Heinrich Müller gibt seine Emotionen musikalisch preis

Text: Sandy
Bilder: Musicbild.li
bekanntes Gesicht - unübliches Instrumentarium
„Der Mensch Heiri Müller ist der gleiche, wie der in der Tagesschau“, sagt er nach seinem Konzert am Thunfest. Zahlreiche Fans umringen ihn, um von ihm persönlich Autogrammkarten oder CDs zu ergattern. Es stellt sich die Frage, welchen Heinrich diese Leute suchen, den charmanten Fernsehmoderator, den Musiker oder einfach den Menschen. „Als Tagesschausprecher darfst du deine persönlichen Emotionen nicht über die Zuschauer stülpen“, erklärt Heinrich den Unterschied zum Musikmachen. „Ich versuchte immer, die Gratwanderung zu finden: Den Weg zwischen Intellektuellem, Analytischem und Emotionalem. Ohne das geht es auch in einer Tagesschau nicht“, sagt der TV-Pensionär. Das Tagesgeschehen, das man dort erzählt, könne sowieso nur Schamröte oder Tränen hervorrufen. Die Erlebisse aus dieser Ära nehmen auch Einfluss in die Liedertexte von Müller. Er könne sich sehr gut vorstellen, sogar mal einen Tagesschau-Rap zu machen. Als Musiker auf der Bühne sieht Heinrich nun seine Zuschauer, was vorher im Fernsehstudio nicht der Fall war. Aufgefallen am Konzert in Thun ist, dass er während einer instrumentalen Einlage zum Publikum geht und Hände schüttelt. Das mache er seit seinem ersten Konzert. „Mir geht es darum, dass wir einen Art Kontakt bekommen. Ich will so den Bildschirm zertrümmern. Den soll es nicht mehr geben, weder für mich, noch für die Zuhörer“, erklärt der Musiker, der tatsächlich Westernstiefel trägt.
Afrika - hat nicht nur in Müllers Musik einen festen Platz
Heinrich Müller hat Wurzeln und auch einen Teil seines Herzens in Afrika. Er arbeitete lange Zeit in Nigeria und seine Frau kommt von dort. Der Musiker lässt diese Gefühle auch in seine Songs einfliessen. Den ersten Live-Schritt habe er mit dem Perkussionisten Mark Brazil gemacht. Er ist neu auf der Bühne und zu seiner Sammlung gehören natürlich auch afrikanische Taktinstrumente. Heinrich selber spiele auch sehr gerne Trommel. „Ich kann mir gut vorstellen, dass man mich auch bald an einem solchen Instrument sieht“, verrät er. „Es ist eine Belebung des Auftritts.“ Das afrikanische Element sei sowohl auf seiner ersten Platte und auch auf der zweiten CD enthalten. Auf dem ersten Album habe er das Schlusslied mit dem Titel „Letter from Africa“ darauf. Dieser Song sei von Grund auf Afrikanisch, mit einem europäischen Sänger zwar. Und das findet Heinrich auch spannend. „Ich will beim Musikmachen nicht Afrikaner sein, überhaupt nicht. Ich bin auch nicht Bruce Springsteen oder ein andere Sänger. Es muss einfach aus mir selber herauskommen.“
Heinrich Müller und Band am Thunfest 2007
Die Musik wird in Afrika anders gelebt als bei uns. Heinrich Müller erzählt dazu: „In Afrika sind die Leuten tanzbereit, sie trommeln auch gerne. Nicht so wie es hier am Thunfest ist, wo zig tausend Leute dasitzen, aufmerksam zuhören, manchmal auch mitklatschen, aber nicht wirklich aufstehen und mittanzen. Das kann man sich in Afrika gar nicht vorstellen.“ Es sei durchaus möglich, dass die Leute die Musik dort mehr schätzen, weil sie nicht viele andere Konsumgüter haben. Heinrich erkennt aber noch etwas anderes: „Ich habe das Gefühl, es ist wirklich ganz eine andere Konstellation. Wir sind in unserem ganzen Ablauf sehr terminiert. Und unsere Gefühlswelt erwärmt sich nicht sofort. Es braucht seine Zeit, bis sich die Menschen wirklich wohl fühlen und aus sich herauskommen.“ In Afrika gehe das viel schneller. „Ich habe das herrliche Erlebnis, dass meine Familie dort - meine Grosskinder und alle die dazugehören - alle haben den Plausch an meiner Musik und zwar echt und ehrlich“, schwärmt er. Und das finde er auch toll. Trotz der grossen Vielfalt der afrikanischen Musik lieben sie auch die europäische.
Das Mikrofon gehört zu ihm wie das Kreuz zur Schweizer Flagge - Mr. Tagesschau
Der Musiker inspiriert sich nicht nur in Afrika sondern auch in Amerika. Seine erste Platte „Footsteps“ habe er in Nashville aufgenommen, zusammen mit hervorragenden Musikern aus England, die in den Staaten leben. Das sei halt ein guter Ort für Rockmusik. Darum kommen viele auf die Idee, dass er Country mache. Seine weiche Stimme gebe vielleicht auch einen Anstoss daran. Heinrich betont aber: „Es ist keine Country-Musik. Was auch immer es ist, ob Rock, Blues, einwenig Pop, ein bisschen Country - es ist einfach der Heiri-Müller-Stil.“ Beim Hören seiner aktuellen CD „Chain of Pearls“ spürt man eine gewisse Wehmut. „Das ist sicher richtig“, gibt der Musiker zu und sagt: „Bei meiner Musik solltest du immer ein wenig traurig sein.“ Mit ihr muss man sich auseinandersetzen und kann sie nicht einfach so beiläufig hören. „Ich habe eine melancholische Ader. Die habe ich immer schon gehabt. Und in meinen Liedern geht es sehr viel um Abschied“, verrät Heinrich. Da sei ein Song über den Bahnhof, wo man sich trifft, ade sagt, und die Uhr dort immer unter dem Moto läuft: „,Ticks away the time“. Er erwähnt auch das Lied „TV Queen“. Da gehe es zwar nicht unbedingt um Abschied, aber um etwas Unerreichbares. Ein Zuschauer, der eine Fernsehmoderation anhimmle und im Grunde genommen ist er sehr traurig. Er könne die Frau ja nicht erreichen und trotzdem klammere er sich an die Liebe, welche er da entwickle. „Wenn man meine Lieder richtig studiert und den Hintergrund anschaut, haben sie durchaus einen tieferen Sinn“, gibt er zu.
Nicht Country - Heiri: 'Was immer es auch ist, es ist nicht Country!'
Heinrich präsentiert sich auf dem Booklet seiner CD „Chain of Pearls“ in einem grünen Shirt. Auch grüne Blätter sind auf dem Cover zu sehen. „Ich finde grün eine sehr schöne Farbe. Und wir leben heute in einem grünen Zeitalter“, sagt er dazu und versucht seine Aussage zu erklären: „Die Zeit ist nicht goldig, nicht silbrig - sondern grün.“ Er glaube daran, dass wir heute auch politisch vermehrt grün denken müssen. Für ihn persönlich sei es durchaus auch eine Manifestation. „Wir haben damals das Cover-Foto an einem See gemacht - in der Natur. Und da hat grün sowieso gepasst“, begründet er weiter. Hoffnung und ein indirektes Engagement stelle die Farbe dar. “Mit der Musik kann ich mehr machen, als aus Tagesschaumoderator. Weil es tiefer in das Herz geht“, sagt die prominente Persönlichkeit. Die Perlenkette als CD-Titel sei eine Anspielung auf den Song „Swiss Girls“, dort komme sie im Text vor. Der Jodel in diesem Stück reihe sich auch wie eine Kette aneinander. Und die dritte Erklärung zu seinem CD-Titel ist die offensichtlichste: „Jedes einzelne Lied ist eine Perle.“
Viel Spass auf der Thuner Bühne mit Heiri Müller und Band
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