The Fires - entbrannt für die 50er
Text/Bilder: Debi
Vor zwei JAhren tauchten sie scheinbar aus dem Nichts auf. Heute rocken The Fires auch die grösseren Bühnen. Nicht umsonst nennen sich Philipp "Phil" Erni (Voc, Drums), Andreas "Andy" Schellenberg (E-Bass) und Michael "Mike" Erni (Guitar) "Switzerland Youngest Rock'n'Roll and Blues Band": Ihre Alterskategorie - Phil (14), sein Bruder Mike (11) SChulkollege Andy (14) - lässt an eine Schülerband mit Jöh-Faktor, viel Charme und noch viel mehr falsche Töne glauben. Weit gefehlt: An Professionalität und Performance reichen sowohl Gleichaltrige als auch Feierabendbandmusiker das Wasser nicht.
Dass sie wirklich Feuer unter ihren Hintern haben, stellte das Trio am Country- und Truckerfestival in Interlaken unter Beweis, wo manch eingefleischter Biker am frühen Sonntagmorgen vor der Bühne dem authentischen 50er Jahre-Trio Beifall zollte, das musikalisch einige Bands hinter sich liess.
The Fires stammen aus Winkel, einem Dorf unweit des Klotener Flughafens, hier gehen die drei Jungmusiker zur Schule, treffen sich dreimal die Woche, um gemeinsam zu üben. "Vier STunden sind da keine Seltenheit", sagt Vater und Unternehmensberater Christoph Erni, der das Management der Band übernommen hat. In 24 Monaten hat sich das Trio so ein Repertoire von dreieinhalb Stundenerarbeitet.
Auf der Bühne wirken Mike, Andy und Phil, als wären sie mit dieser Musik geboren worden: Keine Bewegung scheint eingeübt, kein Wechsel allzu einstudiert. "Das kommt aus dem Bauch, ganz automatisch", sagt Mike. Musikalisch kommen die drei Jungs sehr nahe an die Originale, auch wenn sie die Stücke weit einspielen. Gölä-Bassist Peter Keiser coacht die drei. Das Rezept zum Erfolg? Tatsache sei, sagt Vater Christoph, dass die drei Jungen sich jetzt bereits grösstenteils selbst organisierten.
Mit den "alten Platten" von Mutter und Vater sind die drei aufgewachsen. E-Basser Andy spielte einst Waldhorn und Keyboards, wechselte dann aber an die Saiten. Was er kann, hat er sich selbst beigebracht "Er hat das absolute Musikgehör", sagen seine beiden Bandkumpels, "Andy kann jedes Instrument spielen." Im Vordergrund stand ursprünglich eine Familienband, die Boogie- und Bluesstücke spielen sollte. Die Mutter kriegte einen Bass, der Vater setzte sich an die Tasten. "Aber unsere Eltern haben zuwenig geübt", erzählt Mike. ALso suchte Bruder Phil nach Alternativen. Denn eine sei immer klar gewesen: "Wir wollten einfach Musik machen." Dann stiessen zwei Pianisten dazu, The Fires entstanden, spielten in erster Linie instrumental. Wenig später verlor die Band die beiden Neumitglieder an den Sport: Sie hätten sich dann doch mehr für Tennis interessiert, erzählt Phil.
Den ersten Auftritt legten sie zu dritt während eines Gottesdiensts hin. Phil klemmte sich hinters Mikrophon, "weil ich schon den Stimmbruch hatte", sagt er. Die Nachfrage stieg, erste Gangen flossen aufs Bandkonto, die Jungs investierten in Equipment. Im vergangenen Jahr spielten The Fires 36mal vor Publikum. "Es ist schon ein lässiges Gefühl, auf der Bühne zu stehen und den Rockstar zu spielen", sagt Phil.
Mit ihrer Leidenschaft stehen die Teenager unter Gleichaltrigen alleine auf weiter Flur. In ihren Träumen eingeschränkt habe sie dies aber nicht. Auch die Möglichkeit, auf modernere Musik zu setzen hätten sie nicht erwogen. "Nein", winkt Phil ab, "das kam für uns nicht in Frage. Der Rock'n'Roll bringt Freude am Spielen rüber. Jeder Stil hat seinen eigenen Drive." Und Mike findet: "Da kann jeder mitsingen."
Während des Konzerts in der Oberstufenschule hätten sogar die HipHopper mitgeswingt, sagt Phil. "Es ist auch die Musik unserer Generation. Der Rock'n'Roll lebt auf." Mike, der Bandjüngste, bedauert, "dass sie in der Primarschule noch nicht checken, was gute Musik ist". Seine Klassenkollegen fänden ihre Musik "total scheisse, weil keine Gewalt in den Liedern vorkommt."
Unter ihrer Leidenschaft leide nichts, beteuern die Nachwuchsmusiker. Die Aufgaben müssten immer vor den Auftritten erledigt sein - darauf hätten schon nur die eltern ein Auge -; dreimal pro Woche wird geübt, andere Hobbies pflegen sie nicht. Ihre Entschlossenheit widerspiegelt sich auch im Vorgehen der beiden 14- und des 11-Jährigen. Vor kurzem haben sie sich einen Bandbus gekauft; ein mattoranger Tourbus, der früher als Feuerwehrauto im Wallis im Einsatz stand. MAn stelle sich vor: Es dauert noch rund vier Jahre, ehe die beiden älteren Bandmitglieder sich selbst ans Steuer setzen können. "Jetzt haben wir wieder Schulden bei unserem Vater, die wir nach und nach abzahlen, aber das war es wert", sagt Phil.
Rock'n'Roll-Stars zu sein, ist den Fires zu wenig; Legenden wollen sie werden, sagt Mike, "à la Elvis." AUf jeden Fall aber Musik machen, die man auch noch hören will, wenn es The Fires längst nicht mehr gibt.