Hello, my name is Housi Wittlin, I play Rock 'n' Roll Guitar

Text/Bilder: Eve
Housi vor dem Konzert
Eigentlich kannte ich von Housi Wittlin nur seinen Mundartrock und die humoristischen Lumpenlieder. Trotzdem, oder gerade deshalb, wollte ich unbedingt zu seinem Gig mit den Repeatles in der Mühli Hunziken, bei dem vorwiegend Coverstücke, Rock aus den Sechzigerjahren zum Besten gegeben wurden. Das Konzert war ausverkauft und die Mühli platzte fast aus den Nähten. Aber mein Platz war reserviert und ich konnte mit Housi noch vor dem Auftritt etwas plaudern. Da es zu seiner Person im Internet nicht viel zu lesen gibt, bitte ich ihn, sich kurz vorzustellen. Mit seiner Gitarre auf den Knien gibt der leicht eigenbrötlerische Musiker Auskunft: „Das ist schwierig, was du da willst… Also, ich bin geboren am 19. August 1947 im Viktoriaspital in Bern. Ich habe die Primarschule gemacht und mein Vater ist gestorben, als ich Sechs war. Danach flog ich von der Schule weil ich lange krank war und bin dann aus jeder Schule hinausgeflogen. Habe dann aber doch alles wieder aufgeholt... Es hat mich aber einfach etwas einzelgängerisch gemacht, dass ich so lange im Bett war.“ Das sei auch der Grund dafür, dass er nie in einer festen Band war, ausser bei den Repeatles und das seit etwa sieben Jahren.
...beim Konzert...
Klar ist mir bewusst, dass Housi meist allein oder als Gastmusiker, zum Beispiel bei Span oder den Black Lions, auftritt und eigentlich keine eigene Band hat. Auf meine Vermutung hin, das die Repeatles seine Band sei, belehrt mich Housi eines Besseren: „Die Rolling Stones gehören auch nicht Ron Wood oder? Chefs in dem Sinne haben wir nicht. Das Repertoire der Repeatles macht der Stöffu mit dem Sam, also Bassist und Schlagzeuger. The Fabulous Backbeats ist auch eine Band von ihnen. Aber wir sind beständiger, wir haben immer die gleichen Leute... Weil wir schon alt sind, alte Männer die nicht mehr soviel wechseln... ausser Sam, der ist erst 45...“ Seinen Platz in der Szene beschreibt mir Housi folgendermassen: „Ich bin ein Aussenseiter, eigentlich nicht wirklich irgendwo dabei, hatte nie den grossen Erfolg. Ich war zwar auf 'S bescht Mundart Album wos git' von Emi und auf Matterrock, da habe ich sogar eine Platinscheibe zu Hause, aber von mir selber ist nichts richtig gross herausgekommen. Aber ich weiss auch wieso: Es ist einfach zu wenig gut. Vielleicht kommt’s noch...“ Faszinierend finde ich, wie Housi es schafft in seinen Mundartliedern Witz und Verzweiflung zu komprimieren. Woher er das nimmt, ist simpel. „Ich nehme das aus dem Yin & Yang, könnte ich sagen oder aus der Dualität. Das haben wir ja im Westen auch das Dualitätsprinzip. Plus-Minus, nur bei uns heisst es eher entweder/oder und bei anderen Kulturen heisst es: sowohl als auch.“
Ein Bild an Pesches Fotowand
Gerüchten zufolge war Housi Wittlin der Erste, der mit Gitarre und Verstärker Berns Strassen unsicher gemacht haben soll. Das dies kein Gerede ist, sondern den Tatsachen entspricht, erfahre ich im Talk. „Ganz am Anfang noch ohne Verstärker und mit akustischer Gitarre und Mundharmonikagestell. Das habe ich gemacht, weil ich einfach zu den Leuten wollte und nicht allein im Kämmerchen spielen. Das will jeder Musiker, jeder Künstler – hinaus zu den Menschen...“ Ich kann mir gut vorstellen, dass einige Passanten leicht verwirrt waren, wenn Housi, Aussenseiter und Rebell mit langen Haaren und farbigen Kleidern, einfach da stand und Musik machte. „Klar, ich war ein Hippie, natürlich!“, erzählt er lachend „Ziemlich verdutzt haben sie gekuckt, sind an mir vorbeigelaufen. Kurzer, scheuer Blick, dann sofort wieder geradeaus und weitergelaufen, sind sie. Irgendwann, später einmal sind sie dann rund um mich stehen geblieben. Einer wollte mir mal Geld geben und da war ich selber überrumpelt. Ich habe ihm die Gitarre mit dem Loch hingehalten, und da hat er das Geld hineinwerfen können. Und dann haben das mehrere gemacht, so dass ich danach in der Pause - das Plektrum ist auch immer drin gelandet - die Gitarre ausschütteln konnte bis das Kleingeld herauskam...“
The Repeatles
Beim Konzert klangen die heissesten Rocknummern der Fünfziger und Sechziger von den Beatles, Chuck Berry, den Stones, Elvis und so weiter. Ich bin neugierig zu erfahren, wo sich Housi mehr zu Hause fühlt, da oder in seinen Mundartsachen. „Mundart habe ich hauptsächlich wegen der Aufmerksamkeit des Publikums gemacht. Die hatte ich natürlich eher, wenn ich Berndeutsch gesungen habe. Ich habe so sie Leute direkt ansprechen können. Aber fürs einfach so Musik machen sind mir die englischen Lieder, die englische Sprache, näher. Zum singen fägt das einfach mehr. Ich habe ja auch selber englische Songs gemacht. Wenn ich jetzt für mich improvisiere, dann vor allem englisch. Das ist die Sprache vom Rock ’n’ Roll!“
Rock aus den Sechzigern
In seinem Song ‚Glück im Spiu’ singt er von einem ziemlich misslungenen Konzert. Ob das auf Tatsachen beruht will ich wissen. „Neinein, das ist nie wirklich passiert. Das schlimmste Konzert kommt mir jetzt gerade nicht in den Sinn. Aber das war sicher so schlimm, dass ich es gerne vergessen habe.“ In einem E-Mail nach diesem Abend schreibt mir Housi: „Tschou Eve. Du hast mich am 24.11.06 in der Mühli nach meinem schlimmsten Bühnenerlebnis gefragt und ich wusste grad nicht, was. Jetzt wüsste ich was: Du hast ja selber gesehen, wie es ist, wenn sich der Verstärker mitten im Konzert verabschiedet. Einfach nur peinlich! (Oder war es inszeniert?) Ich hab den Schock überwunden.“ So schlimm war der Schock glaube ich nicht. Housi hat ganz cool den kleinen Bruder des Verstärkers aus dem Backstagebereich geholt, mir zugeblinzelt und gesagt: „Das isch grad wi früecher...“ und hat weitergespielt als ob nichts passiert wäre. Mehr als zwei Stunden und viel gute Musik später wurde aus Chuck Berrys ‘go Jonny go’ - ‘Tschou zäme tschou’ und viele zufriedene Besucher machten sich auf den Heimweg.
Musiker aus den Vierzigern
Zitat zum Schluss: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold und Todschweigen ist Blech. Diese Worte gelten für mich nach wie vor.“
Housi im Element
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