Dodo rollt an
5.10.2011/Text: Ko:L; Bilder: Promo Daniela Kienzler
Es hat lange gedauert, bis Dodo und Trespass.ch sich fanden – erst mit seinem neuen Album „Funkloch“ ist er auf dem wichtigsten Schweizer Musikportal vertreten. Und während andere sich vom Promo-Manager mit dem Auto durch die Schweiz chauffieren lassen, kündigt sich der Wahl-Berner als Bahnreisender an – und rollt letztendlich smooth mit dem Miet-Rad von „Thun rollt“ zum Interview-Termin am Thuner Mühleplatz. „Radfahren ist die einzige Möglichkeit, sich in Städten fortzubewegen“, sagt der Mann, der wie derzeit wie kein zweiter den musikalischen Zeitgeist der Schweiz zu fühlen scheint – und eben offensichtlich nicht nur den. Aber dort hat er gleich mehrere heisse Eisen im Feuer: James Gruntz’ Album hat er produziert, als Produzent von Steff la Cheffes Debut-Album „Bittersüessi Pille“ hat er nicht nur Arbeit, sondern auch Herzblut und Geld investiert. Zusammen mit seiner eigenen Platte „Funkloch“ hat Dodo damit drei Eisen im Feuer, die derzeit alle äusserst heiss geschmiedet werden, sei es von DJs, Radios oder von Bookern, welche die Acts auf ihren Bühnen haben wollen.
„Irgendjemand muss ja ein Gegengewicht zu Roman Camenzinds Hitmill bieten“, flachst Dodo. Dabei ist Grossspurigkeit gar nicht so wirklich sein Ding – harte Arbeit ist eher, woran er glaubt. „Ich bin lange genug dabei um zu wissen, dass ohne harte Arbeit keiner etwas erreicht – wenigstens nicht langfristig“, sagt Dodo. Und nicht nur dafür ist er lange genug Teil der Szene - sondern auch, um seinen Sound langsam gefunden und definiert zu haben. „Ich mache immer noch Reggae“, sagt er über seine eigene Musik, „aber es ist nicht mehr so rootsig wie früher.“ Ja, Dodo ist einer, der ohne Scheuklappen durch sein musikalisches Leben geht. „Ich war schon immer wahnsinnig daran interessiert, was andere Künstler machen, wie sie sie arbeiten und das dabei herauskommt“, berichtet er in der sommerlichen Thuner Herbstsonne. „Deshalb habe ich immer Kollaborationen und Featurings gesucht – und tue es noch heute.“ In dem Fall ist Dodo für den Schweizer Reggae tatsächlich, was Jan Delay für den Deutschen Funk? „Wow – wenn du das so siehst“, sagt Dodo. „Defintiv gerne. Ich habe Jan Delay immer ausgecheckt und finde enorm spannend, was er musikalisch macht!“
Spannend ist derweil auch seine Idee, auf dem Album „Funkloch“ ausgerechnet die Elefanten in die Rolle von Rebellen - „Rebellefanten“ eben – zu schreiben; ausgerechnet diese mächtigen Dickhäuter, von denen man den Eindruck hat, sie hätten alles im Griff und zuletzt einen Grund, gegen irgendwelche grossen bösen zu rebellieren. „Wir Menschen hätten eigentlich auch keinen Grund, gegen irgendwen zu rebellieren“, sagt Dodo. „Aber es gibt jene, die von anderen unterdrückt werden oder sich unterdrückt fühlen – und dagegen rebellieren sie eben. 'Rebellefante' handelt davon.“ Und da ist wieder Dodo, der Polit-Mensch – oder zumindest der Musiker, dem Message über alles geht. „Es ist wichtig, die Plattform, die wir Musiker haben, zu nutzen“, sagt er. „Und es mir wichtig, den Menschen eine Message mitzubringen und sie nicht einfach sinnlos zu unterhalten.“ Message gekoppelt mit süffigen Disco-Grooves – funktioniert das? Vergessen die Zuhörer nicht vor lauter Shaken eben genau das Zuhören? „Möglich – im ersten Moment. Aber wenn der Sound groovt und sie dazu shaken, dann ist die Chance da, dass sie einen so oft hören, dass ihnen irgendwann auffällt, dass da ja auch noch eine Message im Text stecken würde...“
Aber Hand aufs Herz, Dodo: So hast du nicht immer gedacht. Früher hast du das, was du loswerden wolltest, den Leuten ungefragt, direkt und laut vor den Latz genknallt? „Klar“, sagt er mit einem Grinsen im Gesicht, „laut zu sein, ist das Privileg der Jugend – vielleicht ist auch deshalb Gewalt ein Phänomen, das vor allem Jugendliche betrifft. Weil sie ihrem Frust und ihrer Wut ungefiltert und teils wohl auch unüberlegt freien Lauf lässt. Mit den Jahren legt sich das“, fährt Dodo fort, „bei mir war es zumindest so.“ Altersmilde bei einem Mann, der noch keine 35 Jahre alt ist? „Nein, nein, so weit bin ich schon noch nicht.“ Und wieder grinst er, wenn er anfügt: „Vielleicht ist es eher Weisheit.“ Doch dann ist er wieder ernst, wenn er sagt: „Mit den Jahren reagiert man auf gewisse Erlebnisse und Umstände vielleicht auf etwas gelassener, weil man eine dickere Haut gekriegt hat. Das ist eine Eigenschaft, welche die 'Rebellefante' übrigens ebenfalls auszeichnet.“