Flower-Power mit Gianni Spano und Band

Text: Eve
Bilder: Monthy Christo
Flower-Power im Remise
Die Uraufführung von Hair fand am 17.Oktober 1967 in New York statt. Fast vierzig Jahre später durften Monthy und ich zur Premiere desselben Musicals, nur diesmal interpretiert von den Jugendlichen der Studio-Bühne Bern und begleitet von der Gianni Spano Band. Wie die Musiker zu "Hair" kamen, erklärt Keyboarder Yves Schmidt gerne. „Ich habe das Musical vor Jahren mal gesehen, hatte aber eigentlich keinen Bezug dazu. Doch vor wenigen Monaten hat mich das Theater Remise angefragt, ob ich nicht die musikalische Leitung für ihre Vorstellung übernehmen wolle.“ Eigentlich habe man ihm davon abgeraten, meint er lachend. Man hat ihm gesagt, es sei unmöglich umzusetzen. Aber das war genau die richtige Motivation für den Musiker. Er wollte beweisen, dass es doch machbar ist. „Mit der unglaublichen Zusammenarbeit aller Beteiligten haben wir dann tatsächlich das Unmögliche geschafft.“
Gianni siniert über Hair
Die Original-Musik zu "Hair" schrieb Galt MacDermot, ehemaliger Organist und Kirchenmusiker. Daher kommt es wohl auch, dass seine Kompositionen etwas kirchentonal klingen und die gesungenen Parts zwischendurch stark an gregorianische Choräle erinnern. Diese Klänge so umzusetzen, dass sie für die Rockbesetzung der Gianno Spano Band spielbar und für die Schauspieler singbar wurden war Yves` Aufgabe. Als er das erste Mal zur Probe kam, lies er die Jugendlichen erst einmal machen. Er wollte sehen, was sie schon alles können. Auf dem, was er da sah und hörte, konnten sie dann aufbauen. „Das war eigentlich nicht so ein Problem. Nur Dominik, unser Bassist, musste sich wahnsinnig dahinter setzen weil der Bass recht happig ist. "Hair" ist auch dazumal recht funky gewesen und ich denke wir haben das sehr gut umsetzen können. Die Gianni Spano Band kam wie vom Himmel für dieses Projekt. Jetzt ist ein sicherer Boden für die Jungen da, über den sie gut singen können.“
Blumenkinder
Die Aufführung im Remise ist nicht zu verwechseln mit einem Schülertheater, auch wenn die Darsteller noch sehr jung sind. Es wurde professionell, mit viel Schweiß und Herzblut gearbeitet. Die Geschichte spielt in den späten 60ern. Sie widerspiegelt die Unruhe der Jugendlichen, Protest gegen Krieg, Umweltverschmutzung, gesellschaftliche Hierarchien und Rassismus. Die Blumenkinder suchten Frieden, Freiheit und Harmonie. Den Jugendlichen der Studio-Bühne ist anzumerken, dass sie die Hippies von damals und ihre Botschaft verstehen, das Leid der Soldaten und die Verzweiflung der Veteranen begreifen und sich mit diesem Stück Zeitgeschichte auseinander gesetzt haben. Sie lassen Musik, Text, Tanz und Theater verschmelzen und Widersprüche deutlich werden. Aus einem Song: „Ging vor rund zweitausend Jahren Jesus nicht mit langen Haaren, und Maria liebte ihren Sohn – nur meine Mutter hasst mich.“ Ein Generationenkonflikt beruhend auf gegenseitigem Mangel an Verständnis und Toleranz.
-von Auflehnung und Rebellion-
"Hair" bringt den Zuschauern diese Zeit und ihre Probleme wieder nahe und lässt Parallelen zum Hier und Jetzt deutlich werden. Gianni: „Ich war damals, als 'Hair' herausgekommen ist sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Das war damals top aktuell und ich muss sagen, jetzt nach X-Jahren ist es immer noch genau so aktuell. Eben zeitlos. Was ich interessant finde ist, dass wir das mit sehr jungen Schauspielern und Sängern zwischen zwölf und achtzehn Jahren machen. Es ist emotional tief rührend, ein so altes Musical mit so jungen Leuten - die das zudem noch so gut singen und interpretieren - zu sehen. Das zeigt mir, dass diese Ideen und der Idealismus immer noch lebendig, immer noch aktuell sind.“ Eben diese jungen Leute zeigen eine wirklich gute Show auf dieser kleinen Bühne. Tolle Kostüme, wilde Tänze, tiefgehende Sketsche und schurkische Reden von Nixon und Johnson erzählen die Geschichte von Burger und seinen Freunden. Mutig gesungene Botschaften machen mir Gänsehaut und nicht wenige der Stimmen überraschen mit Talent und Qualität.
Musikalischer Leiter Yves Schmidt
In Songs, Texten und Tanzszenen stellen die Künstler das Lebensgefühl der Hippies und ihr Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse dar. Hoffnung und Erwartung auf ein neues Zeitalter, die Frage nach dem Sinn des Lebens und die Flucht in Drogen werden mit Bewegung, Gesang und Teils gesprochenen Sketschen vorgeführt. Es war eine Zeit der Auflehnung, der Veränderung. Als Reaktion auf die Brutalität und die Opfer des Vietnamkrieges kam es zu Protestmärschen. 1967 fand der Marsch auf Washington statt, an dem 1`000`000 Menschen teilnahmen, unter anderem auch Bertrand Castelli, der Regisseur von "Hair", der dafür ins Gefängnis musste. "Hair" war ein Aufruf, ein Schrei nach Veränderung. Das macht mich nachdenklich und ich frage mich, ob Musik denn wirklich etwas verändern kann. Sänger Gianni, der bei der Aufführung aufs Gitarren spielen reduziert ist, hat sich dazu auch schon Gedanken gemacht. „Das ist die ewige Frage. Das hat man schon Bob Dylan gefragt. Ich glaube, Musik kann etwas verändern, aber nicht direkt. Sie kann einfach dazu beitragen.“
Love and Peace
Natürlich gibt es unzählige Versionen des Musicals. Gianni: „Wir haben uns inspirieren lassen von der funkigeren Version, haben aber auch den rockigen Tatch, den wir sonst haben, hineingebracht. Ich glaube die Mischung ist nicht schlecht. Ist uns gut gelungen. Hair ist ein Seitensprung von uns. Es war mehr ein Zufall. Aber es waren alle begeistert von der Idee und wir fanden, es passt zu uns.“ Die Spano-Band macht ihre Sache großartig und auch die jungen Talente geben trotz Lampenfieber ihr Bestes und wachsen über sich hinaus. Sie begeistern mit stimm- und schauspielerischem Können, Tanz, Ideenreichtum und Kreativität. Wenn es auch für den "Hair"-Laien nicht ganz einfach ist, der Geschichte zu folgen, wer die Story kennt hat da keine Probleme. Empfehlenswert ist es jedenfalls für alle Musik- und Theaterfans. Weitere Vorstellungen finden jeweils am Mittwoch, Freitag und Samstag um 20.00, am Sonntag um 17.00 in Theater Remise in Bern statt. Die letzte Show ist am 20.5.2007. `Love, Peace and Happieness!`
soviel zu 'Hair'...
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