Sophie Hunger – Monday's Ghost (Gentlemen Records)
Text: Silu
Bild: Cover
Was hat sie nicht schon alles über sich lesen dürfen? Sie habe das Songwriting auf moderne und zugleich traditionelle Weise neu erfunden. Irgendwo zwischen Norah Jones und Cat Power sei sie anzusiedeln. Am diesjährigen Jazz-Festival Montreux habe sie sich auf Augenhöhe mit internationalen Grössen im Musikgeschäft bewegt. Lorbeeren, wohin sie nur schreitet. Dabei ist Sophie Hunger erst 25 Jahre und ein Album alt – wobei sich das zweite in diesen Tagen dazu gesellt. Auf „Monday’s Ghost“ zeigt sich die junge Sängerin von ihrer zerbrechlichen, zurückhaltenden Seite. Sie bittet den grossen Stephan Eicher zum Duett. Und sie fährt die Krallen aus, macht das, was sie am besten kann: Sie verschmelzt Tradition mit Moderne. Doch der Reihe nach. Denn den Einstieg in ihr neues Album gestaltet sie sanft und ruhig, mit den folkigen Stücken „Shape“ und „This Boat Is Full“ legt sie los. Auch das auf hochdeutsch gesungene “Walzer für Niemand” bohrt sich gemächlich, aber eindringlich unter die Haut. Dafür entlädt sie auf dem „Sophie Hunger Blues“ ein erstes Mal die Wut, die sich in ihr angestaut hat. Als ob sie ein Gedicht rezitieren möchte, hämmert sie ihre Botschaften mit Nachdruck ein. Aber erst auf dem Titeltrack brechen alle Dämme, Sophie Hunger schreit, faucht, tobt und wütet. Sie lässt sich von der begleitenden Musik mitreissen und treibt diese selber an – ein gegenseitiges Aufwiegeln. Nur gut, findet sie auf „Spiegelbild“ wieder einen Weg aus dieser Wut. Gemeinsam mit Stephan Eicher sorgt sie auf dem einzigen, in Schweizerdeutsch aufgenommenen Song auf dem Album, für eine peinlich berührende Stimmung, wenn sie singt: „Min Dokter seid, chum leg de Mantel ab. Und ich säg: Aber drunder han ich nüüt. Min Dokter seid, chum leg de Mantel ab. Und ich säg: Aber drunder bini nüüt.“ Bleibt noch die Tradition. Die kommt im Mittelteil von „Rise And Fall“ zum Vorschein, wenn sie das Guggisberglied in ein modernes Kleid hüllt. Nicht zuletzt für diese Leistung hat Sophie Hunger sämtliche Lorbeeren dieser Welt verdient.