Anna Aaron: «Musik ist meine Aufgabe»

17.07.2012; Text: Josh, Bilder: on-pictures.ch
Anna Aaron auf der Gurten-Waldbühne
Anna Aaron ist eine eigenwillige Künstlerin, die auf eine selbstbewusste Art mit der eigenen Unsicherheit umgeht. Trespass hat die aufstrebende Singer/Songwriterin vor ihrem Gig auf dem Gurten getroffen und mit ihr über Musik, Religion und arme Hunde gesprochen. - «Es ist schön, dass es auf dem Gurten so viel Gras hat», beschreibt Anna Aaron ihre Erinnerungen an das Festival auf dem Berner Hausberg. Natürlich meint sie das Gras, auf dem Gänseblümchen wachsen und Festivalbesucher ihre Strandtücher ausbreiten und nicht jenes, das in Papierchen eingerollt zur Stimmungsförderung inhaliert wird. Nervös sei sie jetzt, drei Stunden vor ihrem Auftritt auf der Waldbühne noch nicht. «Das kommt jeweils erst kurz vorher, dafür umso heftiger.»
Anna Aaron auf der Gurten-Waldbühne
Die Baslerin spricht mit ihrem Manager Laurent französisch. Wie hat sie den Röstigraben überwunden? «Meine Band und das Management reden alle Französisch, da habe ich mich gezwungen, die Sprache richtig zu lernen. Ich will nicht auf Englisch mit meinen Leuten kommunizieren müssen.» Die Entdeckung Aarons durch das Lausanner Label «Two Gentlemen» hört sich an wie der Traum vieler Künstlerinnen und Künstler: «Sie sahen ein Konzert von mir und schrieben mir eine E-Mail, ob ich mit Ihnen zusammenarbeiten möchte», erklärt Anna, als ob es das Unspektakulärste wäre, das es gibt. Der Erfolg war nämlich nicht immer ihr grosser Traum: «Ich mache noch nicht so lange Musik. Ich habe die Theorie, dass Leute, die irgendwann einmal bekannt werden, dies schon ganz früh wissen, nur verbindet man es nicht mit der Öffentlichkeit, sondern eher mit einem unerklärlichen Gefühl der Verantwortung, das man je nach dem schon in der Kindheit spürt.»
Anna Aaron auf der Gurten-Waldbühne
Der Titel ihres aktuellen Albums «Dogs in Spirit» ist aus dem Bibelspruch «Seelig sind die geistig Armen – blessed are the poor in spirit» abgeleitet: «Als ich im Studio war, um das Album aufzunehmen, fühlte ich mich zerbrechlich und schwach. Die perfekte Umsetzung der Musik, wie man sie als Idealvorstellung im Kopf hat, ist nicht möglich. Man wird auf die eigene Menschlichkeit zurückgeworfen. Aus dem Spruch habe ich Kraft geschöpft, weil genau diese Reduziertheit, die Differenz zur Perfektion, ein Segen ist. Ich habe dann einfach „poor“ mit „dogs“ ersetzt.» Mit dieser Grundeinstellung wandelt Anna Unsicherheit geschickt zu Selbstliebe.
Anna Aaron auf der Gurten-Waldbühne
Wie sie es denn mit christlichen Dogmen hält, möchte Anna jedoch nicht verraten, weil sie niemandem den Zugang zu ihrer Musik verwehren möchte. Anna denkt, bevor sie spricht und überlegt, bevor sie handelt. Wozu sie nichts sagen kann, sagt sie auch nichts. Fragt man Anna beispielsweise, was die Leute von ihrem Konzert erwarten dürfen, gibt sie nüchtern zu Protokoll: «Ich habe einen Schlagzeuger, einen Bassisten und eine Gitarristin. Wir arbeiten manchmal mit elektronischen Loops und ich singe entweder am Klavier oder im Stehen.» Da sie sich ja nicht von aussen kenne, beschränke sie sich auf die hard facts. Jede weitere Interpretation überlässt sie Publikum und Kritikern. So auch bei ihrem Auftritt auf der Waldbühne um 22:00 Uhr. Sie nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch ihr Schauermärchen, ohne viel zu sagen, oder künstlich eine Show abzuziehen. Man muss sich selbst auf sie einlassen, gezwungen wird niemand. Vielleicht ist genau diese Art das Erfolgsrezept von Anna Aaron. Sie gibt nichts von sich Preis, bei dem sie sich nicht völlig sicher ist. Sie bleibt geheimnisvoll, teilweise schüchtern, manchmal irritierend – und schafft dadurch vor allem eines: Faszination für sich und ihre Musik.
Anna Aaron auf der Gurten-Waldbühne
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