George ist und bleibt George
Tief in seinem Herz ist George immer noch George. Auch wenn momentan rund um den Frontmann sehr viel läuft, sei es mit einer Reportage im Sonntagsblick oder ganz privat in der Sendung Glanz und Gloria. Obschon er mit seiner Band schon zehn Jahre Musikgeschichte schreibt, scheint sich momentan jedermann und -frau für ihn zu interessieren. Denn die Seeländer haben es mit ihrer vierten CD „Buuregiel“ geschafft, sich bereits seit neun Wochen unter den ersten 30 in den Album-Charts zu platzieren. Schlagzeuger DeeDee versucht den plötzlichen Erfolg zu erklären: „Es ist einerseits unsere intensive und langjährige Arbeit. Aber auch die Zusammenarbeit mit dem Produzenten-Team Roman Camenzind und Fred Herrmann.“ Weiter erwähnt er auch das Office, das geniale Promo-Arbeit mache und die Plattenfirma Universal, die Gas gebe. Es seien verschiedene Faktoren, die es ausmachen, aber der genaue Grund sei eigentlich schwer zu definieren. Immer wenn eine Band, so eine professionelle Unterstützung zur Verfügung hat, stellt sich die Frage, wie viel von ihr selber überhaupt noch drinsteckt, wenn so viele Leute reinreden? „Auf die Texte haben sie überhaupt keinen Einfluss gehabt. Genau so, wie ich sie geschrieben habe, sind sie auf dem Album“, sagt George. Die Produzenten hätten gesagt: „He, es sind deine Songs, deine Texte – das bist du. Genau das wollen wir.“ DeeDee kann ihre Selbständigkeit auch musikalisch bestätigen: „Ich glaube, wir haben noch nie so viel unverändert übernommen, wie wir es selber erarbeitet haben.“ Die Bedenken vom Reinreden haben übrigens vorab auch die beiden Musiker gehabt. Doch sie haben sich anders belehren lassen und sind glücklich: „Es ist 100 Prozent George und das emotionalste Album.“
Die Musik von George hat bisweilen den Ruf, sie sei eher in der Sparte Schlager einzuordnen, als im Sektor Rock. Doch ihr Konzert am Brienzersee Rockfest ist den zahlreichen Besuchern sehr rockig eingefahren. Die Leute haben sich begeistern lassen und mitgemacht. Für den Sänger ist die Abgrenzung zwischen Schlager und Rock schwierig zu finden. Er erwähnt sofort seine Vorbilder: „Ich habe bei Wolfgang Petry oder Peter Maffay auch nie gewusst, wo sie hingehören.“ Auf der Bühne haben sie gerockt, und eigentlich seien sie mit Schlager bekannt geworden. „Schlussendlich muss die Musik gefallen, ob jetzt Schlager oder Rock, oder etwas zwischendrin, ich mag es eigentlich gar nicht so genau definieren“, fasst George zusammen. DeeDee gibt den Kritikern eine klare Anweisung: „Kommt uns doch einfach mal live schauen.“ Und mit einem Augenzwinkern erzählt er weiter: „Wieso nicht Schlager? Wir gehen ironisch mit dieser Einstufung um und witzeln selber darüber.“ Darum sind sie auch mächtig stolz, wenn sie heuer am Eidgenössischen Schwingfest auftreten können.
Auch auf „Buuregiel“ ist eine Cover-Version zu finden. Dieses Mal ist es „La mi d’Sunne gseh ufgah“, ursprünglich ein Lied von Georg Danzer. Nach „Rägetag am Meer“ von den Urvätern Polo und Hanery oder „Zrügg zu dier“ von Klaus und Klaus hat sich George auch dieses Mal einen speziellen Song, der ihm viel bedeutet, ausgewählt. „Ich bin seit je her Georg Danzer Fan“, outet er sich. Vor allem schätze er die Texte zu seiner Musik. „Das ist absolut ein Text, den ich auch selber schreiben könnte. Wenn ich einen Coversong aufnehme, ist für mich die Bedingung, dass die Worte auch von mir sein könnten, sonst ist es unecht und nicht George“, erklärt der Songschreiber weiter.
Ein Erfolgsgeheimnis von George ist, dass sie bei jedem Song – so unterschiedlich die Themen auch sind – die richtigen Emotionen mit einpacken und herüberbringen können. DeeDee erklärt: „Wenn wir einen Song erarbeiten, fragen wir uns sofort, was wir damit ausleben, und wie wir damit berühren wollen.“ Der Schlagzeuger erwähnt den Antirasser-Song „Sinnlos“. Beim Spielen könne er sich immer das Bild von der Unfallstelle mit den Blumen und Kerzen hervorholen. „Da wird mir bewusst, wie schnell es unnötigerweise vorbei sein kann. Da werde ich wütend, und genau dieses Gefühl lebe ich hinter dem Schlagzeug aus.“ Andere Songthemen sind feiner und sensibler. George erzählt nachdenklich eine andere wahre Geschichte zum Song „Dys Lache fählt“, der Fortsetzung von „Gib nid uf“ ab dem Album „Härz.“ Lieder, die eine Freundin der Band während ihrer unheilbaren Krankheit begleiten. George spielten an der Beerdigung. „‘Mit ‚Dys Lache fählt‘ musste ich die ganze Sache für mich verarbeiten. Ich spüre, dass sie im Himmel zuhört“, gesteht George. Trauer, Verzweiflung, Erlösung, aber auch die Hoffnung, dass es weitergeht - genau diese Gefühle sind in den Songs eingebettet und die spürt man.
George wäre nicht George ohne seine Musiker; ein Umstand, der mit dem aktuellen vergessen zu gehen droht. Die Plattenfirma will George als Einzelperson verkaufen. Und eigentlich wollten sie ihm auch Profimusiker für die Tour zur Verfügung stellen. Der Frontmann habe sich aber vehement dagegen gewehrt und gesagt: „Wir haben gemeinsam in zehn Jahren etwas aufgebaut, und ich will es unbedingt mit diesen Jungs weiterziehen.“ Darum stehen seine Jungs weiterhin mit ihm auf der Bühne, aber bei der CD-Aufnahme waren sie eigentlich nicht dabei. Über diese Situation haben sie innerhalb der Band lange diskutiert und entschieden, es so zu versuchen. DeeDee erklärt: „Für uns hat sich schon was verändert. Er steht im Rampenlicht, und wir weniger, als vorher. Es gibt Members, die froh sind darüber, andere weniger.“ Tatsache sei aber, dass sie die genau gleiche Band seien, wie vorher. „Wir machen grundsätzlich alles zusammen, entscheiden zusammen“, sagt DeeDee, und er weiss: „Genau dieser Erfolg ist nur in dieser Einheit möglich.“ Dieser langjährige Zusammenhalt in der gleichen Besetzung macht George in der Schweizer Musikszene irgendwie atypisch. „Wir haben so viele unterschiedliche Charakterzüge, haben zehn Jahre Krieg und Frieden gelebt. Genau das hat George zu dem gebracht, was es heute ist“, weiss DeeDee.
Übrigens hat es nicht nur Jungs in der Band, sondern auch die charmante und ausdrucksstarke Background Sängerin Regula Bauriedl. Sie ist als einzige nicht ein ganzes Jahrzehnt dabei, sondern erst eineinhalb Jahre. Ihren Part hält sie wunderschön bildlich fest. „Stell dir vor, George ist ein selber gebackener Schokoladenkuchen. Der ist schon so fein genug und absolut geniessbar. Ich bin aber die Glasur darauf. Die ist eigentlich nicht nötig, aber trotzdem schmeckt der Kuchen jetzt noch besser.“