Lacrimosa - Schattenspiele (Hall of Sermon)
Text: Monthy
Bild: Cover
Nach zwanzig Jahren Bandgeschichte, stellt sich bei Lacrimosa die Frage, was genau Erfolg eigentlich ist? Kommt's auf Plattenverträge an, steht das deutsch-finnische Duo immer noch bei null. Besser sieht es bei Top-10-Charträngen aus. Lacrimosa werden - abseits des finanziell aufgeputschten Business - von Asien bis Lateinamerika zu den Topstars zumindest der Gothic-Metal Szene gerechnet. Ritterschlag in Sachen Erfolg ist aber die Tatsache, dass Texte der deutschsprachigen Musiker im Ausland für den Deutschunterricht in Schulen verwendet werden. Da verblassen die goldenen Schallplatten in den Vitrinen der anderen gleich massiv. Und weil Lacrimosa unkonventionell sind, haben sie sich auch etwa Unkonventionelles zum 20jährigen Jubiläum ausgesucht. Anstelle einer kommerziellen Best-Of Produktion haben der deutschstämmige Tilo Wolff und die Finnin Anne Nurmi 15 bisher unveröffentliche Tracks zusammengesucht und mit zwei neuen auf Scheibe gepresst. Damit bieten sie ihren Fans eine kleine Schmuckschatulle zum Schmöckern und geben gleichsam Einsicht in die Entwicklung des Gothic-Metal von 1990 bis heute. Wobei die Entwicklung der in Zürich beheimateten Band auch da nicht unbedingt typisch ist. Deshalb ist "Schattenspiel" auch Fenster in eine Welt der Pionierarbeiten. Insbesondere im Bereich zwischen harten und fremden Klängen wandelt Tilo Wolff in besonders grossen Fussstapfen. Neben den legendären Kraftwerk, die bis heute als europäische Erfinder des Techno gefeiert werden, ist auch im Industrial-Bereich mit den Krupps eine bedeutende Band deutsch. Die Geschichte von Lacrimosa zeigt Fusionen von Gothic-Industrial und frühem Elektro. Den Doom-Faktor pflegen sie mit dunklen Stimmen und sakralen Arrangements. Hier tut sich manchem eine neue Welt auf und verführt mit dunklen Versprechen von Geborgenheit. Wer sie bereits kennt, kann sie abermals neu kennen lernen. Besonders gelungen.