VA - Bock uf Rock 4 / Bock uf Rap 1 (Blue Moon Musix)

8.4.2011; Text: Monthy, Bild: Cover
Überblick über Bündner-Sounds 2011 - Bock uf Rock 4 / Bock uf Rap 1
Im Frühling rutschen die Rocksäume nach oben und die Ausschnitte lassen tiefer blicken. Kein Wunder also, dass auch die Regionen der Schweizer Musikszene mehr Haut zeigen wollen. Im Bündnerland heisst diese Compilation dem Wappentier entsprechend "Bock uf Rock" und erscheint bereits zum vierten Mal. Allerdings erstmals als Doppel-CD und mit Hiphop, der in und um Chur ständig an Gewicht zulegt. Im Gegensatz zu den Baslern vom Rockförderverein RFV ist der Sampler aber nicht "von der Szene für die Szene" sondern als Orientierungshilfe für die Fans gedacht und kommt deswegen auch visuell ungleich stylisher daher. Symbol der Doppelausgabe ist natürlich der Bock - Hirsch und Steinbock als Hinterkopfgeweih... Musikalisch bietet das Bündnerland einiges - an Qualität, Vielfalt und Humor. Da wären einmal die rätoromanischen Acts Dario & Spinfire oder Alba da la Clozza, die Einblick in die vierte Sprach- und Kulturregion der Schweiz bieten.Mundart-Songs gibt's unter anderem von Gina Estrada oder Sandro Dietrich, der mit "Rock da Bock" auch gleich so etwas wie einen Titelsong zum Sampler liefert. Qualitativ stechen auf der Rock-Seite aber Paganini mit ihrem funkig angehauchten Heuler "Stomping Grounds" und die sommerlichen Skafari, unterstützt von Rapper Cigi mit "Summer Holiday" und dem Charme einer Guggemusig aus dem bunten Haufen heraus. Mit Gulliver und den Loco Slickers finden sich weitere Acts, deren Name man auch schon ausserhalb der Südostschweiz gehört hat. Die witzigen Acts unter den 18 Rockern schliesslich verlangen auch ein wenig Toleranz. Immerhin deklarieren die kultigen Tyte Stone bereits ihren Stil als "Pornorock". Ihr Beitrag "Blasen" ist also eigentlich nur konsequent. Polarisieren wird er trotzdem, wie auch die Funpunker Senceless aus Thusis mit "Null-Ein-Hundert-Neunzig". Das Schlimme daran ist meiner Meinung nach aber nicht der Inhalt sondern der krasse Mundart-Akzent im Hochdeutschen Gesang. Bock uf Rap wurde von Herausgeber Chris Bluemoon in die Compilation integriert, weil er das Konzept ganz einfach weiter ausbauen wollte. Etwas schade finde ich als Crossover-Fan, dass sich Rock und Rap dabei nur ganz selten vermischen. Mit Gimma wäre ja einer im Stammgebiet heimisch, der zwar Rap macht, aber doch eigentlich mehr Rocker ist. Er ist aber der grosse Abwesende. Mit Acts wie Liricas Analas, Lou Geniouz, Dachs, Marcus Aurelius oder El Padre überholt der Hiphop sein Zugpferd Rock sogleich und ohne Gnaden rechts. Die Innovationsfreude der Bündner ist nach wie vor unerreicht. Da können die Berner noch so fluchen und die Basler noch so dissen. Kreativ gibt es nur eine Rap-Hochburg im Land! Eine wahre Entdeckung ist beispielsweise Damos, dessen "Mach dir kei Sorga..." mit leicht abhaktem Sprechstil und ruhig-dominantem Piano aufhorchen lässt. Ausdrücke à la "hesch di verschlosse wi d Banke ihres Gäld" lassen das Herz eines jeden Poeten höher schlagen. Das musikalische Pendant bieten Liricas Analas mit ihrem "Hop la Hop", das ähnlich spritzig tönt wie der Titel verspricht. Platzhirsch des Samplers aber ist ganz klar Cigi, der als einziger auf beiden Seiten vertreten ist und sich auch gleich doppelt unter den Anspieltipps findet. Sein hypernervöses englisch-italienisches "Calmati" mit Feature Paryah ist über alle Tracks gesehen derjenige, der am krassesten in die Beine fährt.
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