Gölä: "I bi ire huere komfortable Lag"
Text: Ko:L
Bilder: Debi/trespass-Archiv
«Weiter es Kafi oder es Bier?», ist Göläs erste Frage nach der Begrüssung. Die Antwort heisst «Kafi», der Blonde in Überhosen und T-Shirt verschwindet im Keller und kommt mit einem Bier für sich zurück. «Wasser isch über...», meint er und nimmt die beiden Jounalisten mit auf eine Runde um sein Haus in Faulensee. Seit zwei Jahren ist er damit beschäftigt, das Bauernhaus von Grund auf zu renovieren. Auf der Baustelle ist er praktisch immer allein. «Ussert wenis säuber nid cha - bim Dachschtueu oder für d´Chuchi si öppe no anger ume gsi». Dort, wo dereinst das Wohnzimmer eingerichtet wird, steht ein Gartentisch mit Bank und Stühlen. Aus der Ecke wärmt ein Cheminée-Feuer den Raum. «Schiess de chli öppis iche» und weg ist er wieder - den Krug mit dem heissen Kaffeewasser im Keller holen. Strom gibts noch nicht überall auf der Baustelle.
Bald dreht sich das Gespräch um die Musik, die Karriere und die CDs. «I mache hüt eigentlech z´genau gliche, wieni denn gmacht ha.» Wenn er von «denn» spricht, meint Gölä den Sommer 1998. Ende August erschien «Uf u dervo», das erste Mundartalbum des Feierabendmusikers, das er eigentlich für sich gemacht hatte, um eine Erinnerung an seine wilden Rock´n´Roll-Jahre zu haben. Denn Gölä war mittlerweile verheiratet und Vater. «I ha däicht, iz sigs verbii mit Rock´n´Roll», sagt er heute. Dass es anders kam, ist mittlerweile Geschichte. Im Sommer erschien «Uf u dervo», im August folgte der Einstieg in die Charts und am 18. Oktober 1998 erklomm der Büezer aus Oppligen erstmals die Spitze der Schweizer Albumhitparade. Erst fast ein Jahr später, am 1. August 1999, fiel «das bestverkaufte Demo der Welt», wie «Uf u dervo» heute in Musikerkreisen auch genannt wird, wieder aus den Top 10. Ganz aus den Charts verschwand «Uf u dervo» erst nach mehr als drei Jahren, im November 2001 - es hatte sowohl den Nachfolger «Wildi Ross», als auch das Live-Album «Volksmusig» überlebt.
«Nüt», lautet die Antwort auf die Frage, was er heute anders machen würde, wenn er zurück könnte, in jenen Sommer 1998. Trotz Querelen mit Band-Freunden und Misserfolg mit dem Versuch, unter dem Namen Burn mit englischen Songs eine Band zu lancieren. «Mir hei zäme Züg dörfe erläbe, wo süsch niemer erläbt het. Hey - mir hei zwöimau im usverchoufte Hauestadion gschpiut!», erzählt er. Aber glänzig werden die Augen dabei nicht. «I hange nid a Vergangenem. O nid a Lüt. I hange a niemerem!» Ausser Kinder, die seien unersetzlich. «Aber i bine Einzugänger worde - u das gniesseni wine More.» Gölä der Eigenbrötler. Gölä, der sein Haus im Alleingang umbaut - «D Frou cha de d´Iirichtig mache» -, Gölä, der gerne «z´Bärg» geht, Gölä, der Musik macht für sich selber. «I bi ire huere komfortable Laag», sagt der musizierende Büezer. Er habe sich ein Haus kaufen können, das er nun nach seinen eigenen Vorstellungen renoviere und er könne Musik machen, wann und wie er wolle.
Die aktuelle CD «Gimme a Band» entstand im letzten Frühsommer zusammen mit den Zwillingen Peter und Walter Keiser an Bass und Schlagzeug und den beiden Gitarristen John Woolroff und Ueli Bleuler in knapp einer Woche. Eigentlich sei nur ein 4-Track-Demo geplant gewesen. «Aber mir si scho nach zwe Tag fertig gsi.» Da habe man spontan entschieden: «Machemer haut grad es Aubum», erzählt Gölä und grinst. Ja, er geniesse es, seine Narrenfreiheit auszuleben. Zu glauben, Gölä mache jetzt einfach englische Songs, um die Leute zu ärgern oder um anders zu sein, wäre jedoch falsch. «Es tönt eifach geiler», meint er. Es ist auch kein Zufall, dass Gölä der jüngste Musiker innerhalb seiner aktuellen Formation ist. «I fahre im Momänt wider vou uf das aute Rock-Züg ab. Für mi isch aus Rock´n´Roll!» Er habe Leute für sein aktuelles Album gebraucht, die alt genug seien, um seine Ideen so umzusetzen, dass es authentisch klingt: Dieses Gefühl, dieser «Groove», der immer eine gewisse Rauheit mit sich bringt - als wärs vor dreissig Jahren aufgenommen. «Das chasch mit Mundart nid mache.» Dass diesen altbackenen Sound heute «niemer wott lose», sei ihm egal, «schliesslich machenis für mi.» Dass «Gimme a Band» zum Zeitpunkt des Gesprächs noch auf Platz 89 der Charts stand, versetzte ihn bloss in Staunen: «Was, i bi tatsächlech no nid dusse?»
An seine Mundartsongs hat Gölä andere Ansprüche als an die englischen. Im Moment habe er etwa sieben, acht brauchbare Songs in Mundart. «Das geit haut nid so schnäu. I cha ömu nid scho wider e Song überne Büezer schribe oder uf u dervo. Weisch, i ha ke Bock, mi z´widerhole.» Und dann berichtet er, dass seine Mundartsongs immer Geschichten aus seinem Leben erzählen. Und dass diese Songs, vor allem jene auf «Uf u dervo», über Jahre hinweg entstanden seien. «Hüt hani gar nüm soviu z´verzeue», sagt Gölä und lacht. Die simple Schlussfolgerung: Es gibt vorerst kein Mundartalbum. Vorerst - auch wenn er mal gesagt hat, mit Mundart sei endgültig Schluss. «Wi mängem isch scho d´Frou dervogloffe u när het er gseit, er wöu nie meh öppis mit Froue z´tüe ha u nach emene Jahr ligt er wider mit eire im Näscht?», fragt er. «So bini haut: I rede ohni z´däiche u ändere haut mini Meinig zwüschiche wider.» Dafür könne er jetzt in aller Ruhe versuchen, die selben Themen auch in Englisch umzusetzen, «u zwar eso, das es verhet». Er sei zwar weder als Gitarrist, noch als Sänger, noch als Autor englischer Texte ein Ass, «aber i hami o entwicklet sit denn». Und mit «denn» meint er dieses Mal die Zeit noch vor «Uf u dervo», als er zum Beispiel mit Blackwood eine CD aufgenommen hat, die er heute «grotteschlächt» findet...
Eher unwahrscheinlich ist da schon, dass Gölä noch je einmal auf eine Bühne stehen wird. «Nach de Konzärt isch es aube scho geil gsi», aber vor den Shows habe er Todesängste gelitten; auch nach den weit über 100 Konzerten, die er zwischen 1998 und 2002 gespielt hat. Souverän gespielt hat, versteht sich. «Das isch wie Flugangscht. Wede z´Ouschtralie achunsch, isches huere geil, aber bisde dert bisch... U das bringsch nid eifach wäg», sagt er. Aber es sei halt auch sein Job gewesen, diese Konzerte zu bestreiten, «u mi Job hani no geng guet probiert z´mache». Gölä bleibt eben Gölä. Die Mundartversion «Gibmer ä Bänd», die auf der Compilation «Z´beschte Mundartalbum 4» zu finden ist, habe er «für d´Hardcorefans» gemacht. Auch wenn er sagt, er hänge an niemandem - Menschen sind ihm wichtig. Und Träume. So träumt er heute davon, irgendwann einmal um die Welt zu segeln, oder im Alter, «we dr Chliin de duss isch», nach Kanada oder in den Norden auszuwandern. Halt doch «Uf u dervo». Gölä der Rastlose. Gölä, der macht, «wasmi grad tüecht.»