El Ritschi bringt die Sonne auf den Berg
Text: Maurus
Bilder: Monthy
Den zweiten Tag des B-Sides auf dem Sonnenberg eröffnet am heissen Samstag Nachmittag der bekannte Troubadour El Ritschi aus Engelberg. Dass dies eine gute Partie ist, dürfte eigentlich die wenigsten erstaunt haben. Zwar stellt er selbst während des Konzertes mehrmals die Frage, was er denn an einem auf Junge zugeschnittenen Openair überhaupt mache. Doch mehr als ein Lächeln ist dem Publikum so nicht zu entlocken. Seine äusserst unterhaltende Art, die interessanten Geschichten und nicht zuletzt seine von Herzen kommenden Songs überzeugen gerne auch jüngere Zuschauer. Sowieso ist der quirlige Engelberger schon vor seinem Konzert wohl niemandem im Publikum unbekannt. Denn irgendwie und irgendwo hat man bestimmt schon seine Wege gekreuzt. Sei´s während seiner Arbeit beim Luzerner Radio 3fach, als Mitorganisator des "Halt auf Verlangen"-Festivals oder als Sänger und Gitarrist der kultigen "Jolly and the Flytrap" (kurz: Jollys).
Schon auf viele Arten hat Richard Blatter, so sein bürgerlicher Name, die Innerschweizer Kultur geprägt. Auch diesen Nachmittag überzeugt er aufs Neue. Zwischen die temperamentvoll vorgetragenen Lieder flechtet er geschickt interessante Geschichten zu den einzelnen Songs, kuriose Anekdoten aus jüngeren Jahren oder scheinbar gerade Eingefallenes. Häufig dauern seine Anmerkungen fast länger als die Songs. Doch ohne das Gesagte würde man nur die Hälfte des Gesungenen richtig verstehen, nur schon darum gehören sie quasi zu den Liedern. Ein Höhepunkt ist sicher, als El Ritschi "Albany" anstimmt - ein echter Klassiker der Jollys, den die Band leider nur noch selten spielt. Mehr als eine Stunde schwitzt Ritschi im heissen Zelt für das gut unterhaltene Publikum, Engelberg zu Gast auf dem Sonnenberg - den Zuschauern gefällt´s vorzüglich.
In den letzten Jahren bewegte sich so einiges in der Region, was das musikalische Schaffen anbelangt, das blieb sogar Uninteressierten nicht verborgen. Wie sieht diese Entwicklung ein einheimischer Musiker? Nach dem gut einstündigen Konzert habe ich Zeit mich mit El Ritschi zu unterhalten. Mit einem herrlichen Blick auf Kriens und Umgebung sagt Ritschi: "Ich finds huere geil! Eine Zeitlang hatte ich das Gefühl diese Openair-Tradition sei etwas verloren gegangen. Mit der Band - den Jollys - haben wir dann dazumal beim "Bock uf Rock" in Ennetmoos gespielt. Bei der ersten Ausführung kamen über 2000 Leute, die zweite Auflage zwei Jahre später wurde gar noch grösser. Dann wurde "Bock uf Rock" aber nicht mehr durchgeführt." Laut Ritschi gab es seither zwar hier und da wieder ein Openair, allerdings nie mehr etwas so total Verbindendes wie das Openair in Ennetmoos. Die jüngste Entwicklung zeigt aber, dass wieder etwas geht in Nid- und Obwalden: "Die Muisiglanzgmeind nimmt das nun wieder auf, das Lakeside Festival wird auch immer grösser, zudem gibt es noch das Huisberg-Openair und auch die Stanser Musiktage haben sich entwickelt - das isch verreckt!" Dass diese Veranstaltungen für die Musikszene extrem wichtig sind, ist schnell klar. Zudem sieht Ritschi zwischen Openair-Anlässen und dem Bandaufkommen einen kausalen Zusammenhang: "Es gibt auch wieder viel mehr Bands in Nidwalden als früher. Das haben wir beim "Battle of Bands" im Grünenwald gesehen, wo sich 20 Bands gemeldet haben - während wir mit etwa drei rechneten! Das hat einen Zusammenhang: Als Band brauchst du eine Plattform, damit du an neue Leute aus der Region rankommst."
Angesprochen auf die Lancierung des neuen Logos "Luzern Rock City" kommt Ritschi ins Schwärmen und betont, wie wichtig es sei, dass eine gewisse Identifikation herrscht: "Ich finde es schön, dass man versucht ein Logo zu produzieren, mit dem man sich identifizieren kann und will - denn diese Stadt rockt! Man soll sich gegenseitig helfen, voneinander lernen, aber sich untereinander auch motivieren immer bessere Nummern abzuliefern." Denn auch eine gesunde Konkurrenz sei unabdingbar, wenn man neue Dinge kreieren will. Dazu gehört unter anderem, dass das Radio 3fach - in vielen Belangen Knotenpunkt der Luzerner Musikszene - nicht alles spielt, sondern dass es für die Band eine Ehre ist, dort gespielt zu werden.
Mehrmals im Konzert sprach der Singer/Songwriter von "der Band" - und man merkte, dass El Ritschi auch ein bisschen Jollys ist und umgekehrt. Die meisten Songs schreibe er gemeinsam mit der Band, so dass pro Jahr häufig nur ein neuer El-Ritschi-Song entstehe, erzählt mir der Engelberger. Manchmal wird auch einer seiner eigenen Songs von der Band aufgenommen, zuletzt geschehen mit "Rain Ride" auf dem Jollys-Album Electric Polka. Weiter stellt El Ritschi klar: "Priorität hat immer die Band - die Band gibt quasi vor, wann ich wieder ein neues El-Ritschi-Album aufnehmen kann." Auf ein solches muss man im Moment eben etwas warten. Vielleicht gerade wegen des eher geringen Outputs der Jollys dürfen sie dieses Jahr das 20-Jahr-Jubiläum feiern. Deshalb steht heuer wieder die Band im Vordergrund - sämtliches vergriffene Material wird neu herausgegeben, dazu soll noch ein Zusammenschnitt von Konzertaufnahmen und Videoclips auf DVD gepresst werden und Konzerte gibts auch wieder einige. Bei diesem gedrängten Zeitplan kann man verstehen, dass ein El-Ritschi-Album im Moment nicht erste Priorität hat. Trotzdem verspricht er mir als Abschluss des Gesprächs: "Sobald ich zehn neue, gute Songs habe, gibt es wieder ein Album." Gut Ding will halt sprichwörtlich Weile haben.