Gustav, grenzenlos!

8.8.2011/Text: Sandy, Bilder: Matthias Feusi
Wer auf der Homepage von Gustav herumstöbert, findet diverse Daten, Zahlen oder Zeitachsen. Daraus schliesse ich, dass der Freiburger nicht nur der Gewinner im „Kampf der Chöre“ ist, sondern wohl auch ein Statistiker ist. Deshalb ist es naheliegend das Interview am Brienzerseerockfestival mit einem Zahlenquiz zu starten.
Gustav live in Brienz
36? „Mein Alter“, verrät Gustav prompt. Upps, so indiskret wollte ich eigentlich nicht sein, aber wenn man(n) es schon preis gibt, erlaubt sich frau, dies auch niederzuschreiben. Schlagfertig deutet der Entertainer diese erste Zahl doch noch anders: „36 Songs hat es auf meinem neuen Album“! Damit punktet er zum ersten Mal. Bei der Zahl 14 wird er ratlos. Nein, diese Zahl, hat nichts mit dem Start in die Mofa-Karriere zu tun, sondern, dass ab dem Interview-Termin gerechnet, sein neues Werk in 14 Tagen erscheinen wird, nämlich am 19. August. Seine letzte CD wurde mit Zahlen benannt, mit drei 6, ergibt nach Adam Riese 666. Meine Vermutung wird trotzdem nicht unterstützt und Gustav outet sich, gar kein Zahlenmensch zu sein: „Absolut nicht!“ Er versucht aber doch noch eine Antwort für seinen Spleen zu finden: „Ich habe gerne Sachen, die durch die Zeilen zu lesen sind. Mit Zahlen kannst du auf jeden Fall sehr viel Symbolik transportieren. Die Bedeutung in den Zahlen oder auch in den Buchstaben faszinieren mich“, gesteht er weiter.
Gustav live in Brienz
Seit letztem November kennen nicht nur Musikfreaks Gustav, sondern jeder Fernseh-Schauer ist auf das Können des Chor-Kämpfers aufmerksam geworden. Seine fünfzehnjährige musikalische Karriere hat damit einen abrupten Aufstieg erfahren. Den Wunsch, seine Hits auch die aus der TV-Sendung zu verewigen, sei von allen Seiten gekommen. Genau das animierte ihn, seine Familie von CD-Werken zu vergrössern. Und schwups, wurde an der Entstehung gearbeitet, neun Monate lang ist das Werk dann gewachsen, dank einem unermüdlichen Herzblut-Einsatz und einer professionellen Produktion. Und jetzt steht planmässige die Geburt an. 9 - schon wieder eine Zahl, ob da auch eine Bedeutung dahinter ist? Fakt ist, dass das neue Werk schlicht und einfach „Gustav“ heissen wird, ohne komplizierten Zweitnamen.
Gustav live in Brienz
Es wäre nicht Gustav, wenn er einfach nur so ein gewöhnliches Album machen würde. Wenn denn schon, schon ein richtiges. Darum erscheint ein Werk mit zwei CD’s. Es werden also sogar Zwillinge erwartet, aber ganz klar nicht eineiige. „Eine CD ist für die, die meine Musik erst jetzt kaufen und eine ist für meine langjährigen Fans, die Neues von Gustav entdecken wollen“, sagt der Vater. Er gebe uns damit den Schlüssel für den Zugang zu seiner Musik. „Es ist das erste Werk, auf dem ich keine Geschichte erzähle, sondern es ist ein Sammelsurium, ohne Zusammenhang. Die beliebtesten Stücke wurden sogar live aufgenommen“, verrät Gustav weiter und entwickelt beim Erzählen schon verkaufstechnische Geschäftsgebaren.
Gustav live in Brienz
Die CD mit der Bezeichnung A heisst „Trésors“. Auf was der Buchstabe A hindeutet, hat sicher seinen Sinn, und ich überlasse es unseren phantasievollsten Lesern, das herauszufinden. Auf dieser Scheibe sind alle beliebtesten Songs von Gustav, zum Teil umgeschrieben. „Ich hasse 'Best of'-Alben“, sagt der Musiker prompt. „Ich wollte nicht die Lieder eins zu eins wiedergeben, das schmeckt zu fest nach Geldmacherei. Darum sind die Songs sehr subtil umgeschrieben worden“, verrät er weiter. „Ich will ein Bild abgeben, wie ich heute töne“, rechtfertigt sich der Freiburger weiter. Ein zwölfjähriger Song kann heute nicht gleich daher kommen, wie damals. Auch wurden Gitarrenparts mit der Ukulele ersetzt, Frauengesänge eingebaut und andere Finessen sind auch zu entdecken. Daraus gestaltet sich die aktuelle Visitenkarte von Gustav, mit neuem Logo einfach. „Trouvailles“ heisst die CD B. B steht für zweitrangig oder doch eher für besser..., ach lassen wir das...! Darauf sind Fundstücke, die bis jetzt nirgends ihren Platz gefunden haben. Ein Sammelstück mit viel Facettenreichtum. Jeder kann daraus heraus picken, was er will. Gustav ist stolz, uns seine einzigartigen Einzelstücke nun zu zeigen: „Ich mache schon fünfzehn Jahre Musik, bin eine Ewigkeiten unterwegs und da hat es immer wieder so Spinnereien gegeben.“ Er verrät, dass eine Rarität sogar ein Metal-Song sei. Auch mit Elektro-Zeugs habe er sich jetzt endlich auch ausgelebt.
Gustav live in Brienz
Vor fünf Jahres hat www.trespass.ch herausgefunden, dass die Vielseitigkeit von Gustav etwas mit einer Suche zu tun hat. Gustav hat sich als Suchender geoutet. Und jetzt? Still gesteht er, dass er sich damit abfinden musste sich nie finden zu können. „Ich bin musikalisch und übrigens auch privat immer auf der Suche“, sagt er. Zwar habe er immer herausfinden wollen, in welchem Stil, in welche Art, er sein Schaffen einpacken kann. Nun ist der Musiker zu folgendem Schluss gekommen: „Es gibt daraus eher ein Musenalp-Bild.“ Und er beschreibt es so: „Da ist einfach eine riesengrosse Matte voller Blumen und ich wäre doof, wenn ich nur von der einen Sorte pflücken würde, sei es von der Art her, der Farbe und der Grösse. Von allem was ich sehe, und was mir gefällt, nehme ich heraus und mache einen Strauss daraus – meine Musik eben. Das ist Gustav, ein kunterbunter Haufen aus Musikstilen, die mir gefallen.“ Dies sei eine Herausforderung auch für sein Publikum. „Ich habe mich fünfzehn Jahre lang erklären müssen, auch mir selber gegenüber“ gesteht Gustav und jetzt ist für ihn klar: „Nach den sechs Shows für den Kampf der Chöre haben alle gewusst, aha Gustav macht viel, ist vielseitig, spielt viele Instrumente.“ Mit einem Lachen im Gesicht, weiss er persönlich jetzt auch, wer er ist: „Nach dem Sieg habe ich gewusst, ich muss mich gar nicht verstellen, ich mache das, was ich will. So wie ich bin. Das ist meine Musik.“
Gustav live in Brienz
Heuer fand die 24. Ausgabe des Brienzerseerockfestivals statt. Seit jeher gibt es am Freitag nur Mundartmusik. Bis heute war dieser Abend ausschliesslich für die deutsche Sprache reserviert, heute wird es anders. Gustav sagt dazu: „Das finde ich schön, dass die Leute mal andere Wege gehen. Das Leben braucht gewisse Grenzüberschreitungen, sonst kommst du nicht weiter.“ Diese Lebensweisheit gelte doch auch für Festivals. Immer auf dem Altbewährten zu reiten, sei langweilig und verstaube auch mal. Gustav präsentiert in Brienz seine eigene Mundart, die vom Freiburger-Dialekt, zum Französisch oder eben auch zum Hochdeutsch überschnappt. 10 (was für eine Zahl!) Musiker und Musikerinnen stehen auf der Bühne. Genau das alles macht es aus, dass das Publikum hier in Brienz seine eigenen persönlichen Grenzen überschreitet und sich sogar der gustav'schen Herausforderung annimmt. Die Besucher lassen sich vom Bühnenspektakel mitreissen und fühlen sich plötzlich wie ein Bestandteil davon.
Copyright trespass.ch [br] Source: https:// https://www.trespass.ch/de/bands-a-z/g/gustav/gustav_grenzenlos.htm