Gampel 03 - Backstage

Text: MonthyChristo
Bilder: MonthyChristo, Eve
Mitarbeit: Ko:L, Chrige u Dänu
Ein Kult wird zum Trend! Mit dreimal 18´000 - sprich 54´000 - Besuchern katapultiert sich das sympatische Festival in den Alpen zur deutschschweizer Nummer 2 hinter dem OpenAir St.Gallen. Damit sind die heuer ausgebauten Gampjer Kapazitäten gleich im ersten Versuch voll ausgelastet und konnten sich dabei auch bewähren. Jedenfalls ist das OK ganz schön gefordert, will man das 2003er Ergebniss im nächsten Jahr wieder toppen. Nur - wie könnte man "einmal Gampel - immer Gampel" überhaupt noch verbessern? Der Abschluss der Festivalsaison beheimatet das wohl grösste zeitweilige Camping der Schweiz und nimmts in Sachen Getränkekonsum locker mit einem Bar- und Pubfestival auf. Trespass verschafft euch nun den ultimativen Blick hinter die Kulissen des Kult-Events mit Pressechef Olivier Imboden.
Das Festival, welches vor 18 Jahren als "verrücktes Rocker-Fest auf einem Lastwagen vor 500 Leuten" seinen Anfang nahm, zieht heute mehr als hundertmal soviele Besucher an.Obwohl der zur Verfügung stehende Camping mittlerweile offiziel "erst" (Volksmund) am Mittwoch geöffnet wird, empfiehlt es sich, gleich grosszügig blau zu machen. Freier Anreisetag, drei bis vier Tage Wallisser Luft und mindestens zwei Erholungstage sollte man schon einplanen. Wer nach Gampel kommt, spürt bald den ursprünglich gebliebenen Geist des OpenAirs und wer den kennt, kehrt immer wieder.
So wächst der Kult alljährlich weiter, während aber die Organisation des grösser und grösser werdenden Events immer mit der Zeit gehen musste. Der Kern in Form eines Trägervereins von insgesamt acht Personen organisiert nicht nur ein dreitägiges Musikfestival, sondern mittlerweile eine kleine Welt in sich. Neben den für alle sichtbaren Bars und Food-Providern, den Sponsoren und den Bühnen, dem Rummelplatz und der Kinderstadt glitzert ein Bereich ganz besonders: Backstage - die verbotene Stadt. Den exklusiven Zutritt sichert mir die Karte bzw. in Gampel die entsprechende Farbe derjenigen.
In der Backstage-Area finde ich ein Zelt, welches für die Media- und Presseleute vorgesehen ist. Mein hauptsächlicher Aufenthaltsort bietet Infos und Schatten, beherbergt die Studioeinrichtung von Viva - dieses Jahr zwei aufblasbare orange Sessel - und ein paar Stühle und Tischchen. Rundherum stehen Bürocontainer von Presse und VIP-Betreuung. Weiter hinten ein grosses Zelt mit angehängter Feldküche. Die Verköstigung der teils sehr prominenten Gäste lässt nichts zu wünschen übrig und der grosszügig vorhandene Raum nutzt manch einer auch andersweitig. Endo Anaconda, der stille Has, gibt gerade ein Interview, während er auf sein Menu wartet (ist wohl ein praktisch denkender Mensch). Hinter einem Vorhang verbirgt sich die etwas rudimentärer eingerichtete aber sicher nicht minder gesellige Verpflegungsstation der Heinzelmännchen. "Fast nicht mehr bezifferbar viele" arbeiten irgendwie und zumeist freiwillig mit - als Trash Heroes, in der Betreuung der Gäste, als Sanität oder Verkehrskadett. Diese kommen teils aus der Innerschweiz oder vom Karate-Club Gampel. Vor allem aber sorgen 85 Bronco Security und 60 lokale für einen möglichst harmonischen Ablauf des Ganzen.
Direkt hinter dem Pressezelt und von ebendiesen Broncos gut bewacht, befindet sich der Künstlerbereich. Hier haben nur die Musiker und ihre Managments sowie das Catering und einige Auserwählte Zutritt. Journalisten werden für Interviews hinein und danach wieder hinausbegleitet. Die Festivalorganisation riegelt den Bereich bewusst ab, um die Stars vor Belästigungen zu schützen und ihnen vor und nach dem Gig etwas Privatsphäre anbieten zu können. Die Container sind mit den Headlinern 2003 versehen und dienen als Garderoben, dazu hats einen Duschcontainer und dieses Jahr sogar einen Gummi-Pool mit Gletscherwasser. Weiter hinten bieten samtene Hände einen Massageservice für gestresste Musiker an und generell bleibt kaum ein Wunsch unerfüllt. So musste beispielsweise für Boy George anlässlich des exklusiven Culture-Club-Gigs ein makrobiotischer Koch aufgetrieben werden. Vor der Artist Area türmt sich die Gampjer Hauptbühne auf. Bis zu 6 Kameras, darunter der nicht nur aber schon seit langem auch in Gampel eingesetzte Kran erhaschen jede Bewegung des Stars on stage und eine gewaltige Licht- und Soundmaschine rückt die Künstler upfront ins richtige Licht.
Letztes Jahr hatte ich mir in einem lichten Moment vorgenommen, das Backstage-Feeling nicht nur für einen Artikel zu nutzen, sonden auch die Leute etwas daran teilhaben zu lassen. Die Idee gründet auf einer Polaroid-Kamera, wasserfesten Stiften und einer Band ohne Berührungsängste: Meet ´n´ Greet! Neun Fans von Core22 kamen so zu einem sehr persönlichen Andenken an Gampel und ihre Lieblingsband sowie "fifteen minutes of backstage".
Das Wallisser PartyPeoplePortal www.snaplife.ch , die Organisation des OpenAirs und das Band-Managment waren so am Samstag zusammen mit Trespass und der beliebtesten westschweizer Band in der Deutschschweiz für etwas Action besorgt. Sonja Heller, hypnotische Core22-Leadsängerin, schätzte den unmittelbaren Kontakt mit ihren Fans jedenfalls sichtbar und die fünf Bandmitglieder luden zum Gruppenfoto in den Liegestuhl. Danach wurde fleissig gewidmet und signiert sowie gehandshaked. Die mittelgrosse Rudelbildung war selbstredend nur unter Bewachung möglich und wurde allzu bald aber geregelt wieder aufgelöst.
Legendäres Backstage aber ist nicht aller Tage Abend - oder in Gampel eher: nicht aller Abende Morgen... Das wissen nach dem Auftritt meist auch die Stars, von denen man schon diese oder jenen nicht mehr in der Backstage Area fand, sondern im Gelände suchen musste. Marla Glen nächtelang beispielsweise oder aktuell die Sunnyboys von Seeed welche zwar ihren Konzertslot mit den Lovebugs abgetauscht hatten und nach dem Gig sogleich nach Deutschland abzudampfen gedachten, dann aber auch anderthalb Stunden nach Auftritt noch immer unauffindbar waren. Sie hätten also genausogut zum ursprünglich geplanten Zeitpunkt spielen können.
Deshalb verlassen auch wir nun den Dunstbereich des Ruhms wieder, um eine Prise vom echten - dieses Jahr sogar fast wirklichen - Woodstock-Geist einzusaugen. Er wirkt am stärksten direkt vor den Bühnen, an einigen Bars und an ausgesuchten Orten in der Zeltstadt. Dieses zuverlässig alljährlich wiederkehrende Gampjer Gefühl überträgt sich magisch von der Organisation auf die Besucher und von denen auf die Bands - oder wie auch immer rum. Jedenfalls wird Gampel seinem kultigen Ruf jedes Jahr und vollauf gerecht. Süper-Sach!
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