Paul Etterlin - Der beste Freund der Gitarren

18.1.2011; Text/Bilder: Monthychristo
Fühlte sich wohl auf dem Barhocker in Dietikon - Paul Etterlin
Wenn jemand mit einer Gitarre ein Lied vorträgt, empfinden ihn wohl die meisten als Sänger und Gitarrist. Und nicht umgekehrt als Gitarristen und Sänger. Bei Paul Etterlin aber ist diese Umdrehung fast ein Muss. Denn der Gitarrist Etterlin zeichnet für mittlerweile über 1200 Songs. Und wer ihn einmal kennt, der erkennt ihn auch wieder. Aber nicht überall wo Etterlin drin ist, steht auch Etterlin drauf. Manchmal steht da Angelheart, manchmal Bündnerflaisch, manchmal wird Paul auch nur irgendwo im Booklet erwähnt. Erst letzten Juni fand sein Name dann auch einmal exklusiv auf ein Cover, nämlich dasjenige seiner Soloplatte "Best Friend". Nach seinem kuzren, aber eindrücklichen Auftritt zum Auftakt der Showcases von Fettes Haus und Mixmax Music im Sounddock 14 in Dietikon nutzte ich die Gelgenheit nachzufragen, wie Paul selber das mit dem Gitarristen und dem Sänger sieht. Etterlin: "Bei mir ist das wirklich eigentlich umgekehrt zum Normalfall. Und den Sänger habe ich mir in der Not zur Tugend gemacht. Als ich damals anfing hatte es nämlich eine ganze Menge guter Gitarristen, aber nur wenige gute Sänger. Ich hatte das Glück, mit einigen dieser guten Sänger spielen zu dürfen. Aber manchmal waren die dann eben nicht da. Und die Songs wollten trotzdem gespielt und gesungen sein. Das war zwar schwierig, aber irgendjemand musste es tun. Also sang ich..." Den Leuten, die Paul Etterlin solo auf der Bühne erleben, dürfte das gar nicht einmal auffallen, werweisse ich mit Hinweis auf seine nicht zu unterschätzenden sängerischen Qualitäten. "Für mich selbst spielt es nicht wirklich eine Rolle, wie oder als was mich die Leute genau wahrnehmen", relativiert er das Ganze lächelnd.
Etterlin, der Freund der Gitarren
Eine ganz gewichtige Rolle spielt dagegen wie gesagt die Gitarre bei Paul Etterlin, aktuell die akustische. "Ich habe mich wirklich sehr ausführlich mit dieser Sparte Instrument befasst. Bei diesem akustischen Projekt spiele ich Sechssaitige, Zwölfsaitige, Mandoline, Nylon, Stahl - wirklich aller Gattung...", fasst er sein Werk kurz zusammen. Besonders erstaunlich finde ich, dass diese Gitarren für mich als Laie alle ziemlich ähnlich tönen, Paul der Experte sie aber fast magisch zu komponieren weiss. Die feinen Klänge liegen ja schon sehr nahe beieinander... - "Ich habe einfach zum Glück irgendwann angefangen, meine alten Gitarren nicht mehr wegzuwerfen oder zu verkaufen", rechtfertigt er sich beinahe, "ich habe wirklich auch sehr viele verschiedene Instrumente und das macht diese Vielfalt überhaupt erst möglich. Sie decken aber auch verschiedene Stimmungen ab, je nachdem wie sie gestimmt sind. Wenn ich nur eine Gitarre hätte, müsste ich sie immer wieder umstimmen." Es hat also alles auch ganz praktische Gründe, merke ich. Das zuvor verwendete Wort Projekt verriet eigentlich schon, dass Etterlin ansonsten auch ganz andere Töne von sich gibt. Woher kommt das Bedürfnis zum Sanften beim Soloprojekt? - "Von den drei Aspekten der Musik - also Rhythmus, Melodie und Harmonie - bin ich schon am meisten der Harmonie zugetan", offenbart er und führt seinen Gedanken aus, "Und zwar im musikalischen Sinne - der Mehrstimmigkeit. Sei dies beim Gesang oder bei den Gitarren oder den Songs als Ganzem." Muss man dafür eine sensible Seite haben? Und wie ist das überhaupt - kann man Rückschlüsse solcher Art von seiner Musik auf den Menschen dahinter überhaupt ziehen? - Paul orakelt: "Du hast die Feststellung vielleicht auch schon mal gemacht, dass viele Musiker, die sehr harte Musik machen, im Kern sehr weiche Menschen sind? Die harte Schale wird von ihnen einfach erwartet. Bezeichnenderweise haben viele Rockbands ihre grössten Hits mit herzerweichenden Balladen gehabt..." Da will ich ihm mal nicht widersprechen.
Paul bringt an ein reguläres Konzert bis zu 8 Gitarren mit!
An so ein Showcase zu kommen, in Pauls Fall zwar heute "nur" mit drei Gitarren - weil auch drei Songs - aber trotzdem praktisch den Aufwand eines Konzertes zu betreiben, lohnt sich das für einen Musiker überhaupt? - Etterlin: "Prinzipiell mache ich ja alles. Ob man nun anderthalb Stunden oder nur drei Songs, irgendwo ist es trotzdem immer eine Einheit. Mein Konzept dahinter steht genauso. Letztendlich lohnt sich das sowieso. Ich bin zudem neu in der Agentur und war schon nur deswegen top motiviert, hier zu spielen." Die Herausforderung wird mit der Anzahl Songs, die man spielt, auch nicht kleiner. Man muss sie ja trotzdem gut darbringen. "Das ist aber auch das Interessante an diesem Abend - es gibt kurze Darbietungen, aber dafür viele verschiedene", strahlt Paul der ja seinen Auftritt gerade erfolgreich absolviert hat und sogleich selbst zum interessierten Besucher wird. Wie alle Künstler stand auch er zuvor vor dem Problem, drei Songs zu erwählen, die einen kurzen Einblick in sein Schaffen verschaffen sollten. Ob das für ihn einfacher gewesen sei, weil sein Album schon seit einem halben Jahr draussen sei und er wohl wisse, wie die Leute auf diesen oder jenen Song reagieren würden? - Paul: "Ich hatte eigentlich vier vorbereitet. Deshalb wurde es dann doch noch schwierig, welchen ich nun wieder weglassen sollte. Den Titelsong wollte ich aber unbedingt machen und darüber hinaus die musikalische Vielfalt aufzeigen. Ich hätte auch drei Songs mit der gleichen Gitarre spielen können, wollte den Leuten aber signalisieren, dass ich mit verschiedenen Instrumenten unterwegs bin."
Die Mandoline - ein Highlight des kurzen Auftritts in Dietikon
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