Estella Benedetti – zeigt die nackte Schulter

Text: Monthy
Bilder: Promo
Cover-Sujet des Benedetti-Albums und unseres Talks - die Schulter
Wenn man in der Bio von Estella Benedetti blättert, fällt einem bald einmal auf, dass die gute Frau, die heute als Sängerin glänzt, eigentlich hinter den Schlagzeugkübeln angefangen hat. "Ja, das habe ich von meinem Papi gelernt", verrät sie mir neckisch und fügt an, "ich habe auch schon einen Chor begleitet am Schlagzeug". Heute ist alles ein bisschen anders. Vor allem steht Estella in den Kegeln des Scheinwerferlichts und hat zu den Melodien gewechselt. Trotzdem hilft ihr der rhythmische Background auch heute noch. Estella: "Ich achte extrem auf den Groove. Schlagzeug und Bass, sprich die Rhythm-Section ist mir - neben dem Text - immer noch sehr wichtig. Ich mag ganz generell rhythmische Elemente in den Songs." Insbesondere als Songwriter könne man das schon auch steuern. "Ich kann dann beispielsweise selbst bestimmen, ob ich lieber auf den Schlag betone oder dahinter bleibe. Mit solchen Details, ob nun eher rhythmisch oder melodisch, gestalte ich meine Songs."
Estella macht sich auch am Klavier gut
Die Innerschweizerin inszeniert sich auf ihrem Album "Naked Soul" ein bisschen wie eine amerikanische Country-Lady, die auf der Suche nach dem Erfolg durchs Land tingelt. Abgesehen von unserer gegebenen Fokussierung auf Amerika, um die auch Estella nicht umhin kommt, ist das aber eher zufällig. "Ich höre natürlich auch amerikanische Musik. Aber mein Stil hat sich einfach so ergeben", meint sie und macht das mit ihrer nächsten Aussage erst recht glaubhaft: "Ich könnte mir das gar nicht vorstellen, weil ich einfach weniger der Zigeuner-Typ bin. Ich brauche meinen festen Boden unter den Füssen und meine Wurzeln, bin mehr die Sesshafte als die Weltenbummlerin." Ein Hang zur Weite gebe es also nur in ihren Songs schlussfolgere ich fragend. Estella: "Ja, ich denke, transportiere dieses Pompöse, Breite und Weite vor allem in meinen Liedern."
Estella im Profil
Weil ich vorhin den Vergleich mit einer Country-Sängerin anregte, muss ich nun ein bisschen vorbeugen. Nicht dass die Leute dann tatsächlich Country erwarten von Estella. Die Stile, mit denen sie spielt, sind aber vorwiegend schon sehr amerikanisch. Jazz, Blues, Funk bis hin zu Americana, das ihr selbst besonders gut gefällt. "Es fliesst alles ein bisschen mit ein. Auch dank meinem Gitarristen, der eher von der Rock-Seite her kommt.", erklärt sie ihren Stilmix. Grundsäztlich gibt es dabei zwei Grundformen. Eine ruhige, mehr jazzig angehauchte Seite, besonders geeignet für Balladen und zärtliche Stimmungen oder Estella als rockige Lady. "Mir gefällt beides ganz gut – mal dieses mehr, mal jenes", kann sie sich auch im Interview nicht für eine der beiden Seiten entscheiden. "Wenn ich total aufgedreht bin, brauche ich etwas, das mich ein bisschen runter holt, wenn es mir schlecht geht etwas aufbauendes – je nach Laune", resümiert Estella mit ihrer reichlich vorhandenen Weiblichkeit. Ob sie denn auch so schreibe – je nach Laune – oder ob sie sich mit Vorsatz hinsetzen und einen Song schreiben könne, will ich nun sofort wissen. Estella verneint und erklärt: "Die ersten markanten Worte sind oft die Basis eines Songs, den ich schreibe. Sie führen mich zu einer Melodie und einer Lyrik. Wenn mir dann aber beispielsweise kein Refrain einfällt, höre ich auf und mache an einem anderen Tag weiter."
Der American-Style wurde auch in den Promobildern berücksichtigt
Die Songs von "Naked Soul" haben Estella und Gitarrist Michael sehr kompakt erarbeitet: "Wir haben uns fünf gemeinsame Ferienwochen genommen und in dieser Zeit die Songs geschrieben. Zum Glück war der Sommer ja nicht besonders, da konnten wir getrost drinnen hocken und über den Stücken brüten. Zwischendurch sind wir schon mal in die Badi, haben aber sehr speditiv am Album gearbeitet. Wenn wir gemerkt haben, dass wir bei einem Song nicht weiter kommen, haben wir ihn zurück gelegt und an einem anderen weiter gewerkelt." Diese Arbeitsweise hat sich für die junge Innerschweizerin sehr bewährt. - "So konnten wir zum Beispiel Erkenntnisse eines Songs direkt im nächsten anwenden. Es hat sich für mich wirklich gelohnt, dran zu bleiben und diese Zeit intensiv zu nutzen." Im besten Fall sollte man das den Songs nun auch anhören, oder? Estella: "Ich weiss es ja selbst nicht. Ich denke, es hat einen roten Faden. Aber beurteilen müssen das nun andere…" Gemeint bin damit auch ich und zeige mich schon mal beeindruckt, dass Estella nicht einfach nur Songs geschrieben hat, sondern ein ganzes Album.
Noch mehr Bilder von Estella aktueller Promo gibts auf ihrer Homepage
Das Cover zeigt die hübsche Estella im Profil mit neckischer nackter Schulter. Zeigt sie damit an, dass sie viel Persönliches preis gibt auf der CD oder sind wir da wieder beim amerikanischen Prinzip Sex sells? Sie windet sich etwas: "Also Soul dürfte klar sein in Bezug auf den musikalsichen Inhalt. Beim 'Nackten' möchte ich doch betonen, dass es sich nur um die Schulter handelt dabei…" Und was für eine! Im Mittelpunkt steht Estella natürlich sowieso – als Sängerin und als Leaderin einer Band mit vier Männern. Die hält sie aber auf der Bühne an der langen Leine: "Bei uns gibt es auch viel Spontanes. Und dazu tragen die Musiker viel bei. Das gibt mir dann auch wieder etwas mehr Platz. Beim Titelsong 'Naked Soul' haben die Jungs zum Besipiel einfach weiter gespielt, als der Song eigentlich schon längst fertig war. Dann lasse ich sie einfach jammen. Ich dränge mich dahingehend gar nicht vor und könnte mir nicht vorstellen, eine gute Dynamik und Energie, die sich spontan entwickelt hat, abzubrechen weil der Song sonst zu lange dauern würde."
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