Disparaged, von Klischees und langen Haaren
Text: Eve
Bilder: Piggy, Eve, Cover
Es begann an einem grauen, verregneten Novembertag im Keller des verrückten Professors und hatte fatale Folgen. Nein, Blödsinn! Genaues Datum, Wetter und wo genau es sich abspielte, weiss ich nicht und kein durchgedrehtes Experiment, sondern der Bassist Adrian brachte den Stein ins rollen. Aber fatale Folgen kann ich bestätigen, ich sah die „Geringgeschätzten“ in Erstfeld am Metallfest. Also noch mal: Begonnen hat alles damit, dass Adrian, mittlerweilen Bassist und zweite Stimme von Disparaged, Musiker suchte, die wie er Interesse hatten, Deathmetal zu spielen. In einer grösseren Gruppe haben sie dann zusammen gejamt und gesoundet. „Irgendwann hat es sich herauskristallisiert, die andren sind ausgestiegen, und wir standen nur noch zu dritt da. Und erst dann haben wir zum ersten mal so richtig gejamt“, erzählt der Bassist. So haben sich Tom, Ralph und Adrian gefunden. Und in dieser Konstellation haben sie ihren Erstling „Deathtrap“ aufgenommen. „Der wurde noch mit Drum-Computer aufgenommen und da hatten wir die Idee, einen Schlagzeuger zu suchen.“ Gedacht, gesucht, gefunden und so kam Heinz zur Truppe und vervollständigte die Band. Zum ersten mal konnten sie live Konzerte spielen.
„Der Tom am Gesang war am Anfang nur eine Notlösung weil wir einen Sänger gesucht haben. Wir fanden dann aber heraus, dass er ne ganz tolle Stimme hat, und so ist er dann Sänger geblieben. Er musste sich aber zuerst einspielen, denn beides, Gitarre und Gesang, war für ihn ziemlich ungewohnt. Später bin ich dann als zweite Stimme dazugekommen und so hat es sich dann eben entwickelt.“ Mit „Overlust“ haben Disparaged ihre erste "richtige" CD gemacht, diese aber noch ohne Plattendeal. Danach wurde erneut gesucht, diesmal ein Label und mit Twilight haben sie schlussendlich ihre Plattenfirma gefunden. Mit „Overlust“ konnten sie auch zum ersten mal auf Tour gehen. „Schon kurze Zeit später waren wir wieder am Songs schreiben für unsere aktuelle Scheibe ,Blood Source'. Die verkauft sich mittlerweile recht gut. Ralf und Tom sind schon am arbeiten für das nächste Werk. Da steht aber noch kein Termin, wir nehmen das locker. Aber wir wollen mit der nächsten CD schon noch einen Killer obendrauf setzen.“- „Es war eigentlich immer klar, das wir Metal machen wollen, wir sind auch alles Metaller. Dazu kommt, dass wir alle nicht mehr zwanzig, sondern dreissig und darüber sind“, lacht Adrian „und wir hören den Sound nun schon über fünfzehn Jahre. Er schlägt auch in unseren Herzen und wir spielen Deathmetal nicht in erster Linie zum verkaufen, sondern wir spielen den Sound, der uns wirklich gefällt. Wir haben unseren eigenen Stil gefunden und versuchen natürlich, auf dem aufzubauen.“
Metal ist ein Musikstil, der stark mit Klischees behangen ist. Totenköpfe, Leder und lange Haare gehören eigentlich dazu. Meine Frage zu dem Thema stelle ich ausgerechnet dem Gitarristen Ralph, der zumindest auf dem Kopf kaum noch Haare hat. „Die Zeiten sind mal gewesen. Mmittlerweile ist das mit den langen Haaren vorbei, zumindest für mich. Aber wir haben ja zwei andere in der Band, die lange Mähnen haben, das ist gut so. Der Schlagzeuger bekommt jetzt auch noch ne Glatze - das ist wunderbar. Das freut einem... - Das war vor zehn, fünfzehn Jahren so mit langen Haaren und entsprechendem Auftreten“, sagt er und lacht. Für Adrian ist die Haarpracht nach wie vor wichtig. „Tom und ich sind die mit den langen Haaren bei uns in der Band. Ich kann nur für mich reden, aber für mich ist das extrem wichtig. Wenn ich meine Mähne mal abschneiden müsste, würde ich mich von der Front der Bühne zurückziehen. Ich könnte es nicht verkraften.“
Seit Gründungszeiten mit dabei und Maskottchen und Markenzeichen der Band ist der Schädel. Ralph: „Äh- ja, bis jetzt. Ab jetzt nicht mehr, würde ich mal so frech sagen. Wir sind uns am Umorientieren, suchen optisch gesehen neue Sachen, es muss etwas Neues kommen. Ich finde, man kann sich nicht nur musikalisch verändern, sondern auch optisch. Also der Schädel ist jetzt mal gewesen.“ Ich mutmasse, dass sie jetzt wohl zu alt, zu erwachsen für so was seien: Aber weit gefehlt: „Das glaube ich gar nicht, ich habe eher das Gefühl, es wird noch heftiger. Der Schädel war fast etwas zu brav und ich denke, man könnte das Thema noch etwas ausreizen. Aber natürlich mit Niveau, also nicht irgendwie Covers machen, mit abgeschlachteten Menschen oder so, überhaupt nicht. Man kann auch anders auffallen. Wir haben unseren eigenen Stil, auch wenn der zum Teil etwas speziell ist.“
Trotzdem, ganz verabschieden wollen sich die Deathmetaller nicht von ihrem Schädel. „Er ist nach wie vor unser Maskottchen. Wir haben ihn auf jeder Scheibe drauf, irgendwo wird er sich sicher weiterziehen. Aber was wir sicher nie machen werden, sind die typischen Deathmetal-Sachen wie Massaker oder frauenfeindliche Covers. So was wird man bei Disparaged nie sehen, das geht uns gegen den Strich“, versichert Adrian. „ Wir sind antipolitisch und antireligiös, also neutral. Tom ist der einzige, der bei uns Texte schreibt. Er schreibt aus dem Leben gegriffen, gespickt mit seiner Fantasie und das ist sicher mit ein Grund, dass wir nie irgendwelche geschmacklosen Covers machen.“ Sechs Jahre begleitet der Schädel nun die Band und der Ärmste ist immer noch namenlos. „Wir haben lange einen Namen gesucht, weil er sich ja effektiv durch alle CDs durchgezogen hat und die Leute ihn nun auch schon kennen. Wenn einer einen passenden Namen für unseren Schädel hat, bringt ihn! Nachwievor...!!!“ Eddie und Ötzi sind leider bereits vergeben, aber über ihre Homepage, Contact oder übers Gästebuch könnt ihr eure Ideen vorschlagen.
Ein weiteres Markenzeichen von Disparaged sind ihre Moviesamples. „Ja, das haben wir auf den ersten zwei Scheiben ziemlich oft gehabt. Auf der dritten schon etwas weniger und auf der nächsten wird es noch geringer sein. Aber ganz ohne geht’s nicht. Wir achten sehr darauf, was für Samples das sind und dass sie textlich und auch emotional in den Song hineinpassen. Wir nehmen nicht irgend ein Geplapper auf, das zwar cool tönt, aber nichts aussagt. Da geben wir uns ziemlich viel Mühe und schauen uns lange Filme an. Das Japanische zum Beispiel ist aus einem Mangafilm. Das versteht zum Glück niemand. Es ist schon etwas das unter der Gürtellinie“, gesteht Ralph. Wenn wir schon beim Verstehen sind: Erstens können nicht alle Zuhörer englisch und zweitens sind die beim Metal gesungenen Texte oft schwer zu verstehen. „Ich finde, man versteht Tom sehr gut. Wenn man sich ein bisschen mit unserer Musik beschäftigt, geht’s. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands, wo man wirklich nichts versteht, ist Tom ziemlich klar. Aber bei uns ist der Text auch nicht das Hauptmerkmal. Wir legen Wert darauf, dass die Musik cool tönt und einen guten Inhalt hat. Wenn’s jemand nicht versteht - Pech, er kann’s ja nachlesen. Bei der neuen Scheibe haben wir zwar nur Zitate gemacht. Es sind sehr spezielle Texte und zum Teil auch etwas heftig.“ - „Wir lassen Tom beim Texten absolut freie Hand“, fügte Adrian hinzu. „Wir haben nur Text-Zitate ins Booklet gedruckt, weil die ganzen Texte eh niemand liest. Wenn du aber nur einen Spruch hast, lesen ihn die Leute.“
Das heisst dann wohl, schleunigst fertig machen mit meinem Bericht, sonst liest den auch niemand. Zum Schluss nur noch kurz zu ihrer aktuellen CD: „Es ist eine abwechslungsreiche CD. Von sehr schnellen Songs über eher mal etwas technischere Einrichtungen. Eine ziemlich dreckige Platte, es tätscht recht. Man muss sich selber überzeugen, oder vielleicht auch lieber nicht... „