Caroline Chevin - Zurück mit Back in the Days
Text: Monthy
Bilder: carolinechevin.ch
Wenn es an den Release eines neuen Albums geht, so denke ich mir, überprüfen Musiker wohl aus reiner Neugier ihre Verkaufszahlen wie die Börsianer an der Wall Street ihre Kurse. "Eben gerade nicht", widerspricht mir Caroline Chevin lächelnd, "Ich lasse es lieber einfach auf mich zukommen." Überhaupt sei sie momentan eigentlich viel zu beschäftigt mit den ebenfalls bald anstehenden Konzerten. "Die Zahlen fliegen mir dann schon irgendwann zu", gibt sie sich optimistisch und meint in herrlichem Dialekt, "i mues nid no ga gusle…"
Der Hintergrund der Frage ist aber durchaus ernster Natur. Bei aller Kunst spielt das Business heute für viele Künstler eine ganz zentrale Rolle. Wichtiger sei zwar schon das Feeling, sagt auch Caro, aber: "Ich bin froh, wenn ich viele CDs verkaufe. Erstens heisst es, das den Leuten gefällt, was ich mache. Aber ich lebe auch ganz einfach davon! In erster Linie ist es aber schon eine emotionale Sache." Was ganz gut passt. Man sagt ja, eine CD sei wie ein Kind. Die grössten Schwierigkeiten im Gestaltungsprozess der CD war laut Caro die Überwindung des inneren Schweinehunds. – "Man kotzt sich emotional wirklich total aus. Und dann fragt man sich plötzlich, warum man sich das alles antut…" Anhören würde man ihr den aber keineswegs und überwunden hat sie ihn. Dafür wurde sie belohnt: "Mit dem Album, das ich wirklich genau so machen wollte. Ich habe enormen Spass daran, weil ich glaube, dass es noch viel authentischer ist als das erste. Das noch viel mehr Caro drin steckt."
Eine gute Stimme hatte La Chevin schon immer. Aber auch bei ihr reicht Talent alleine nicht. Man muss schon auch die richtigen Songs finden für sein eigenes Stimmorgan. Caro: "Ich kenne viele Beispiele von Sängerinnen und Sängern, wo dir erstmal nur der Mund offen steht, weil sie so tolle Stimmen haben. Rintje Oosterhuizen hat beispielsweise ein Hammer-Album mit lauter Stevie Wonder Songs aufgenommen. Als ich dann ihr eigenes Zeugs abgecheckt habe, bin ich fast eingeschlafen. Das ist schon fast der normalere Fall. Aber einfach nur eine gute Stimme reicht definitiv nicht." Nun spürt oder hört man ja einem Song nicht immer gleich an, ob er etwas wird oder eher nicht.. Wie findet Caro also heraus, an welchen sie festhalten sollte und auf welche sie besser verzichtet? – "Fürs Album war ich froh, die Unterstützung von Philip Seidler zu haben. Er hat eher das Gehör dafür. Ich bin emotional mit einigen Songs zu sehr verbunden, als dass ich noch sagen könnte, ob der nur für mich im Wohnzimmer funktioniert oder eben auch auf der Bühne." Als aktuelles Beispiel eines Songs, an dem sie trotz Schwierigkeiten zurecht festhielt nennt Caro "Same old Song and dance". "Dafür stand das musikalische Gerüst sehr schnell", leitet sie die Erklärung ein, "und normalerweise kann ich dann mit den Fingern schnippen und habe einen Text oder zumindest eine Idee. Aber wo es mit dem Song hingehen sollte, war mir absolut unklar. Und trotzdem ist er schlussendlich zu einer Perle des Albums geworden."
Wenn man das Cover-Foto von "Back in the Days" etwas anschaut, vielleicht die Single dazu im Ohr hat und dann im Opener die ebenfalls dunkle Stimme hört, hängt schon auch ein Hauch von Amy Winehouse im Raum. Darauf angesprochen lächelt Caro, als ob sie es geahnt hätte, versichert mir aber glaubhaft: "Von meiner Seite her war's wirklich Zufall und ich denke auch vom Produzent ist es nicht beabsichtigt. Ich höre ihre Songs durchaus. Die sind auf meinem i-Dings gespeichert. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich mich mehr für sie interessieren würde. Ich denke schon, dass es Unterschiede gibt. Die Stimme ist anders. Musikalisch gibt es ein paar Anlehnungen. Aber sie hat's ja auch nicht erfunden."
Die Single "Back in the Days" braucht keine Anlaufzeit. Der Song hat eine starke Wiedererkennbarkeit. Und irgendwie ist der Titel fast noch mehr. Mit Horns und Hammond ist Caroline Chevin ganz schön retro. "Ich denke, es hat verschiedene Farben auf dem Album", erklärt sie mir "Back in the Days" in Kürze, "Einerseits sind da die poppigen Songs, wie 'World full of Lies', das auch die zweite Single werden wird. Dann gibt es die Sachen, die sich musikalisch zurück orientieren wie der Titelsong oder 'Oh Dear me'. Wir haben eine gute Mischung gefunden. Es hat zwei Songs dabei, die für mich in ganz andere Richtungen gehen. 'Long Way gone' ist eher moody, speziell und sehr mystisch. Wir haben beim Proben immer gesagt, das könnte auch der Soundcheck für einen Gruselfilm sein. Und 'Riot' ist sehr bluesig ausgefallen." Mit ihrem zweiten Album mach Caro einen Schritt von der Singer/Songwriterin hin zur Entertainerin. Man(n) fragt sich natürlich, ob sich das auch in ihrer Bühnenperformance auswirken wird. Caro: "Also ehrlich gesagt, bin ich eine ziemlich Rampensau. Für 'Feel Real' musste ich mich auf der Bühne zusammen reissen. Jetzt freue ich mir sehr darauf, mit 'Back in the Days' herum zu wirbeln. Dafür brauche ich auch gar keinen Plan. Ich kann eh nicht still sitzen bei dieser Musik. Das haben schon die Proben gezeigt." Kostümwechsel und solchen Schnickschnack schliesst die kleine Lady aber noch aus: "Da verbringe ich die Zeit lieber auf der Bühne", verspricht sie ein pures Live-Erlebnis.