The Gamebois: Verspielt am Gurten
„Das Gurtenfestival gehört zum Sommer der Berner“, beantwortet Fabio Friedli nach Gamebois-Gig, die Frage, wieso er den Anlass hier oben liebt. Der Burgdorfer steckt das musikalische Feld ihres Newcomer-Spiels ab. Er führt auch Regie über das Keyboard und alle andern elektronischen Regler. Darsteller des Gamebois-Projekts sind auf der Bühne fünf Musiker, in weiss gekleidet, und zwei Background-Sängerinnen in schwarz. Ihre Sonntagsvorstellung auf der Waldbühne des Gurtenfestivals passt zum endlich aufkommenden Sommerwetter. Statisten wagen es, sich ausserhalb des Spielfeldes, auf dem noch übrig gebliebenen Rasenteil hinzusetzen und so die fröhliche Stimmung zu konsumieren. Andere versuchen mitzutanzen, was im Schlamm nicht ganz einfach ist. Der Sound von The Gamebois beflügelt aber so, dass auch müde Füsse, wohlweislich bekleidet mit Stiefeln oder Wanderschuhen, sich auf diesem erschwerten Terrain plötzlich wie schwerelos bewegen können.
The Gamebois spielen gerne. Hier auf dem Gurten reizen sie das Wetter aus und ihr Gewinn ist prompt die Sonne. Sie erkämpfen sich mit Erfolg das Interesse der Leute und improvisieren immer wieder mit musikalischen Tönen. „Auch das Leben ist ein Spiel“, sagt der Sänger Ben‘jamin Kasongo, alias BJ. Er schmunzelt, weiss jedoch: „Man sollte aber nicht gleich mit allem spielen.“ Der Berner schreibt und singt die Texte. Auch Musik könne ein Spiel sein. BJ ist sich jedoch bewusst, dass auch dort Regeln gesetzt werden müssen, und man sich nicht grenzenlos „vermusizieren“ darf. Beide Musiker wirken auch während dem Gespräch verspielt und strahlen ihre Freude aus. „Ein Spiel muss in erster Linie Spass machen, und das sein, auf das man Lust hat - manchmal auch planlos“, fasst Fabio seine Bedeutung eines Spiels zusammen. Ehrlich stehen sie dazu, dass der Bandname eigentlich schon auf spielende Jungs hinweist. Nur sei ihnen ganz einfach ein Schreibfehler rein gerutscht. Der „i“ der eben ein „y“ sein sollte, gebe aber den schönen Nebeneffekt, dass man sich etwas überlegen muss dazu. So wirke der Name speziell, und das Copyright zum bekannten „Freizeitvertilger-Kasten“ sei damit auch umgangen. Sie gestehen aber, dass sie während der CD-Aufnahme mit diesem Ding gespielt haben, manche hören die Töne raus, andere nicht.
BJ hat sich noch nicht so lange in der Musikwelt verloren. Vorher spielte er erfolgreich mit dem runden Leder beim BSC Young Boys. Parallelen zwischen Fussball und Musik gebe es tatsächlich. „Es ist eine ähnlich lange Vorbereitungszeit auf einen gewissen Moment hin, wo du dann deine Leistung abliefern musst“, stellt der Jüngling fest und doppelt nach: „Es ist beides mit viel Spass verbunden. Einfach eine Leidenschaft, die von Herzen kommt.“ Auch Musikmachen sei ein Teamsport. BJ weiss, dass er ohne seine Band wie ein Stürmer ohne Mannschaft da stehen würde. Ohne den Schlagzeuger im Tor oder ohne Fabio als linker Flügel seien auch The Gamebois nicht brauchbar.
Das Zusammenfinden von BJ und Fabio ist, wie so oft, zufällig entstanden. Fabio hat sich vorerst mit Hip-Hop und Rap beschäftigt. „Jeder im pubertierenden Alter macht diese Art von Musik. Dann entwickelst du dich weiter“, beschreibt er das musikalische Herauswachsen aus den Flegeljahren. Irgendwann habe er Ben‘jamin mal eine CD mit modernen Instrumentalsongs zu gesteckt. Dieser beschäftigte sich aber erst damit, als er mit einem Bänderriss im Spital lag. Dort hat BJ seinen ersten Text geschrieben. Er möchte aber festhalten, dass dies das einzige Mal gewesen sei, dass er unter Medikamenten-Einflüssen textete…
Bei den Gamebois ist aber auch die Spielfreude und die musikalische Richtung einer anderen Schweizer Grösse spürbar: „Seven ist wichtig, weil er in der Schweiz den Musikstil pflegt, in dem wir uns auch bewegen“, sagt BJ zum Soul-Star und ergänzt: „Ich finde es gut, dass es jemand mit einer andern Sparte Musik als Mundart schafft, hier wirklich Erfolg zu haben.“ Fabios Augen leuchten, als ich einen weiteren Namen in die Runde werfe. „Ja, wir sind schon Lenny Kravitz Fans“, verrät er. BJ ruft dazwischen: „Extreme Fans!“ Lenny sei eines von vielen Vorbildern. Seine ersten drei Platten seinen für beiden Musiker wichtig. Auch ein Hauch von Michael Jackson wird von ihnen weitergetragen. Nicht nur musikalisch, sondern vor allem auch mit der einstudierten Tanzchoreographie und einem ähnlichen Kleider-Stil. BJ gesteht nachdenklich: „Ja, ich habe heute auf der Bühne tatsächlich an ihn gedacht.“ Er habe sich vorgestellt und gefragt: „Wie er sich wohl gefühlt hat, wenn er mit solch einer Überzeugung tanzte?“ Dieses Herzblut versucht der Hauptdarsteller von The Gamebois live auch auszuleben, aber immer gemischt mit einer Priese Selbstironie. Das rote und blaue Veston, welches BJ und Fabio über ihre weisen Hemden tragen, erinnert an das Outfit von Michael. Es sei aber nicht eine Nachahmung, sondern sei daraus entstanden, dass sie etwas Spezielles gesucht haben. Übrigens stammen diese farbigen Trachten aus Ungarn, aus dem achtzehnten Jahrhundert. Michael Jackson ist aber definitiv auch ein Idol der Jungs. „Ohne ihn und Bob Marley hätte ich nie Musik gemacht“, stellt BJ fest.
Mit ihrem Debütalbum „If I Ever“ haben The Gamebois vor einem Jahr bereits ziemlich Furore gemacht. Ihre Single-Auskopplung wird in den Radios gespielt und der Sieg bei M4Music kam zwar überraschend, aber nicht unverdient. Die beiden Spiel-Macher wissen, wie zu experimentieren und bleiben so vielfältig. Ihr neuer Song heisst „Left“ und beginnt mit einem Gitarren-Intro. Dieses kommt eher bluesig, als soulig daher. „Wir hören halt Blues, Jazz, Rock und Hip-Hop. Irgendwie fliesst alles in unsere Musik ein“, stellt Fabio fest. Für sie sei es wichtig, sich nicht nur auf etwas zu fixieren. „Wir sind wirre, kreative Köpfe, so gibt es immer etwas Neues“, weiss BJ. „Darum machen wir Musik. Andere würden Bilder malen oder ein Boot bauen“, erklärt der Künstler und schon philosophieren die Beiden, wie es sein würde, wenn sie Schiffsbauer wären.