Lacson’s neue Fröhlichkeit!
06.08.2013/Text: Sandy, Bilder: Opu
Den Frontmann von Lacson, Raphael Krauss, lernte ich vor rund 15 Jahren kennen, als er als Support Act mit Göla tourte. Damals sang er unter dem Namen Raph Krauss tiefgründige Mundart-Lieder, welche die tristen Momente des nebligen Novembers beschrieben. Mit Lacson ging es dann Englisch weiter, wie übrigens bereits vor dem Mundart-Intermezzo. Raphael ist eher der unscheinbare Bühnenmensch. Er hält sich lieber versteckt, als sich in den Vordergrund zu drängen. Seine Musik und vor allem seine unvergleichbare Stimme sind mir immer wieder aufgefallen und haben mich berührt. Mitten in das Herz spielt er am Rockfest in Brienz. Der Seeländer Musiker bringt seine Leidenschaft nun mit einer unglaublich lebendigen Echtheit hinüber. Er strahlt plötzlich eine Fröhlichkeit aus; tanzt über die Bühne, wenn ihn der eigene Groove überwältigt; flirtet mit dem Publikum und hat immer wieder einen gewissen Schalk in seinen Augen. Und ganz gerührt wirkt er, wenn er stolz seine beiden Kinder beobachtet, die erstmals im Publikum sind und mit grossen Augen ihren Papa bestaunen.
Dass sein Ding nun so ist, hat Raphael Krauss einem Weggefährten zu verdanken. Und zwar niemand anderem als Dennis Poschwatta, Produzent und Schlagzeuger der deutschen Rockband Guano Apes. Ihn lehrte der Schweizer Musiker auf seinen Touren durch Europa in Litauen kennen. Die erste Kritik von Dennis war: „Eigentlich ist eure Musik Scheisse, aber irgendetwas steckt darin. Und du Raph hast irgendetwas in deiner Stimme, dass ich hervorholen will.“ Ziemlich schnell hat der Kritiker auch festgestellt, dass das Schatten-Dasein von Krauss nicht förderlich und vor allem unnötig ist. Dennis hat ihm gezeigt, was in ihm steckt. Er sei zwar nicht der perfekte Sänger, aber er habe Herzblut und seine Seele erzähle etwas.
Noch etwas anderes macht den jetzigen Raphael Krauss aus. „Ich habe jetzt zwei Kinder. Das ist ein Erlebnis, dass sehr einschneidend ist“, sagt der Rocker mit den unzähligen Tätowierungen, dem man eigentlich das Vaterdasein gar nicht gibt. Für seine Kinder ist er voll und ganz der Papa. Da spielt es keine Rolle, ob er auf der Bühne steht oder nicht. „All die Motive, die auf meinem Körper gezeichnet sind, sind meine Geschichten. Und wenn ich meine Kinder sehe, bin das auch ich. Das ist mein Leben“, gesteht er nachdenklich. Und genau dieses Leben wollte sein Produzent in seine Songs bringen. Nur, um das zu können, muss man zuerst sich selber finden und kennen lernen. „Es hat Situationen im Studio gegeben, da konnte ich nur noch weinen“, beschreibt Raphael diesen Selbsterkennungstrip. Das Coaching von Dennis sei sehr direkt und kritisch gewesen. Es sei vorgekommen, dass er mitten in einer Aufnahme das Gerät abgestellt habe und sagte: „Verschwende bitte nicht meine Zeit! Du erzählst mir bei diesem Song rein gar nichts.“ Und der Förderer brachte es mit einem schönen Vergleich auf den Punkt: „Wenn du so deiner Frau den Heiratsantrag gemacht hättest, hätte sie sicher nein gesagt.“ Er befahl Raph genauso so zu singen, dass seine Emotionen richtig aus ihm heraus bersten.
So ist auch der Song für seine Tochter Sophia entstanden. Nach dem ersten Vorsingen, fragte ihn Dennis Poschwatta: „Wäre deine Tochter jetzt stolz auf dich? Du hast sehr viel Schönes aufgeschrieben, aber du sagst gleichwohl nichts.“ Er liess Raph dann alle Wörter markieren, die für ihn emotional wichtig sind. Das habe er getan und dann sei etwas Magisches passiert. Beim anschliessenden nochmaligen Proben, habe Dennis unbemerkt auf die Record-Taste gedrückt. „Ich habe die Augen geschlossen, gesungen, die Gefühle zu den angestrichenen Wörter gespürt, und bin so richtig in eine Trance gekommen“, erzählt Raph. Als er fertig war, habe er zu Dennis geschaut und gemerkt, dass ausgerechnet sein strenger Lehrer Tränen in den Augen hatte. Diese Arbeit mit ihm und auch mit dessen Frau, die Logopädin ist, hat den Musiker stimmlich weitergebracht. „Ich stresse mich jetzt nicht mehr damit, dass ich schön singen muss. Ich will den Leuten nur meine Emotionen erzählen und schon berühre ich“, verrät er das einfache Rezept. Diese Songs, die wir heute auch in Brienz live gehört haben, erscheinen übrigens im Februar 2014 auf einer CD.
Auch das Zugeständnis für sich und seine Wünsche einzustehen lehrte Raphael Krauss von seinem Produzenten Dennis Poschwatta. Als die Suche einen passenden Schlagzeuger zu finden, losging, hat er seinen Schützling gefragt: „Was möchtest du den für einen Schlagzeuger? Wie soll er sein?“ Nach langem Überlegen hat Raphael mutig gesagt: „Ich will eigentlich so einer, wie du bist.“ Dennis habe das spontan erwidert: „Wieso fragst du mich dann nicht?“ So kam es, dass nun bei einigen Konzerten von Lacson der Meister selber am Schlagzeug sitzt. Heute in Brienz hat ihn der „alte“ Bandkollege von Krauss, Sascha Jäggi, vertreten, weil er selber ein Konzert hatte. Übrigens stammt auch der Gitarrist Godi Hildmann aus der Guano Apes Familie. Diese beiden Musiker in seiner Band zu haben, ist für Raph das grösste Geschenk.
Der Seeländer Krauss hat aber heute noch ein anderes Geschenk erhalten, nämlich vom Rockfest-Publikum: „Wenn Leute vor der Bühne mit einem fragenden Blick die unbekannte Band begutachten und dann am Schluss des Konzertes ein Lächeln auf dem Gesicht haben, dann ist das für mich das Grösste“, sagt der Musiker mit einem Strahlen in seinen Augen. Ein weiterer wichtiger Weggefährte von Raph und der ursprüngliche andere Teil von Lacson ist übrigens Bassist Beat Diesel.