EKR live at Main Station

Eigentlich hatte ich mir ja eine ganz andere Einstiegsfrage überlegt und mich von einer Zürcher Freundin beraten lassen. Nachdem ich spontan auf die Aktualität eingehen musste, folgt die "wosch mi aafigge?"-Frage erst jetzt. Konkret haue ich ihn in Bezug auf sein 2004er Album Ich bin au dini Mueter an, was er eigentlich für eine Frisur habe und was seine Mutter dazu sagt. EKR grinst: "Seit ich ausgezogen bin, sagt sie nichts mehr dazu... Ich trag sie kurz und angenehm." Natürlich folgt nun die echte Frage auf das Album und seinen Titel, der vor allem aussagt, dass Bollinger die Mutter jedes Schweizer Rappers sei. Thomas bestätigt: "Logisch, das ist der doppelte Sinn im Titel. Ich mach das sehr gerne, spiele in Titeln und Songs oft mit solchen Doppeldeutigkeiten, wie eben dieser Satz ´Ich bin au dini Mueter´."
"EK, EK, EK!" Irritiert schaue ich aus dem Fotograben auf eine noch leere Bühne im Hauptbahnhof Zürich, von woher seltsame Laute ertönen. "EK, EK, EK!" Nanü? Ich höre etwas genauer hin und bedenke, weswegen ich eigentlich gekommen bin. "EKR, EKR, EKR!" schreit er eigentlich und zwar seinen Namen, der als er ihn annahm, eigentlich noch gar nichts hiess. Erst sein Song "Ein König regiert" füllte das Kürzel dann einigermassen mit Sinn. A propos Sinn: Wer sich die Biographie von Thomas Bollinger alias EKR auf Capitolmusic.ch reinzieht, wird zu Anfang auch mit Schlachtrufen konfrontiert. Genauer mit denen von deutschen Fussballfans, die ihren zeitweiligen Teamchef Tante Käthe lauthals mit "Ruudi, Ruudi" feierten. Was ich im Netz noch nicht begriff, nimmt langsam klarere Formen an und in mir wächst die Überzeugung, dass ich bald mit einem schrägen Vogel zusammentreffen werde - "EKR, EKR, EKR!"
"EK, EK, EK!" Bollinger in Nahaufnahme
Text/Bilder: Monthy
DJ Pult und Bühne am Festival im HB
EKR im Einsatz
EKR zupft sich am Hemd und rappt dazu
EKRs Soundtechniker an den Turntables
Die Legenden des Schweizer HipHops werden momentan von den jungen Acts stark gefordert. Wie Black Tiger, der zehn Jahre brauchte, um sein Debut "Solo" zu machen, ist auch EKRs Diskografie nicht die allergrösste. Der Preis, den Pioniere zahlen müssen? - "Das ist der Lauf der Zeit. Ich empfinde es eigentlich als positiv. Das ist ok..." Schliesslich haben ja die ´Alten´ das ganze irgendwie erst möglich gemacht und jetzt die gleichen Möglichkeiten wie die hard-pushing Schnösels. Bekannt wurde Thomas Bollinger, der in einem Londoner Studio mit Mundart-Rap angefangen hat, durch "Oh Susi", sozusagen ein Pendant zur fetten Elke der Ärzte. EKR: "Susi spiele ich mittlerweile eher selten und sie existiert übrigens auch nicht, deshalb weiss ich nicht, ob man diesen Vergleich so stehen lassen kann..."
Seine aktuelle EP 3. Mahnig hat er nicht über seinen Major EMI releast. Ich will wissen, wie sie so läuft - "Sie läuft eigentlich gut. Es ist halt etwas ruhiger hinsichtlich Promotion und Massenmedien, aber das ist eigentlich ok. Die nächste kommt dann wieder über EMI und sollte etwas mehr Lärm machen. Immer ein Schritt nach dem anderen..." Ob wir nun wieder einen "Kiosk" erwarten dürfen, frage ich zum Schluss hinsichtlich des Polo-Covers, das übrigens zweimal herausgegeben wurde. Erstmals 1999 und weil dies damals auf Vinyl und in kleiner Auflage an den Leuten vorbeiging, nochmals letztes Jahr. EKR winkt auf meine Frage ab: "Nenei... Wir haben den Zweitrelease des ´Kiosks´ vor allem für mich gemacht, um den Namen EKR etwas bekannter zu machen. Aber es hat schon den einen oder anderen Hit auf der neuen Scheibe, versprochen." - Word
Bollingers Mutter - nee, Scherz: nochmals EKR
Nach dem halbstündigen Einheizer-Gig am Festival im HB, wo letzten Freitag nach Bollinger die internationalen Top-Acts Sammy Deluxe und Wu Tang Clan von der inspirierten Vorarbeit des Aargauers profitierten, treffe ich die Legende des Schweizer Raps. Keine fünf Minuten von der Bühne runter und während des frenetisch bejubelten Auftritts von Sammy, talken wir im Lärm zehn Meter neben der Bühne. EKR erklärt mir gleich zu Beginn, dass der Auftritt ganz ok gewesen sei: "Die Leute sind natürlich Star-struck und es ist schwierig, wenn du die Vorgruppe machen musst und schon auf dem Poster zwei Centimeter kleiner geschrieben wird als die anderen. Das hat alles auch tiefenpsychologische Wirkung. Es ist sicher angenehmer für die Bands, die nach mir auftreten dürfen. Aber es war gut!" Dass er die kurze halbe Stunde auch noch mit seinen Kumpels A.K. und Bilingue teilte, macht EKR aber gar nichts aus. "Ich will das ja machen. Für mich ist dieses Gruppen-Ding ein Teil des HipHops. Ich zeige das auch gerne."
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