Bestand und Ständigkeit - Zum 20sten des Brienzersee Rockfestivals

Text: Debi
Bilder: musicbild.li
22 Jahre ist es her, dass in Brienz die Idee eines Rockfests Blüten trug: Um den beiden Dorfbands Neck-Tie und Proton Auftritte zu ermöglichen, führten Einheimische auf dem Brienzer Eisbahngelände ein erstes Musikfest durch. «Mit einfachsten Mitteln», sagt OK-Mitglied Peter Schneider, «wir hatten zwei Kühlschränke und einen Chäsbrätel.» Schneider ist wie ein Grossteil der Initianten auch heute noch als Ressortchef an Board. Zweimal wurde das Rockfest Mitte der 80er Jahre durchgeführt, 1987 nicht mehr. «Dann fiel in einer Skihütte der Name Hofer», sagt Schneider. Den habe man angefragt; Polo National sagte zu. Allerdings unter der Bedingung, dass man ihm in Brienz dieselben technischen Voraussetzungen bieten könne, die er gewohnt sei. Um Hofer ist das Brienzersee Rockfestival, wie und wo man es heute kennt, entstanden.
Hanery Amman live am Brienzersee Rockfestival 2007
Wenn etwas Bestand hat am Brienzer Rockfestival, dann ist es die Beständigkeit. Seit 20 Jahren findet es am selben Platz direkt am oberen Ende des Brienzersees statt. Grössenmässig beschränkt, haben die Macher am Programm gearbeitet: Der einabendliche Event wurde über die Jahre zum dreitägigen ausgebaut. Über die Jahre standen hier hunderte Bands auf den Planken, die für sie die Welt bedeuten. Und Abertausende sahen sie spielen. Ein grosser Teil unter ihnen Brienzer selbst oder Oberländer an sich. Ganze 350 Helferinnen und Helfer arbeiten für das Brienzersee Rockfestival über Tage, Wochen und Monate – unentgeltlich, auch das OK selbst.
Hamschter live am Brienzersee Rockfestival 2007
Das Brienzer Rockfestival hat Bestand. Wo sonst treten dieselben Musiker in unregelmässiger Regelmässigkeit wieder auf? Geht man nach der Gründungsgeschichte, ist dies logisch. Denn über das Festival unterstützt der Verein Musik Brienz auch den musikalischen Nachwuchs, verschafft ihm Auftritte. Zur 20. Ausgabe haben sich die Veranstalter einen vierten Festivaltag geschenkt. Sich und den treuen Besucherinnen und Besuchern. Vier spannende Tage; gestimmt hat nicht nur das strahlend schöne Wetter: Der Donnerstagabend wird in Brienz so schnell nicht vergessen werden – am Mittwoch war der Auftakt bereits ausverkauft, die Abendkassen öffneten donnerstags erst gar nicht. Warum? Gotthard und Shakra alleine haben ein Programm versprochen, das in dieser Kombination und Intensität nicht alle Tage zu hören ist. Und dann haben doch die Emmentaler Metaller mit Mark Fox – stimmlich! – in Höchstform die souveränen Schweizer Vorzeige-Rocker im direkten Vergleich nahezu wie Schulbuben aussehen lassen.
The Seer live am Brienzersee Rockfestival 2007
Der grosse Vergleich vom Samstagabend geht so oder so unentschieden aus: Hanery Amman («Mir si scho vor 20 Jahr hie gsi, hei Musig glost, enang ds Füdle gwärmt u i See gluegt») und Polo Hofer («Wär isch damals scho da gsi? Ja? Dir gseht besser us. Es si halt scho schöni Lüt, die Brienzer»). Ersterer brachte seine Show inbrünstiger, zweiterer empfahl sich mit den gewohnt flotten Spielchen. Aber beide Rockfestival-Urgesteine genossen sichtlich die ausgelassene Stimmung und ein Publikum, das bis auf die letzte Strophe mitsang. Eine Atmosphäre, an welche die Funpunker QL nicht halten konnten, dafür aber umso mehr auf Party machten.
Poker Alice live am Brienzersee Rockfest 2007
Die Höhenflüge, das darf man sagen, waren über die vier Tage bestens verteilt. Samstagabend-Überraschungscoup war die US-Folkrockband The Hooters, obwohl an ihrem Auftritt an sich wenig Überraschendes war. Aber an Präsenz haben Multitalent Rob Hyman und seine Mannen seit dem Comeback um 2001 zugelegt und an Jugendlichkeit gewonnen. Und die Spielfreude auch nach Zehntausenden «Johnny B.» nicht abgelegt. Die Schweizer Fraktion hatte mit Reign of Silence starke Metaller am Start und mit Poker Alice einen starken Kontrast dazu. Frontfrau Monika Schär hat als einzige weibliche Leadstimme dem Rockfest Kontur gegeben. Schliesslich war der Sonntag ganz in Schweizer Hand: Mit den Berner Männer am Meer, Mayday, Coal und Stiller Has.
Redeem live am Brienzersee Rockfestival 2007
Es ist die Bodenständigkeit, die am Brienzersee Rockfestival ihren Platz gefunden hat. Hier herrscht auch nach 20 Jahren noch der Dörfligeist. Praktisch jede Brienzer Familie ist in irgendeiner Weise und ehrenamtlich in diese Veranstaltung miteingebunden. Drum ist der Ausspruch «am Brienzer Rockfest ist alles beim Alten» manchmal auch als Kompliment zu sehen.
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