Flava & Stevenson - die Undercover-Band
27.05.2013; Text: Monthy, Bilder: Promo
Nachdem Flava & Stevenson mit ihrer letzten Single "Good Times" die Top 10 geknackt und ihr zweites Album "White" erfolgreich lanciert haben, legen sie nun mit "Love a Paris" nach. Die Single ist omnipräsent am Radio und Fernsehen - genauso omnipräsent scheint Frankreich in der Dance-Musik. Ein paar aktuelle Beispiele wären Daft Punk oder national DJ Antoine mit seinen Hits "Welcome to St. Tropez" und ¨"Ma Chérie". Diesem Mythos huldigen nun auch die beiden Berner Shooting Stars und Brian "Stevenson" Aberwickreme meint auf meine Frage, ob das Land und sein Charme es ausmachen würden oder es um die Tradition Frankreichs hinsichtlich elektronischer Musik gehe: "...ein bisschen von beidem! Musikalisch hat es so ein bisschen mit David Guetta angefangen, der diese Welle angerissen hat. Paris ist aber vor allem die Stadt der Liebe und das war auch unser Hauptmotiv für ein Liebeslied, das vielleicht ein bisschen frischer ist als man es sonst kennt. Dass es nach Rio schon wieder eine Stadt ist, die das Thema liefert, ist Zufall." Genauso wie jegliche Ähnlichkeiten mit Antoine's "Ma Chérie" werfe ich schelmisch ein und ernte dafür ein Schmunzeln. Yves "Flava" Lendenmann versichert mir aber glaubhaft: "Wir haben im Studio mehrere Instrumente durchgespielt mit dieser Melodie. Wir haben es mit Saxofon probiert, auch mit Piano. Aber am authentischschten und passendsten war einfach dieses Akkordeon, an das ich halt bei Paris automatisch denke."
Kommt mein Eindruck vom Album dazu, das ich für äusserst abwechslungsreich halte. Ohrwürmer wechseln sich mit ziemlich heftigen Club-Tracks ab und das erfolgreiche DJ Duo experimentiert gerne und viel mit dem Klang ihrer Songs. Sofort gespürt habe ich dabei: Wenn sie was machen, dann gleich richtig! "Das war beim ersten Album noch nicht so ausgeprägt, weil wir damals zwei verschiedene gemacht haben - eines härter und eines kommerzieller.", führt Brian die Hintergründe von "White" aus, "Jetzt wollten wir das alles auf einem Album vereinen, weil das dann schliesslich auch erst unsere ganze Palette aufzeigt. Wir hören zwar sehr viel House und auch kommerzielle Sachen, spielen aber gerade live teilweise wesentlich härter und elektronischer auf. Das auszublenden auf dem Album hätte ganz einfach nicht der Wahrheit entsprochen." Dass es Leute geben wird, die das vielleicht nicht so goutieren, nehmen Flava & Stevenson gerne in Kauf, sagen sogar: "Das macht es interessanter." Und das stimmt nicht nur für die Musik sondern auch für den Act. In vielen Dingen funktionieren das DJ-Duo nämlich wie eine Band, spüre ich. So müssen sie - wie etwa vergleichsweise eine Rockband - Radio-Singles machen, weil ihre kompromisslosen Stücke dafür nicht geeignet sind.
Mit der Single "Good Time" haben die beiden erstmals die Top 10 der Charts geknackt. Das Gipfel-Fieber ist deshalb aber nicht ausgebrochen. Yves: "Wir hoffen natürlich immer darauf und würden nicht Nein sagen, wenn's einen Nummer 1 Hit gäbe. Aber wir sind gar nicht darauf verkrampft und wären auch nicht enttäuscht, wenn wir den Erfolg von 'Good Times' nicht wieder toppen würden. Für uns ist vor allem wichtig, dass wir uns selbst bleiben bei dem, was wir machen, dass wir vielseitig bleiben. Egal ob jetzt einer das kauft oder wie zuletzt 25-tausend, spielt für uns nicht wirklich eine Rolle." Die Aussage erstaunt in einem Sektor, in dem man nur an Chart-Peaks und -Wochen gemessen wird. Und dennoch glaube ich ihnen. Es scheint ihnen auch gar nicht recht, darauf reduziert zu werden. Brian gibt denn auch unumwunden zu, dass diese Buchhalterei, dem Vorurteil Dance-Musik sei oberflächlich, eigentlich nur Vorschub leistet. Ich nenne den ehemals als Techno bekannten Bereich den Smalltalk unter den Musikstilen. Brian: "Ich denke, das könnte auch durchaus belastend wirken. Die Gedanken, ob man wieder in so eine - erfolgreiche - Richtung stossen soll, macht man sich eben schon. Und auch, was wäre, wenn man eine schlechte Wahl treffen würde. Wenn wir aber solche Gedanken im Kopf hätten, könnten wir nicht frei neue Musik machen." Auf die Frage, ob sie sich denn als Musiker genügend ernst genommen fühlen, sagen Flava & Stevenson: "Wir glauben nicht, weil es in unserer Branche sehr viel Fake gibt. Die Anerkennung für selber gemachte Musik ist halt ungemein höher und bei uns gibt es nicht sehr viele, die mit eigenen Sachen antreten. Das kommt oft von irgend einem Produzenten aus einem Hinterzimmer."
Die Grenze zu als Kunst empfundener Musik oder einem eigentlichen Produkt - sei es nun fürs Radio oder für den Dancefloor verläuft irgendwo im Elektro-Bereich. Angefangen haben Yves und Brian übrigens mit Instrumenten, was vielleicht den Band-Charakter, der ihnen bis heute innewohnt, ein bisschen erklärt. Nervt es sie, dass sie da sozusagen wegen der Anlage ihrer Musik ausgegrenzt werden? - Yves hat sogar Verständnis: "Rock-Bands, die das von Hand einspielen, pflegen halt auch einen respektvolleren Umgang mit Musik. Man muss ihre Spur auch entsprechend mischen. Das ist etwas, dass wir immer gleich mitbestimmen..." Von einer Band, die eigentlich alle pubertierenden Emporkömmlinge gründen wollen, wurden Brian und Yves schleichend zum DJ-Duo. "Schon in der 9. Klasse haben wir uns für Studio-Equipment interessiert und erste Stücke angeschafft. Obwohl wir damals natürlich noch keine Ahnung hatten. Experimentieren war dabei schon immer wichtig für uns. Grenzen gibt es dabei nur in deinem Kopf. Dance ist auch ein äusserst offene Musikstil, der einem alles erlaubt. Das hat uns dann gepackt. Damals mussten wir zwei Jahre lang an den Plattenspielern üben, um überhaupt vor Publikum auflegen zu können. Es war Underground und überhaupt nicht Kommerz wie heute." Einen Zeitpunkt der Entscheidung habe es aber darin nicht gegeben, sondern es sei eben Step-by-Step gegangen.
Beim Gesang hatte ich mir notiert: vor allem (?) Features... Genau diesem eingeklammerten Fragezeichen will ich nun nachgehen. Er könnte ja auch singen, spreche ich Brian auf ein eher düsteres Kapitel seiner "Karriere" an. Als Jugendsünde führt er nämlich einen dritten Platz bei Musicstar auf, will darüber aber nicht mehr wirklich reden und ich auch nicht (Wer schon?) - trotzdem muss ich es eben erwähnen, weil Flava & Stevenson auch selbst singen könnten, es aber offenbar nicht tun. Über Bord geworfen habe er es aber auch wieder nicht, meint Brian schliesslich. "Ich mache sehr viel Undercover...", schmunzelt er geheimnissvoll, "So können sich dann zwar andere mit unseren Federn schmücken, aber ich finde das halt spannend. Ich singe immer noch sehr viel. Man muss aber meine Stimme schon sehr gut kennen, um das zu erkennen. Das muss auch nicht jeder wissen. Solche versteckten Features reizen uns - Daft Punk machen das übrigens auch sehr gerne. Als Sänger im Rampenlicht stehen möchte ich aber nicht mehr." Aus den Features von "White" stechen zwei Namen heraus, die gemeinsam in einem Song bei Flava & Stevenson antreten: Stress und Sido. Wie es dazu kam, erklärt Brian so: "Ein Kollege aus Zürich, der rappt, hatte mal ein Feature mit den beiden und fand, wir seien jetzt angesagt genug. Als hat er sie angefragt. Zuerst wollten wir etwas Neues machen - ging aber zeitlich nicht. Deshalb kam's dann zu diesem Remix. Der Song heisst DFG, also 'Dumm f... gut" und es geht halt dabei um den Ausgang - Sex, Drugs & House-Music, in dem Fall. Den haben wir dann remixed und heraus gekommen ist ein Song, der wirklich polarisiert."