Lahar - Vulkanologie für Anfänger

Text/Bilder: Monthy
Lahar auf der lichtgeflutetenen B-Sides Hauptbühne
Meine Schreiber werden mir daraus zwar einen Strick drehen, weil ich immer sage, dass man eine Band nicht nach ihrem Namen fragt. Dessen Bedeutung kennt man. Im Falle von Lahar aber, schätze ich, ist der Normalbürger in etwa gleich ahnungslos wie ich. Also bitte ich im Talk auf dem Krienser Sonnenberg die Band, mir zu erklären, was es damit auf sich hat. Namensinitiant und Gitarrist Matthias nimmt den Ball auf: "Ich habe einst einen Dokumentarfilm über Vulkanismus gesehen. Diese Vorgänge faszinieren mich ziemlich. Dort war irgendwann die Rede von einem Lahar, einer speziellen Art Vulkanausbruch, bei dem ein Vulkan mit Kratersee involviert ist. Ein Lahar ist ein Ausbruch mit einstürzenden Kraterwänden, was dann die Zusamensetzung der Lava beeinflusst. Diese Masse aus Lava, Sedimentgestein und Wasser ist sehr vernichtend." Stellt sich also die Frage, ob sich der Bandname eher auf den Ausbruch des Vulkans bezieht oder besagen will, dass dort wo Lahar gespielt haben, für gewöhnlich ein Krater entsteht? Drummer Roli präzisiert für mich nochmals: "Der Lahar ist eigentlich die Folge einer Eruption, also die Schlammlawine, die oft um ein Vielfaches vernichtender ist als der Ausbruch selbst." Die Diskussionen innerhalb der Band sind scheinbar auch noch nicht ganz beendet. Denn Matthias schiebt nach: "Für mich geht es dabei nicht um einen destruktiven Aspekt. Es spricht mehr die Energie, die Dynamik und die Wucht solch eines Vorgangs an. Wir sind ja auch keine vernichtende Brutalo-Band." Mit diesem Hintergrund assoziert man schon viel eher Rock mit dem Namen, wo man zuvor eher auf eine orientalisch inspirierte Band getippt hätte. "Ein Vulkanausbruch bietet ja auch Raum für Neues Leben", bemerkt Roli abschliessend dazu.
Lahar Sänger Felix - einst ein Kronzeuge
Lahar sind vom Lineup her eine absolut klassische Rockband. Sänger, Gitarre, Bass, Schlagzeug - darin unterscheiden sie sich also nicht von ihren Konkurrenten. Wie also bringt man die im Namen beschriebene Energie in die Songs hinein? - Roli: "Ich glaube genau das ist es. Wir versuchen mit diesen 'bescheidenen' Mitteln das Maximum heraus zu holen. Mit einer, vielleicht mal zwei Gitarrenspuren, Bass, Drums und Stimme. Im Zusammenspiel kreieren wir diese maximale Energie. Das ist unser Rezept, unsere Idee oder unser Charakter." Wird innerhalb dieses Prozesses viel links und rechts geschaut, oder ist sich die Band betreffend ihres Weges einig? Sänger Felix: "Wir sind eigentlich immer hin- und hergerissen, aber es wird ja alles einfach diktiert...", nach einem lachenden Blick auf den innerhalb der Band noch Dominantesten, nämlich den Gitarristen fährt er fort, "es ist schon extrem bei uns, dass jeder grundverschiedene Musik hört, wir uns aber doch irgendwo in der Mitte treffen. Unsere Musik ist das Resultat daraus."
Der güldene Bass
Die Ausführungen der rockigen Innerschweizer machen mich neugierig und ich versuche heraus zu filtern, wie der Prozess des Songwritings bei Lahar so abläuft. Schaut da jeder auf sich oder ordnet man die persönlichen Bedürfnisse denjenigen der Band unter? - Roli: "Beides. Es gibt die Songs, bei denen Matthias bereits ein Grundgerüst mitbringt und wir dann noch das Endprodukt gestalten. Dann gibt es die Bandraum-Songs, die wirklich aus einem spontanen Riff entstehen und durch Experimentieren zum Lahar-Song werden. Und dann gibt es noch die Sternstunden-Proben, bei denen innert kürzester Zeit aus praktisch nichts ein Song entsteht. Das geht dann sehr schnell. Im Gegensatz zu einer von einem Bandleader geführten Band kennen wir halt verschiedene Formen des Songwritings." Matthias erklärt seine Sicht der Dinge: "Wenn ich einen Song mitbringe, ist das ein Song von mir. Im Songwriting wird er dann zu einem Lahar-Song. Das ursprüngliche Material ist sozusagen unvollständig, weil ich halt meine Art habe, Gitarre zu spielen. Thommy (der Bassist) versteht es glücklicherweise sehr gut, darauf einzugehen. Erst wenn mein Riff, sein Bass, Rolis Drum und Felix' Gesang dazu kommen, mausert sich der Song zu einem von Lahar."
Grossaufnahme Drummer - wo gibt's denn das ausser bei uns?
Führt dies zu Reibung innerhalb der Band und ist diese überhaupt erwünscht oder eher nicht? Felix: "Natürlich gibt es Reibung... Letztendlich ist aber jeder bereit, gewisse Kompromisse einzugehen, weil das Endprodukt zählt. Wenn wir uns aneinander reiben, ist es meist auch nicht von langer Dauer, sondern ganz einfach Teil dieses konstruktiven Prozesses, wie wir zu unseren Songs finden." Ich merke, das läuft auf Weiterentwicklung heraus, wobei mir die Band zustimmt. Ich hake nach, ob denn jeder gewisse unausgesprochene Regeln einhalte? Matthias: "Es funktioniert einfach. Das Wort 'Regel' ist so negativ behaftet. Ich fühle mich eigentlich nie eingeengt. Ich höre beispielsweise die härteste Musik von uns vieren. Wenn wir einen Popsong machen, muss ich gewisse Ansprüche zurückstellen. Irgendwann kommt aber immer der Punkt, wo ich anfange den Song geil zu finden, unabhängig davon, ob er meinem sonstigen Geschmack entspricht oder nicht." - sozusagen mit Hilfe der Band über seinen eigenen Horizont hinaus kommen. Lahar ist der Erfolg zu wünschen - gerade weil man spürt, dass dieser nicht durch Geld oder CD-Verkäufe erreicht würde, sondern durch ehrliches Songwritting und dem Wunsch, sich ständig weiter zu entwickeln.
Das Lahar-Konzert am B-Sides - ein Traum in geld-orange-rot
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