Ok - das CD Cover ist kein Wurf. Typisch städtischer PR-Gelehrter, der nach Schema F, brav wie an der Schule, in der Ausbildung und später in internen und externen Fortbildungstagungen und -kursüssern gelernt Begriffe wie Rock, Fels, oder Wild marktgerecht zu einer platten Collage zusammengeschustert hat. Aber zu Glück stehen CD-Covers meist so im Regal, dass das Cover nicht sichtbar ist - und wenn der Silberling aus der Kandlbauersch-Burellschen Rock-Kücke im Player dreht, sieht die Welt sowieso anders aus - echt rockig klingt sie und baut sie sich in Bildern auf. Kandlbauer ist keck: "Ich bin ich - und ich wollte mich nicht in eine Form pressen lassen", sagt er im Trespass-Inti (
am 9.5.05 auf Radio Emme oder im Live-Stream) und erklärt, dass er vom Rock komme und etwas anderes als ein Rock-Album für ihn nie in Frage gekommen sei. "Entweder nehmen sie mich wie ich bin - oder sie lassens bleiben", sei seine Devise während den Verhandlungen mit Universal gewesen. Eine solche Haltung zu haben verdient Respekt - eine solche Haltung druchzuziehen verdient schier Huldigung.
"Eier" habe das Album hat uns Reto Burrell anlässlich unseres Talks am Greenfield versprochen. Der Nidwaldner hat sich Kandlbauer gleich selber angenommen - die Scheibe selber produziert und auch gleich noch die eigene Band mitgebracht. Und dieser Mix kommt gut - ist explosiv. Gleich schon im Opener macht Kandlbauer klar, dass er nicht etwa nur der Traumschwiegersohn ist, den er zu Music-Star Zeiten mimte. "Der Song entstand, als ich am Greenfield am Sonntag Morgen im Auto erwachte, nach einem dollen Absturz ziemlich übel aussah und auch so roch - und so zu einem Interviewtremin musste, wo lauter schicke Leute rumstanden", erzählt der Grindelwaldner. "It´s so beautiful not to be beautiful - it´s so beautiful to be unusual" heissts dann im Song - sympathisch! Musikalisch startet die Scheibe mit Highspeed, bevor dann mit "Maybe in Heaven" doch noch der Music-Star Kandlbauer, der Traum aller Schwiegermütter durchbricht. Butterzart, sauber rasiert und ohne Fahne dringen Kandlbauers Balladen in die Gehörgänge ein. Zur Freunde des Rockfreundes sind allerdings auch die ruhigeren Parts auf dem Album - das übrigens den Titel "Home" trägt - echte Rocksongs.
Die These, dass Balladen Rocksongs sind, kommt übrigens nicht etwa aus meiner geringen Feder, sondern vielmehr aus dem Mund eines, ders Wissen muss: Steve Lee, seines Zeichens Sänger von Gotthard und Co-Autor von so grossartigen Hymnen wie "All I care for". Nun - Kandlbauers Songs zeichenen sich vor allem dadurch aus, dass man sie dem Bergler abnimmt. Egal ob bretterhart mit einem Tritt in den Hintern oder butterweich mit einem süssen Streicherlinie im Hintergrund - die Tracks klingen nach Kandlbauer. Das mag zu einem guten Teil an Kandlbauers charismatischer Stimme liegen, ist zu einem guten Teil aber auch durchs Songwriting bedingt. Und das tut gut - ein Stück Autenthizität in einer Musikwelt, in der es nach einem Erfolg Millionen von Klonen desselben gibt, ist es schön, wenn bisweilen mal eine CD rauskommt, die unverwechselbar ist.