DJ Antoine und die Provokation
Text: Ko:L
Bilder: DJ Antoine
Er ist der Mann, an dem in der Schweizer House-Szene keiner vorbei kommt. Und er tut alles, damit es noch möglichst lange so bleibt. Bloss: Was sich hier jetzt verkrampft und verbissen anliest, das scheint DJ Antoine mit einem Lächeln, völlig unverkrampft und in erster Linie mit viel viel Spass zu bewerkstelligen. Es entsteht der Eindruck, als gebe es nichts leichteres, als in der Schweiz die Nummer 1 zu werden – und zu bleiben! „Ich mag Provokationen“, sagt der Baselbieter mit einem Lächeln. Deshalb habe er das Booklet seines letzten Albums knallgelb gehalten. Und jetzt schmeisst er sich auf dem Cover von „Superhero?“ ins blaue Pyjama, um sich als Superheld zu präsentieren. „Nein, nein, ich sehe in mir keinen Superhelden“, sagt Antoine. „Aber es scheint, als bräuchten derzeit alle einen Superhelden – die USA braucht Obama, wir brauchen jemanden, der die UBS rettet.“ Seine „Heldentat“ - auch wenn er diesen Ausdruck nicht hören will – sei höchstens, dass er am Weekend den Leuten helfen könne, abzuschalten und den grauen Alltag zu vergessen.
Doch er will seine Musik nicht als „Betäubungsmittel“ verstanden haben. „Mir ist wichtig, dass ich mit meiner Musik auch eine Botschaft vermitteln kann“, betont DJ Antoine. Deshalb hab er darauf geachtet, dass der Text zu „Scheissegal, wer du bist“, auf Deutsch im Booklet abgedruckt werde. „Vor der Schweiz habe ich Respekt, hier zu leben ist perfekt, [...] rappe zwar aggressiv, doch schlage nicht gleich jeden platt“, rappt Roby Rob im Song – und versucht damit wohl auch, sein Image des aggressiven Anheizers etwas zu korrigieren. Immer wieder wurden bei den Auftritten von Antoine uns seinem MC in jüngerer Vergangenheit Stimmen laut, die sich über das scheinbar aggressive Auftreten des deutschen Rappers beschwerten. „Rob ist halt ein MC der alten Schule, er steht auf dieses krasse Ding. Aber er wäre der letzte, der jemanden verprügeln würde“, stellt sich der DJ schützend vor seinen MC. Bloss: Wäre es nicht möglich, dass Kids – vom Alkohol schon angewärmt – Robs Aggro-Rhymes für wahre Worte und damit wahre Werte nehmen und dann die Stimmung an der Party deshalb rasch kippen könnte „Es macht definitiv Sinn, über diesen Ansatz nachzudenken“, sagt der Basler freimütig. Gleichzeitig betont er, dass er kein Problem damit habe, wenns hart auf hart gehe, auch mal die Musik auszuschalten und Klartext zu reden. „In der Regel beruhigt sich die Situation sofort wieder.“
Viel lieber, als über prügelnde oder Flaschen werfende Kids an den Parties, an denen er auflegt, spricht DJ Antoine über seine Musik; er, der heuer mit „Superhero?“ noch vor Jahreshälfte schon sein zweites Album rausbringt. 2008 waren es ganze vier Alben, die DJ Antoine veröffentlicht hat. „Ich habe unglaublich viele Ideen und möchte noch ganz viele Sachen machen“, sagt Antoine und setzt wieder dieses Lächeln auf, von dem schon eingangs die Rede war. Es seien nicht seine eigenen CDs, die er daheim höre. „Ich höre von klassischer Musik bis zu Garagenrock alles“, erklärt er – und liefert damit einen Grund für seine musikalische Vielseitigkeit. Denn: Auch wenn DJ Antoine seit Anbeginn immer für Housemusic at it's best stand – er hat sich immer auch einen Spass daraus gemacht, die Grenzen des Genres auszuloten, sei es mit krachenden Gitarrenriffs, messerscharfen Rhymes oder einer instrumentalen Lounge-CD. „Ich werde bestimmt in dieser Richtung weiterarbeiten“, verrät Antoine und lässt durchblicken, dass er immer noch diesen Traum träumt von Konzert mit hochkarätigen Musikern und Sänger, welche seine Songs im Zürcher Kaufleuten zum besten geben...
Vielleicht kommt aber vor dem gepflegten Live-Gig im Kaufleuten auch noch ein Garage-Album aus der Hitschmiede des Baselbieters. „Ich hatte da schon ein paar wilde Ideen. Aber bisher waren sie noch zu wild.“ Denn: Wenn Antoine eines nicht will, ist es, seine Fans zu vergraulen. Und auch innerhalb der House-Szene hat er genügend Möglichkeiten, wilde Ideen umzusetzen. Etwa den aktuellen Videoclip zu „One day, one night“: „Mish, dieser russische Sänger, wollte einen Song von mir – und einen fetten Clip mit Frauen, Autos, so richtig amerikanisch halt. Ich sagte ihm, das würde viel kosten und er meinte, das sei kein Problem“, erzählte Antoine. So finanzierten die Russen am Ende einen Clip, in dem unter anderem Miss Schweiz Whitney Toyloy ebenso mitmacht, wie Show-Urgestein Walter Roderer. Gedreht wurde die Chose in Marokko – und gekostet hat die ganze Aktion über 150'000 Franken...