Heidi macht happy
16.10.2012; Text/Bilder: Monthy
"Heidi macht happy - am meisten die Priska, oder?", beginne ich das Interview mit Heidi-Happy-Sängerin Priska Zemp ein bisschen flapsig und ernte dafür erstmal ein längere Studier-Phase meines Gegenübers, dann ein Kopfschütteln und die Gegenfrage: "Ist das eine Frage?". Ich erkläre mich. Seit ihrem Debut "Back together" scheint mir jedermann und -frau ins Schwärmen zu geraten, wenn sie den Namen Heidi Happy hören. Ihre Alben wurden allesamt erwartet und nach Release mit Lob überschüttet. Manche Band würde sich danach die Finger lecken. Also muss es doch einfach toll sein, diese Band ins Leben gerufen zu haben und also muss Heidi Priska doch glücklich machen. Oder stimmt diese Aussenwahrnehmung so eben doch nicht?
"Vielleicht nicht ganz. Aber es ist immer in meinem Sinn geloffen und so wie ich es mir erträumt habe. Ich habe mich bisher immer frei gefühlt, das machen zu können, was ich will. Das ist ein grosser Luxus und ich bin auch froh, dass dieses Gefühl nie abgeklungen ist.", sagt Priska nach meiner Vertiefung. Man muss das schon richtig einteilen können. Als Musiker bist du absolut hilflos hinsichtlich der Frage, ob etwas einschlägt oder nicht. Man kann dafür zwar viel machen, aber ob man das richtige macht, weiss man einfach nie. Priska bestätigt, fügt aber auch an: "Momentan hätten wir gerne ein paar Leute mehr an den Konzerten. Es ist für dieses Album auch noch etwas früh, um zu bilanzieren und zu sagen, ob es erfolgreicher sei als das letzte." Ich kontere, ersteres hätten wohl alle Musiker gern und nehme nicht unerfreut zur Kentnis, dass auch Heidi nicht über den Dingen steht.
Als ich den Namen erstmals hörte, dachte ich noch so: "Jööööö....!" Mittlerweile fasziniert mich aber die Eingängigkeit gerade des Namens ziemlich und dass er vielleicht sogar nicht ganz unschuldig am Erfolg des Projekts ist. "Es wäre schön, wenn der Name etwas Positives auslöst", bleibt Priska vage. Denn: "Er kommt ja längst nicht bei allen gut an und hat auch schon Aggressionen ausgelöst." Konkretisieren will sie das zwar nicht allzu sehr, fügt aber an, dass es Leute gebe, die den Namen ganz schlimm fänden. Provokativ ist diese Mischung aus Nationalheiligtum und Lächeln tatsächlich. In der Hinsicht könnten also sogar harte Rocker etwas von Priska lernen.
Normalerweise merkt man - jedenfalls ich nach über 12 Jahren - wenn jemand Geld in die Hand nimmt, um ein Produkt zu pushen. Bei Heidi Happy hatte ich dieses Gefühl aber nie. Dazu passt auch eine Aussage von Priska, die ich irgendwann mal aufgeschnappt hatte. Sie müsse einfach sich selber sein. Der Tonfall, in welchem sie jetzt ein gedehntes "Nein" ertönen lässt, nimmt mir die letzten eigentlich nicht vorhandenen Zweifel. Priska: "Eigentlich entscheide ich alles. Manchmal lasse ich mich vom Vertrieb ein wenig beraten. Aber ich habe niemand, der mir sagt, welcher Song aufs Album kommt. Auch der Name ist von mir und was ich daraus mache. Schön finde ich vor allem, dass ich rund um diesen Namen eine eigene Welt aufbauen kann, was mir als Priska Zemp irgendwie schwerer fallen würde."
Diese Bühnenfigur ist trotz ihrem Namen aber nicht einfach eine Märchenfigur, die in ihrer heilen Welt den ganzen Tag lächelt und sich die Haare fönt. "Ich habe ja viele Songs, die überhaupt nichts mit Glück und Glücklich-Sein zu tun haben. Negatives drückt bei mir immer durch, auch wenn ich diese Heidi-Figur bin. Das Positive soll einfach überwiegen. Aber ich kann viel Negatives durch meine traurigen Songs loswerden und verarbeiten." Und das Konzept funktioniert, wie ich auch bereits in einem Interview von Priska gelesen habe. Sie wird ihre Sorgen und Ängste tatsächlich los, indem sie Songs darüber schreibt. "Ja", bestätigt sie mir, dass die Welt dadurch ein bisschen besser werden könne, "Es braucht zwar meistens noch den Prozess des Vorspielens oder ich muss noch ein Video dazu machen. Aber schon während dem Schreiben werde ich viele Sorgen los, weil ich bereits dort Positives mit hinein nehme oder es ironisch sehe. Durch die Beschäftigung mit dem, was mich belastet, stelle ich meistens schon fest, dass es eigentlich gar nicht so schlimm ist." Das nennt man dann wohl seinen Frieden machen, mit dem, was einen hindert.
Auf der Bühne des Grand-Hotels Kronenhof in Pontresina, wo Heidi Happy im Rahmen des Voices on Top Festivals aufspielte, gibt es sowieso nicht allzu viel Platz. Beim Soundcheck, den ich beobachten durfte, viel mir auf, dass das auch daran liegen könnte, dass Priska und ihre vier Musiker viele kleine Gadgets wie Xylophone dabei haben. Priska: "Wir haben definitiv zu viele Instrumente. Das könnten wir zwar reduzieren, aber viele dieser Sounds sind uns zu wichtig oder auch zu witzig." Und sie elektornisch einzubringen - Heidi Happy hat ja einen Keyboarder - kommt nicht in Frage. "Das ist nicht dasselbe", macht Priska klar. Sie, die mit klassischer Musik schon im Elternhaus in Berührung kam, hat eben auch einen Hang zum Orchester. Und so eines hat sie sich mit ihrer Band in Miniatur irgendwie erschaffen. "Das hat was", gibt die Innerschweizerin zu, "Beim letzten Programm war das ziemlich krass. Da haben wir die Orchester-Ideen, die ich hatte, auf die kleine Band herunter gebrochen. Das jetzige Album ist vielleicht mehr Kontrastprogramm. Da haben wir vieles zu zweit erarbeitet und dann auf fünf Leute aufgeblasen."
Heidi Happy macht deswegen aber noch lange keine Kammermusik. Es ist sogar ganz erstaunlich, wie sehr das ruhige Heidi auf der Bühne aus sich herauskommt. Ob sie dabei gegen Ende eines Songs plötzlich fast ins Kreischen verfällt oder einfach zum Gitarrenspiel und dem Gesang auch noch auf dem Xylophon herum hämmert, ist dabei egal. Bei drei Dingen gleichzeitig reden wir jedenfalls von Multitasking, obwohl Priska einschränkt: "Meistens greife ich ja gegen Ende der Songs zu den Sticks. Da muss ich nicht mehr unbedingt Text singen, sondern oft nur noch Töne und Melodie. Dann geht das schon." Und genau das hat mich abschliessend auch noch interessiert - läuft da beim Singen ein Film ab oder ist es mit aktivem Denken verbunden? - Priska: "Meistens versuche ich mich in die Welt hinein zu versetzen, in der ich den Song auch geschrieben habe."