Die Rückkehr der Kunstrocker
27.4.2012/Text: Jürg Spielmann,
berneroberlaender.ch, Bilder: Promo, Trespass-Archiv
«Das Kribbeln ist riesig und die Vorfreude bei uns allen extrem.» Reto Iseli fasst in Worte, wie es sich dieser Tage anfühlt, ein Teil von Cosmos zu sein. Eigentlich sind die Musiker der Thuner Artrockband mit Wimmiser Wurzeln allesamt alte «Bühnenhasen» – oder seit nunmehr gut zwei Jahrzehnten im Musikgeschäft. Dennoch verspricht der Samstag für sie speziell zu werden. Cosmos kehren am 28. April 2012 in der Thuner Konzepthalle 6 auf jene Bretter zurück, die die Welt bedeuten. «Es ist toll, im Vorverkauf sind bereits rund 250 Tickets verkauft worden.» Drei lange Jahre ist es her, seit die als «Oberländer Pink Floyd» bekannt gewordenen Prog-Rocker letztmals Publikum mit sphärischem Klanggewebe umgarnt haben. Das nicht ohne Grund: Der Soundtüftler, Sänger und Schlagzeuger Reto Iseli sorgte seither vielmehr mit seiner Person denn mit seiner Musik für Schlagzeilen. Er ist jener Mann, der binnen dreier Jahre unglaubliche 180 Kilo abgenommen und dabei beinahe auch sein Leben gelassen hat (wir berichteten). Bedingt durch die gesundheitlichen Probleme war bei Cosmos eine längere Auszeit angesagt. Doch seine langjährigen Bandkollegen Olivier Maier (Gitarre, Gesang), Heiko Garrn (Bass) und Daniel Eggenberger (Keyboard) haben auf Reto Iseli gewartet.
Das Warten hat sich auch für die Anhänger der Kunstrocker gelohnt: Cosmos feiern mit frischem Elan und brandneuem Album ihr Comeback. «Mind Games» (Gedankenspiele) heisst ihr drittes Studiowerk nach «Skygarden» (2006) und «The Deciding Moments of Your Life» (1995). «Die Gedankenspiele ziehen sich wie ein roter Faden durch alle zehn Songs des neuen Albums», sagt Rhythmiker Reto Iseli. Jede Nummer sei eine Geschichte, ein Gedankenspiel eben. «Es ist ein persönliches Album geworden», findet er. Der Song «Contact» beschreibt die tragischen Ereignisse um seine Nahtoderfahrungen, und «Lost Years» etwa fasst die tragische Story von Dwayne Dail, der unschuldig hinter Gittern sass, in Wort und Klang.
Ein Jahr hat die Band in ihrem Studio im Thuner Lerchenfeld am Drittling gearbeitet. Abgemischt hat das Aufgenommene Reto Iseli selbst. Man höre gut, dass dies ein Schlagzeuger getan habe, flachst er. Der jüngste Cosmos-Wurf erscheint im Eigenvertrieb. Downloaden kann man ihn bei allen bekannten Musikanbietern im Internet ab 29.April. Wer das physische Album mit seinem aufwendig gestalteten Booklet bevorzugt, findet die Verkaufsquellen auf der Bandwebsite. «Mit der Nutzung der modernen Medien ist es einfacher, das Geld einer Produktion über die Verkäufe wieder reinzuholen.» Eine Plattenfirma hingegen mache bei jedem Verkauf die hohle Hand. Stolz erzählt Reto Iseli, dass bald schon Hunderte CDs in alle Herren Länder verschickt würden. «Die internationale Prog-Rock-Szene ist enorm gut vernetzt. Wir erhielten sehr viele CD-Vorbestellungen aus Polen – und auch wieder aus Tokio!» Bereits die 2004 veröffentlichte Live-CD war in der japanischen Metropole ein gefragtes Gut – alleine 150 Stück hatte damals ein einziger Musikladen verkauft.
Musikalisch sind Cosmos ihren Wurzeln treu geblieben, sie zelebrieren unverändert eine melodiöse Variante des anspruchsvollen Rocks. «Der Einfluss von Pink Floyd ist immer noch präsent, aber wir haben uns weiterentwickelt und uns über die Jahre eine eigene Identität zugelegt», erklärt Iseli. «Der Sound ist heute mehr Cosmos als Floyd – wir kopieren uns mittlerweile selbst» Wie klingt das? «Groovy mit etwas mehr Drive, erdiger und nicht mehr nur sphärisch.» Im Song «Sequences», der laut Bandangaben vor allem live für Furore sorgen dürfte, ist eine alte Bekannte zu hören – Mundartrockerin Sandee. Cosmos war die erste Band der Wimmiser Sängerin gewesen. Für sie war es deshalb Ehrensache, einen kleinen Gesangspart auf der neuen CD zu übernehmen. Alle anderen werden von Mirjam Heggendorn gesungen. Die Bernerin ist die neue und laut Reto Iseli «fantastische» Frauenstimme bei Cosmos. Die Oberländer Truppe brennt darauf, die Schweizer Bühnen zu rocken. Auf ihrer Tour macht sie unter anderem im Frutiger Rustico Music Pub halt. Oder auch am Thunfest. Vorerst aber wird am Samstag das Revivalkonzert samt Plattentaufe gefeiert. Das Kribbeln vor dem Start ist riesig – die Cosmo(s)nauten können es kaum erwarten, wieder abzuheben.