Bubi und das Erbe der Beatles
Text: Mick Gurtner
Bilder: Boob
Er ist Berns rockender Hans Dampf in allen Gassen. Und präsentiert mit seiner Band Boob die CD «The Ono Sessions». Bubi Rufener über Altherrenrock, Sucht, die Angst vor der Bühne – und die Zweckentfremdung von Tennisschlägern.Bubi Rufener, der Rock-’n’-Roller. Einst zog er als junger Wilder mit Bishops Daughter in die Welt. Jetzt präsentiert der 39-Jährige Boob. «Altherrenrock» nennt er schmunzelnd das Projekt mit den gestandenen Musikern Christoph Kohli (Bass), Peter von Siebenthal (Gitarre) und Sam Mumenthaler (Drums). Frisch, spontan und zum grössten Teil live eingespielt ist «The Ono Sessions», die nach Yoko Ono benannte Boob-CD (Release: 13.April). Bubi Rufeners Stimme kratzt und keift und klagt, während die Band mit viel Druck für elektrisierende Spannung sorgt. «A House Is A House» kontrastiert eine liebliche Melodie mit einem politisch-zynischen Text: Rufener bezeichnet die Erste Welt als Haus, in dem wir leben, ohne jemanden reinzulassen, das wir aber gleichzeitig selber abbrennen. «Fill Her Up» ist ein berührender Popsong über Bubis Drogenerfahrungen. Die punkigen Songs wie «Flatsplasher Blues» finden den Weg fadengerade und firlefanzlos ins Ohr. Herausgeputzte Popsongs machen andere: Boob hat Ecken und Kanten. Und bietet neckische Popkultur-Referenzen – von John Lennon über Live Aid und Bob Dylan zu Kultfigur und Mörder Charles Manson. Das ist abwechslungsreich und von einer ansteckenden Direktheit.
Bubi Rufener, wie fühlt man sich als Altherrenrocker?
Prima! Wir sind nicht mehr 20 und wollen auch nicht so tun. Jeder von uns hat seinen Weg gemacht und bringt seine Erfahrungen mit in dieses Projekt.
Du tanzst auf vielen Hochzeiten, spielen mit Kuno Lauener bei den Sugarbabies und rappen mit Boni Koller bei Allschwil Posse. Wie ernst ist es dir mit Boob?
Das ist eine meiner Schwächen – und eine meiner Stärken: Ich lasse mich nicht gern festlegen. Aber diese Platte ist wie nach Hause kommen. Ich ging Zigaretten holen und kam sieben Jahre nicht zurück. Jetzt bin ich wieder da. Mir ist im Moment absolut klar, dass ich mit diesen Leuten weitermachen möchte.
Boob ist ja nicht neu: Vor acht Jahren gabs die erste Platte.
Ja, aber damals hatte ich die Nase voll von der Gitarre. Ich war ein Jahr in Paris, habe mein Geld «vertublet» und wollte was anderes machen. Computermusik.
«The Ono Sessions» hingegen ist ganz klar eine Rock-Platte. Spielt der Computer noch eine Rolle?
Nein. Es gibt keine Samples, wir haben alles live und sehr spontan aufgenommen. Ich bin stolz darauf, dass es Ecken und Kanten hat. Unser Ziel war es, den Augenblick zu bannen. Das ist mir viel wichtiger als Perfektion ohne Gefühl. Manchmal führte das zu komischen Situationen.
Gib uns ein Beispiel?
Bei «On Your Own» merkten wir nicht, dass vor dem Haus, wo wir aufnahmen, Bauarbeiten im Gange waren. Deshalb ist der Lärm einer Trennscheibe zu hören. Als ich es merkte, deutete ich den anderen, einfach weiterzuspielen. Ich sagte: Das bleibt drauf. Solche Sachen liebe ich.
Verkaufsfördernd sind sie aber nicht unbedingt.
Ein Kollege hat mal gesagt: «Du gibst dir extrem Mühe, nicht Erfolg zu haben.» Das ist so. Die Verweigerung gegenüber dem Mainstream – das ist in mir drin.
Wie wurdest Du eigentlich vom Musikvirus infiziert?
Ich war acht Jahre alt, als ich das blaue Album der Beatles bekam. Sie haben mich infiziert. Ich habe mir dann einen Tennisschläger gewünscht. Den brauchte ich nicht zum Tennis spielen, sondern als Gitarre. In meinem Zimmer habe ich so das blaue Album rauf und runter gespielt.
Mit Boob steht nun eine ganze Reihe von Gigs an – mit richtigen Gitarren statt Tennisschlägern. Freust du sich darauf?
Ja, aber ich bin nervös wie blöd, ich habe richtig Schiss!
Schiss? Du wirkst auf der Bühne, als fühltest du dich zu Hause
Das sagen viele, man spüre diese Freude, diese Energie. Bei mir ist es das Gegenteil. Ich muss mich extrem überwinden. Aber anscheinend geschieht in mir etwas, wenn es soweit ist. Ich finde die Konzerte am besten, die ich nicht steuern kann. Ich bin ein sehr schüchterner Mensch, auch wenn man das nicht glaubt. Ich habe viele Selbstzweifel.
Trotzdem: Showman bist du auch bei der Allschwil Posse, wo Sie die Rapszene veralbern. Wie bist du darauf gekommen?
Als die Basler zu rappen begannen, war das alles sehr moralisch. Da bekomme ich immer ein Zucken, und etwas in mir sagt: «Verarschen! Provozieren!» Alle meinten, wir seien wirklich Basler. Als wir uns zu erkennen gaben, waren alle stinkhässig...