Baschi: Einer wie keiner fürs Volk
Text: Debi
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musicbild.li Er betritt den Backstagebereich, hastig, blickt um sich, ein wenig verunsichert. Hat sich verfahren und das Festivalgelände nicht gefunden. Dabei sieht Baschi aus wie der smarte Student, den frau auf der letzten Party aufgerissen hat, weil er wirkt, als könne ihn kein Wässerchen trüben. Dunkler Blazer über Pullover, fetter Ring an der rechten Hand, die blonden Haare raspelkurz. Bei der Begrüssung gibt er mir die Hand und bückt sich wie des Maharadschas Diener; so als wollte er mir die Hand küssen und hätte es sich im letzten Moment anders überlegt, um den Rücken noch ein wenig mehr zu stretchen und mir die Stirne an die Hand zu legen. Eine Geste, wie sie Charmeure pflegen.
Hier, am Schadaufestival, bringt er das zweite Konzert über die Bühne, seit ihm das neue Album „Fürs Volk“ Gold einbrachte. Vorher war er auf Promo für ebendiese Platte, erzählt der Basler. Seine Stimme klingt rauh, wenn er singt – und gewöhnungsbedürftig hoch, wenn er spricht. Baschi wirkt müde, gehetzt. Ein Eindruck, der sich bei den Zuschauern der letzten Folgen von „Baschi National“ unweigerlich eingeprägt hat. Es sei anstrengend gewesen, gibt der Musiker freimütig zu. „Ich musste nebenher noch ein Album produzieren“, sagt er, der Fokus sei klar darauf gelegen, weil er „nicht Clown spielen wollte fürs Fernsehen und die CD vernachlässigen“. Mit der Zeit sei es immer härter geworden „und ich mochte nicht mehr und es hat mich angeschissen“. Seit drei Jahren ist er jetzt unterwegs, hat drei Alben eingespielt, und neben den Auftritten unzählige Stunden in Promotion investiert. Diese Tortur hat sichtlich ihre Spuren hinterlassen: Baschi wirkt abgekämpft, übermässig abgeklärt, schlicht erschöpft. Dass er darauf angesprochen wird, scheint nichts Neues zu sein: „Sicher, ja, ich war recht ausgebrannt, so sehr wie noch nie in meinem Leben.“ Und während er artig fragt und sich eine Kippe aus meinem Päckchen fischt: „Es ist sicher anstrengend. Aber sieh mal, wenn Du in Amerika bist, ist es sicher um einiges extremer.“ Er zündet sie an, zieht. „Wie gesagt, ich bin noch jung und kann das gut verkraften, auf der Bühne und auf Promo zu sein. Es ist schlicht geil. Und es lohnt sich auf alle Fälle.“ Wobei das „geil“ mit ein wenig mehr Enthusiasmus daherkommt als alles andere.
Baschi spricht von seiner jüngsten Musik fürs Volk („Das sind Lieder, die für jeden zugänglich sind, eingänglich, mit einfachen Texten“), von seiner Provokation („Ich bin Zwanzig, will Sachen ausprobieren, ausloten, will provozieren“) und von seinem Spiel mit der Ironie, „das verstehen die Leute nicht immer“ und drum werde er auch falsch verstanden. Dabei beginnt der blonde Jüngling immer wieder seine Sätze mit „ich denke“ und guckt knapp an meinen Augen vorbei, hält meinem Blick wenige Sekunden stand. „Ich bin extrem zahm und scheu vorallem“, erklärt er und schaut noch ein wenig mehr zur Seite. Gleichzeitig sprudelt er über vor druckfrischen Sätzen. „Auf der Bühne singe ich, ein wenig davon ist Phantasie. Man darf das nicht für bare Münze nehmen.“ Oder: „Alle wissen, dass ich in einer festen Beziehung bin und kein Pornostar werden will. Vielleicht kommt das noch.“ Und: „Es ist interessant, das ich mit meinen Songs das Publikum auch irreführen kann.“ Wichtig sei ihm, dass es authentisch wirke. Denn was Baschi singe, das meine er auch so, im Brustton seiner Überzeugung. Ich höre zu, nicke, stelle Fragen: Wieviel vom Kunstprodukt Baschi ist pure Verkaufsstrategie? „Ich bewege mich gar nicht auf dieser Schiene, die Kalkül ist“, erwidert er fachmännisch. „Es ist paradox, aber ich bin, wie ich bin und da ist auch nichts aufgesetzt.“ So einfach anscheinend.
Die Reaktionen auf die Single „We das Gott wüsst“ sind durchzogen. „Das ist Teil meines Jobs“, winkt Baschi ab. Musik sei Geschmacksache, „damit muss ich leben“. Zudem sei dieser Song der erste, der wirklich polarisiere. Mit zwei Alben an der Spitze der Charts und rund 150 000 verkauften Scheiben „kann man schon sagen, dass ich erfolgreich bin“. Baschi steht damit alles offen, glaubt er. „Vielleicht auch international“, mutmasst der 20-Jährige nonchalant. „Die Schweiz ist klein, ich bin seit drei Jahren unterwegs und hab auch schon fast alles gesehen.“ Und wir diskutieren den Fall Gölä, der sich als Schweizer Nationalgut erdreistete, englisch zu singen. Er könne sich gut vorstellen, weiterhin Mundart zu singen – und nebenbei englische Songs zu schreiben. Und dann: „Ich rede nicht so gerne von der Zukunft, weil ich nicht weiss, was sie bringt.“
Die Zeit ist um. Baschi nennt noch schnell sein Erfolgsrezept („Luscht a dr Musig, immer öppis Neus probiere, Glück und zum richtige Zitpunkt am richtige Ort si, MusicStar und mis Umfeld“). Zu guter letzt haucht er noch medienwirksam ins Mikrophon meines MiniDisc: “Chaufet ds Album. Es isch jede Rappe wert.“ Auf der anderen Seite der Tür sitzt Chris-Ich-reiss-mein-Maul-gerne-weit-auf-von Rohr und empfängt ihn mit den Worten: „Baschi, das ist ein voll geiles Album, aber die Verpackung ist scheisse.“