Baschi: Rotzlöffel oder Held?
Text: Ko:L
Bilder: Mel,
www.imagepress.ch Er ist 19 und hat gerade eben das Bierhübeli gefüllt - Baschi. Der Teenager aus dem Baselbiet flog in der ersten MusicStar überraschend früh raus. Heute ist er der erfolgreichste aller MusicStar Teilnehmer. Nach seinem Debut "Baschi" hat er auch den Zweitling "Irgendwie Held" vergoldet. Jetzt ist er das erste Mal so richtig alleine unterwegs, nicht mehr im Vorprogramm von Florian Ast der ihm die Hallen füllt, sondern auf sich allein gestellt. "Cool", sei es, dass er über 600 Leute ins Bierhübeli locken konnte. "Ich war sprachlos, als ich hörte, dass 500, 600 Tickets für heute Abend weg sind", sagt der blonde Jüngling, der unrasiert immer noch ein wenig nach Milchbart aussieht. „Soviele Tickets habe ich noch nie verkauft.“ - „Überhaupt“, hat er sich gefragt, „Bärn, tammi Siech, wollen die mich noch einmal hören?“, nachdem er letztes Jahr mit Flöru Ast im National war. „Es ist der Hammer. Jetzt weiss ich wie man sich fühlt, ich meine Züri West oder Plüsch spielen jedes Konzert so.“ Dabei kann der Baselbieter von einer kräftigen Guge im Rücken profitieren: Pim (keys), Philippe (git), Nico (dr), Dani (git) und Schwegi (bass) sorgen live für eine geballte Ladung Rock, Roman Camenzind ist im Studio für satte Produktionen verantwortlich. Es sei ein „Riesen-Glück“, dass die Band, die eigentlich zusammengewürfelt sein, so gut harmoniere, wie eine Band, die über Jahre zusammengewachsen sei, findet Baschi. Eine Qualität, die sich auch beim Mix im Publikum bezahlt macht: Nicht nur 120-db-Schreierinnen besuchen Baschis Shows. Im Bierhübeli war wohl mehr als die Hälfte des Publikums zwischen 20 und 35 Jahren alt, Männlein und Weiblein gut durchmischt...
Auf der Bühne lässt er´s gewaltig rocken - in der zweiten Konzerthälfte. Die Band im Hintergrund gibt von Beginn weg alles, rockt so richtig deftig los. Baschi aber macht anfänglich den Eindruck, als erstarre er vor seinem eigenen Erfolg. "Und jetzt alle", ruft er das Publikum zu Mitklatschen auf - und realisiert plötzlich, dass das Volk mitmacht. Wohl, beim Singen klappts noch nicht so recht, wenn das Publikum einen Song alleine singen soll, kriegen die hinteren Reihen nichts mit vom Text. Aber: Der Junge hat die Menge im Griff - und beginnt sich im Lauf der Show zu öffnen, die Sau rauszulassen. Bescheidenheit und Zurückhaltung sind sein Ding nicht. "Ich denke viel zuweing", sagt Baschi über sich. Und wird damit einer der wenigen, die in der Schweiz das Privileg haben, eine grosse Röhre schwingen und sich „Held“ nennen zu dürfen und dennoch von Kritikern und Publikum geliebt zu werden. „Held ist ganz zuerst mal einfach ein huere geiles Wort“, stellt Baschi klar. „In dem Sinn fühle ich mich ja auch nicht als Held. Das wäre vielleicht der Fall, wenn ich in dern 90. Minute im WM-Final das Siegestor schiessen würde. Aber ich mach halt einfach Musik, Musik an der ich Spass habe und die ich cool finde. Ich kann mich in dem Sinn selber verwirklichen und fühle mich demnach für mich selber wie eine Art Held.“ Und jene, die diese eben nur scheinbar grosse Röhre falsch verstehen? „Joo... s´git glaub schlimmeri Sache...“ Aber Provokation sei halt schon ein Ding, das ihm Spass mache.
"Chum mit mir", forderte er schon auf der ersten CD, und er erklärte "Nur zue, liebed mi, ich chas vrstoh". "Är isch dr Held", besingt ein Groupie-Chor auf "Irgendwie Held" den Macker, der am Morgen nicht weiss, welche Schönheit neben ihm liegt und erst einmal eine weitere Kerbe in seine Bettkante haut. Aber auch "Roberto Baggio" kommt zu Zug, im Lied vom Absturz nach dem Gig, der damit endet, dass der Sänger in seiner Völle keinen mehr hochkriegt, trotz vollstem Einsatz der Blondine, "S´chunnt mr vor, als stöndi wiene Spieler vorem freie Goal, drücke ab, Latteschuss, Vrdamtnomol, i gibe mir die gelbi Charte". Und zum Schluss lamentiert Baschi auf "Irgendwie Held", seine Band sei Scheisse, die Plattenfirma habe ihn gedropt und sogar Nachbars blinder Hund pisse ihm ans Bein - "Leider nein!" heisst der Track und persifliert die ganze MusicStar Szenerie einfach herrlich... „Ja“, stimmt Baschi zu, sich selber lieben und es auch noch an die grosse Glocke hängen, sei eigentlich sehr unschweizerisch. „Ich lass das Zeug einfach mal auf die Leute los und sehe dann, ob´s funktioniert. Aber stimmt eigentlich – Waum mache ausgerechnet ich das, als irgendwelcher MusicStar-Gay...?“ Eine Masche will Baschi auf keinen Fall durchziehen, denn er will „wie all die andern für Ehrlichkeit und Autenthizität stehen.“
Dann kommen wir auf die fantasielose und dennoch zwingende Frage: „Du hast zwei erfolgreiche Alben lanciert und bist nicht als Onehitwonder verglüht. Bist du der lebendige Beweis, dass MusicStar eben doch Sinn macht?“ - „Ich glaube das hat was. Das Meiste, was aus Castingshows kommt ist Schrott, das seh ich auch so. Es hat bisher kaum jemanden gegeben, der sich nach einer Castingshow über längere Zeit halten konnte.“ Ausser ihm selber – und Kelly Clarkson. Die ist mittlerweile mit Grammys preisgekrönt... Das zweite Album sei für ihn eine dolle Herausforderung gewesen - „Ich musste mich beweisen. Ich konnte zwar musikalisch extrem viel Einfluss nehmen, alle Texte selber schreiben und hatte ein saugutes Gefühl – aber ich weiss dass diese Erfolge keine Garantie sind für die Zukunft. Und dann holt Baschi zu einem Lobgesang über seine Plattenfirma aus – wie viel er Einfluss nehmen könne, wie auf seine Ideen und Wünsche eingegangen werde und wie er sich von all den Schauergeschichten à la „Da bist du nur noch eine Marjonette...“ und so fort schlicht nicht angesprochen fühle. Ich nehm ihm und seiner offenen Art ab, dass er sich wohlfühlt...
Es lässt sich nicht wegdiskutieren: Auch wenn Baschi erst 19 ist – er ist gewachsen, wurde reifer in seit seinen ersten Auftritten bei Kilchsperger, Von Rohr und Konsorten. Der Mix aus Basel-, Bern-, und Züridütsch ist einem einigermassen klaren Baseldiitsch gewichen. „Ich habe nicht gesagt, ich wolle kein berndeutsches Wort mehr in den Songs haben. Aber ich habe halt praktisch alle Texte selber geschrieben“, und das so ihm der Schnabel gewachsen ist. Auch wenn es nicht wirklich witzig gewesen sei, dass eine Zeit lang mehr über seine Dialektfärbung diskutiert worden sei, als über seine Musik, so habe er heute Verständins dafür. „Umso geiler ist es dann, wenn einer nach Bern kommen kann und trotz irgendwelchem Mischmasch aus Basel- und Zürideutsch über 500 Leute ins Bierhübeli lockt. Das ist halt schon geil.“ Am Ende komme es aber wohl mehr auf die richtigen Vibes an, als auf den Dialekt, ist Baschi überzeugt. Dass er trotz älter werden und gereift sein immer noch da und dort als kleiner härziger Teenie-Büebu wahrgenommen wir, ist Baschi egal. Er überlege nicht, welcher Rolle er nun gerecht werden soll, dem gereiften jungen Mann oder dem Rotzlöffel-Teenie. „Ich überlege wahrscheinlich eh viel zu wenig, sonst wäre ich sicher viel erfolgreicher.“ Nun gut – möglicherweise ist´s genau das, was es ausmacht. Vielleicht müssten wir mal den Büezer fragen, der in Faulensee immer noch ein Haus renoviert, wie man ohne zu überlegen erfolgreich wird...