Jeans for Jesus – Jeans for Jesus (Irascible)

27.01.2013; Text: Nico, Bild: Promo / Cover
Neue Bands mitsamt Debütalben schiessen wie Pilze aus dem moosigen Boden der Schweizer Musikwälder: Ob Hip Hop, Jazz, Pop, Rock oder Volksmusik, alle Arten sind in grösster Vielfalt vorhanden und warten nur darauf in eurem Körbli zu landen. Vor ein paar Tagen erreichte mich das Debütalbum „Jeans for Jesus“ der gleichnamigen und mir zuvor unbekannten Berner Band. Der Bandname ist das erste, was mich philosophieren lässt und mit Anhören des ersten Songs „Nie meh“ lässt die Nachdenklichkeit nicht nach...im Gegenteil. Sanfter, melancholischer Gesang trifft auf sein Antonym, die elektronischen Klänge. Recht schnell stellt, sich bei mir die Frage: Hat die Schweiz darauf gewartet? Und spätestens nach „L.A.“, einen Song der vom – ums in den Worten von Jeans for Jesus zu sagen - „...sie wott wäg ga zum zrügg z cho um gläbt z ha...“ handelt, konnte ich mir diese mit nein beantworten. Auf diese Art von Musik kann nun wirklich niemand gewartet haben, denn die vier Berner haben das geschafft, was nur sehr wenigen vor ihnen gelungen ist: Sie sind eine neue Pilzart, welche nur leider (noch) keinen eigenen Namen trägt. Musikalisch gesehen wird das, was die Jungs machen als Mundart-Pop deklariert. Dies jedoch wahrscheinlich einfach der Einfachheit halber. „Jeans for Jesus ist Indie, Pop, Elektro, Rap und vieles mehr.
Cover Jeans for Jesus
Um herauszufinden, was sich hinter der „Music for the cool Kids“ - wie sie sie selbst betiteln - alles steckt, habe ich Philippe Gertsch und Micheal Egger in Bern zum Interview getroffen. Obwohl mir nach dem Hören des Albums klar wurde, dass eine neue Ära eingeläutet wurde und es Sinn macht Jesus' Gewand gegen modernere Kleidung einzutauschen, wollte ich erfahren, wie der Name entstand. Michael ergreift das Wort und erzählt mir von der schicksalhaften Begegnung in Übersee: „Wir haben uns alle vorher schon gekannt und uns durch abstruse Zufälle alle in Brooklyn wieder getroffen und haben zusammen beschlossen an die Westküste rüber zu reisen...“ „Schlussendlich waren wir alle auf der Suche nach musikalischer Inspiration.“, wirft Philippe mit ein. Da ihnen – wie Michael weiter verrät – auf der Reise ein etwas verwirrter mexikanischer Mann namens Jesús mit Hosen, die scheinbar nicht mehr als solches durchgingen, vors Auto gelaufen ist, woraufhin Demian ihm Jeans schenkte, war der Name entstanden. „Der Name ist sehr wohlklingend und ich finde, dass er zu unserer Musik passt: Berndeutscher Hip-Hop mit viel organischen Klängen gemischt mit etwas extrem modernem“, so Michael. Und Philippe ergänzt die Adjektiv-Palette mit „synthetischem, elektronischem...the clash!“ Die beiden könnten noch einiges aufzählen, doch abschliessend auf diese Frage bringt uns Philippe mit der Aussage „und dazu kommt, dass es einfach ein verdammt guter Name ist!“ alle zum Lachen.
Promobild von Jeans for Jesus

Meine humorvollen Gegenüber sind textlich gesehen eher philosophischer Natur. Philippe erklärt auch gleich, dass die Texte den Federn des lesegierigen Michaels und theaterspielenden Demians entspringen. Michael ist es wichtig, dass die Songs, welche keine Geschichten erzählen, den oder die HörerIn zum Nachdenken inspiriert. „Es gibt viele Mundarttexte, die entweder sehr einfach gestrickt sind und dort enden, wo sie enden müssen oder aber die tiefgründigen Texte, die dir ihre Wahrheit, wenn auch versteckt, konkret kundtun.“, was dem Sänger nicht so gefällt. Er erklärt weiter: Wir versuchen ganz nach der Tradition von Kuno Lauener, Endo Anakonda und von Baze alltägliche Ereignisse in Songs verpacken und das mit weiterdenkender Perspektive.“ Auf dem Debütalbum kann sich der / die HörerIn immer wieder ihr ganz eigenes Gschichtli zu einem Song ausdenken und der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wer übrigens bei „Feuilleton“ denkt, er würde die Stimme von Francine Jordi raus hören, liegt vollkommen richtig. Michael ist beim Zappen zufälligerweise auf ein Interview mit Francine Jordi gestossen. Einerseits musste er lachen und andererseits fand er, dass dieses Statement auch für ihre Musik passt, weshalb sich das Interviewsätzli gleich einen Platz auf „Jeans for Jesus“ sicherte. Die beiden verraten mir, dass es nicht nur, als kleiner Lacher zwischen durch gedacht ist, sondern auch als Break vor „Kapitalismus Kolleg“. Dieser Song tanzt mit dem Sprechgesang von Demian ganz nach seinem Vorbild Falco – und ganz ohne melancholischen Gesang irgendwie aus der Reihe, was aber nicht bedeutet, dass er schlechter ist, als die anderen. Michael erklärt, dass sie das Album auch nach 12 Songs und einem roten Faden hätten beenden können, da der Song jedoch der ganzen Band so gut gefiel, fand er nach Francines aufheiternder Ansage zum Glück noch seinen Platz auf dem Debüt. Beim Recherchieren bin ich immer wieder auf Berichte mit dem Ausdruck Computermusik gestossen. Ich habe Jeans for Jesus noch nie live gesehen, kann mir aber trotzdem nicht vorstellen, dass der „instrumentale Part“ scheinbar nur vom Computer erzeugt wird, da ich mich frage, was dann der Rest der Band bei live Gigs von sich gibt. „Es ist lustig, dass ein synthetischer Klang eines Instruments sofort mit Computer in Verbindung gebracht wird, dabei ist es ja auch nur ein Instrument, es sind einfach Synthesizer, die verwendet werden.“, so Philippe, der scheinbar schon des öfteren darauf angesprochen wurde. Zudem verraten mir die beiden weiter, dass bei ihren live Gigs abgesehen von 4 Synthesizern auch – in Anführungszeichen „normale“ Instrumente wie, - Gitarre, Schlagzeug und Ukulele eingesetzt werden, welche auch auf dem Album herauszuhören sind, sobald man sich den synthetischen Klang etwas wegdenkt. Die beiden sind sich einig, sie wollen mit ihrer Musik Horizonte erweitern, Mundart-Musik in eine andere Richtung treiben und damit aufzeigen, dass man durchaus den Mut haben darf, auch in Mundart irgendwie international zu klingen. Sie gehen da mit gutem Beispiel voran, denn ihr Mut wird jetzt belohnt.

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