Hanery Amman - live and kicking

Text/Bilder: Monthy
Brienz heisst Hanery willkommen - und umgekehrt
Seine Musik und seine Texte treffen mitten ins Herz - also wurde es auch mal Zeit, dass wir uns treffen. Hanery Ammans erster Auftritt im Brienzer Kick Down kam mir gerade gelegen und so plauderte ich nach dem Konzert mit der Schweizer Legende, die ganz nebenbei erwähnt und seit letztem Samstag offiziell bestätigt den grössten Schweizer Hit aller Zeiten arrangierte. Meine erste Erkundigung betraf allerdings die Brienzer Premiere von Hanery, der es sichtlich genossen hatte: "'S het mir wine Moore gfaue!' Das erste Mal bei Ruedi im Kick Down. Er hatte schon x-mal angefragt und deshalb sind wir froh, das es jetzt geklappt hat." Und das passte nicht nur vom Termin her ganz gut, weil der Hanery, wenn er Klavier spielt, immer mit den Füssen im Takt auf den Boden stampft - sozusagen sein ganz eigenes 'Kick Down' veranstaltet. Darauf angesprochen lächelt Hanery amüsiert. "Das Kick ist quasi der Takt, stimmt..."
Solitaire - noch das aktuelle Album von Hanery
Seit etwa 2003 ist es um den Solo-Act Hanery Amman etwas ruhiger geworden. Doch untätig war er in dieser Zeit gar nicht: "Ich war zweieinhalb Jahre mit den Alpinistos auf Tournee und die waren jeweils ziemlich grosszügig angelegt. Herbst/Winter-Tourneen über zwei, drei Monate, dazu die Festivals durch den Sommer. Das war irgendwie der Grund für mich, eine Pause einzustreuen und mich an neues Material heran zu machen. Dazu kamen auch noch private Probleme genau in diesem Zeitraum und ich musste mich ein wenig neu orientieren." Zurück auf der Bühne ist Hanery vornehmlich aus Spass an der Musik, aber als er von der Plüsch-Connection zu erzählen beginnt, wird mir schnell klar, dass auch die Einbindung in die Szene, die er wesentlich miterschaffen hat, Hanery viel zurück gibt. - "Die kommenden Projekte werden von Andreas und Roger von Plüsch mit mir zusammen produziert. Es gibt ein instrumentales Album und ein Songalbum. Wir werden das mit dieser Formation aufgleisen. Auf der vorangehenden Club-Tour versuchen wir heraus zu finden, was wir ins Studio übernehmen können. Das ist der Hintergedanke, nebst der Tatsache, dass wir einfach gerne spielen. Wir machen hier praktische Erfahrungen mit alten Songs, neuen Songs, Songs, die ich für Hofer oder die Stilz geschrieben hatte und die wir zum Teil neu interpretieren."
Auch die anderen Musiker setzen öfter Glanzlichter
Wie ist das eingentlich betreffend neue Songs, wenn man schon so viele und so tolle geschrieben hat, wie Hanery? Der "Alperose"-Autor erzählt aus dem Nähkästchen: "Ich mache es natürlich schon so, dass ich das Gefühl habe, sie nach zwei, drei Jahren immer noch spielen zu können. Songs, die sich unterwegs regenerieren und mir nicht schon nach ein paar Monaten langweilig werden. Wenn ich mehr als zwei Drittel vom Material so gestalten kann, dass es zeitlos wirkt, liegt es eben drin, die Songs auch später wieder zu bringen oder sie vielleicht sogar abzuändern ohne dem Song seinen Wiedererkennungswert zu nehmen. Das spricht dann auch fürs Material, aber es gelingt nicht mit jedem Song." Die Liste von Hits aus der Feder Hanerys allerdings ist lang und beeindruckend: "D Rosmarie und i", "Teddybär" oder "Rote Wy" sind nur einige Beispiele aus der Zeit mit Polo und den Rumpelstilz.
Hanery in seinem Element an Mikrofon und Piano
Vielleicht liegt es daran, dass die beiden Schweizer Ikonen so lange zusammen gearbeitet haben und dass Polo auch Texte von Hanery singt. Irgendwie kann man die beiden kaum auseinander halten. Höre ich jetzt Polo, wenn Hanery singt oder Hanery, wenn Polo...? - Hanery: "Ich singe nur Songs, die ich für ihn geschrieben haben. Meine Vorlagen waren sozusagen die Urformen der Songs für Polo. Eine Veränderung gibt es dabei immer. Er singt gewisse Sachen so, ich andersrum. Bei den Alpinistos haben wir manchmal aufgeteilt und halbe-halbe gemacht. Also Polo sang die erste, ich die zweite Hälfte des Songs. Das war plötzlich eine ganz neue Challenge und sehr interessant." Die Sprache Hanerys prägte zu einem gewissen Teil sogar das Bild, das man von Polo mit der Zeit gewann. Hanery relativiert dahingehend ein wenig: "Also textlich indirekt, musikalisch ganz sicher. Er sagt heute selbst, dass es eine Stütze war für ihn. Gerade bei den Songs, die am längsten überlebt haben."
Showdown der sanften Art im Kick Down
Hanerys Songs sprechen die Sprache des Volkes und dies nicht von ungefähr - "Es steht und fällt mit der Direktheit der Sprache und damit, dass sich die Leute in diesen Bildern und Erlebnissen erkennen können. Das gelingt natürlich nicht immer. Manchmal sind einfache Themen schwieriger zu vermittlen. Handkehrum muss du auch aufpassen, nicht zu plump und trivial zu werden. Ich stehe auf diese Verbindungen, Fusionen zwischen fast volkstümlichem 'Schnurre' und einer Sprache von heute." Mit diesem Rezept wurde Hanery zur nationalen Legende, auch wenn er lange hinter anderen zurück stand. Einen Vergleich mit den Rolling Stones hält er aber nicht für zulässig.
Wenn mans hört ist's eh klar - Dieses Piano gehört: Hanery Amman
Die Frage im Zusammenhang lautet exakt: "Ist es die Musik, die dich nicht loslässt oder sind es vielleicht auch die Leute?" Hanery werweisst, findet aber keine schlüssige Antwort: "Ich kann das gar nicht sagen. Ich glaube, in erster Linie machen wir einfach gerne Musik. Wir haben Studios und Infrastruktur, trotzdem fällt immer wieder auf, dass wir alle zuerst einmal Live-Musiker sind. Das fällt einem sofort auf. Es ist nicht nur eine Bestätigung oder Erfolgseuphorie, sondern ein energetischer Austausch zwischen Musiker und Publikum. Das ist etwas vom ehrlichsten, das es überhaupt gibt. Da kannst du nicht 'bschisse' - die Leute spüren, ob da etwas rüber kommt oder nicht. Es ist eine Herausforderung, nicht nur am Instrument sondern mit jedem Song. Und dann merkst du, dass du vielen Menschen eine Freude machen kannst, die sich in diesen Songs sehen. Diese Lieder sind verknüpft mit persönlichen Erlebnissen und sie lösen in den Menschen etwas aus."
Musiker mit sichtlich Spass an der Freude
Die Freude, die in den Antworten Hanerys immer wieder durchschimmert, lässt die Konzerte oft etwas länger dauern. Schliesslich hat Amman eine Band um sich geschart, die zur Not auch mit Solis die Zeit wunderbar überbrücken kann. Ich frage nach, ob er gesundheitlich keine Probleme habe damit. Hanery: "Es ist schon so, dass wir keine Probleme haben, 120er Sets zu fräsen, wenn es Spass macht. Das ist ja das Schöne an Clubs. Da gibt es keinen Stress, kein weiteres Programm. Du musst aber aufpassen, dass es nicht zu lange wird. Das kam bisher selten vor, aber die Gefahr besteht. Egal wie lange das Set dauert, ich hoffe immer, dass die Leute nicht merken, wie schnell die Zeit vergeht." Und in der Tat passierte mir genau das an diesem Abend nicht nur im Interview sondern schon zuvor im Konzert.
Alles in allem - ein einmaliges Erlebnis: Hanery Amman
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