark waren die Eindrücke...“ Und wenig später, wieder ganz Profi: „Ich bin froh über das positive Echo, das mir entgegen kam!“ In der Tat hatte er schon während der Show überraschend viele der rund Zehntausend fest im Griff – und sie zeigten eine ehrliche Begeisterung ob dem jungen Barden, der das oben (weit oben...) die Bühne in Beschlag genommen zu hatte, um zusammen mit seiner Gitarre eine halbe Stunde für das Volk zu rocken. Auch wenn er nicht so recht wusste, auf was er sich einlässt und auch wenn die Distanz zum Publikum ungleich grösser war, als etwa bei seinen mittlerweile fast legendären Montags-Sessions im Zürcher El Lokal.
Schon vor der Show liess sich Weyermann alles andere als Nervosität anmerken. Zusammen mit seinem alten Freund Gesa, Ex-Bassist von Crank und bekennender und grosser Muse-Fan, genoss er den frühen Abend im Tessin und liess sich auch das Schlemmen an der Piazza in Locarno nicht entgehen. Auch wenn noch nie ein ein halbstündiges Solo-Set vor so vielen Leute gespielt hatte , dominierte vor der Show nur eines: „Freude!“, auch wenn er immer noch nicht genau wusste, wie er zu diesem Gig gekommen war: „Es ist mir eigentlich nicht ganz klar, wie das gegangen ist“, erzählt Weyermann am Samstag unmittelbar vor dem Konzert: „Ich kriegte vorgestern ein Telefon und die Anfrage, ob ich diesen Auftritt machen wolle und fand: 'Ja – wenn wir grad hier übernachten können und's noch ein wenig schön haben, dann sehr gerne!'“. Weyermann, der Geniesser...
„Seeehr gerne“, habe er solch spontane Aktionen betont er weiter. „Als ich das El Lokal machte, wusste ich manchmal erst am Montag Morgen, wer mit mir auftritt; am Nachmittag traf man sich und am Abend spielte man.“ Auftritte wie eben dieser vor Muse auf der Piazza Grande seien einmalige Gelegenheiten, um zu lernen - „und das nütze einem immer. Immer!“, ist Weyermann überzeugt. Doch das unbändige Drängen, selber als Hauptact ein Konzert der Grössenordnung von Locarno zu spielen, hat sich bei Weyermann etwas verflüchtigt. Wohl gesteht er, nicht zuletzt mit Musik angefangen zu haben, weil er mal nach ganz oben wollte, „aber zu Glück funktionierts auch so, wie ichs jetzt mache. Klar würde ich die Chance packen, wenn sie käme und fühle mich einenteils auch bereit dafür. Zum anderen bin ich mich auch extrem bewusst, dass es genauso viel Stress mit sich bringt, dort oben zu stehen. Dann ist der Stress nicht der, mehr Platten zu verkaufen um zu überleben, sondern mehr Platten zu verkaufen, damit die ganze Firma, die davon abhängt, überlebt.“
Seinen Bezug zu Muse bezeichnet Weyermann übrigens als „lustig“, oder „seltsam“: „Ich sah Muse vor vielen Jahren in Köln an der Motor Label-Party während der Popkomm. Das war gerade, als sie das erste Album draussen hatten, ich sah sie und dachte nach fünf Takten 'Hey, dass ist ein totaler Jeff Buckley-Rip-off, so wie der singt!' Jeff Buckley war damals gerademal drei Jahre tot und für mich war das, was Muse machten, fast schon Leichenfledderei.“ Deshalb hat Weyermann die Emo-Rocker von der Insel „bewundernd abgetan“. - „Ich fand, eigentlich ist das, was die Jungs machen geil – aber auch etwas frech.“ Ein halbes Jahr später, habe er sie per Zufall im Abart gesehen, „und da haben sie mir schon sehr viel besser gefallen.“