Lamps of Delta - Interregnum Express (Pottwalplatten/Irascible)

Text: Monthy
Bild: Cover
Stilleben eines Amokläufers? - Cover Lamps of Delta
Als Xtreme dereinst ihr "More than words" über die akustischen hauchten und Nirvana sowohl destruktiv als auch konstruktiv zu neuen Ufern im Rock aufbrachen, entstand - vor mittlerweile bald zwanzig Jahren - ein neues Genre. Es hatte sich zur Aufgabe gemacht, den eingerosteten Rock'n'Roll zu erneuern. In den letzten drei, vier Jahren erhielt ich - auch deshalb - immer wieder und oft sehr gleich geartete Werke. Manisch-depressiv oder schizophren, könnte man sagen. Geschrei in Abwechslung mit Gesäusel. Dem Wind musikalisch auf der Spur oder wie auch immer - und leider meist sehr esoterisch. Über die ganze Zeit erschien es mir drängender, man müsste eigentlich den Postrock nochmals post-en, sprich ihn überwinden. Das Paradoxe am Ganzen ist ja, dass Rock längst eine Renaissance erlebt hat und heute in mannigfaltigen Formen mit allem Möglichen ausprobiert wird. Die Hoffnung, dereinst doch noch einer wirklich tollen Postrock-Band zu begegnen, trocknete hingegen langsam in mir aus. Und hier ist sie jetzt doch: Martin Chramosta, Urban Rabaglio, Florian Lindenberger und Daniel Steiner - zusammengefasst zur Band Lamps of Delta beweisen, dass Postrock mehr ist, als die Zerstörung einer zuvor aufgebauten Harmonie. Die vier Basler machen quasi Postrock mit Leitplanken. Dissonanz und vertrackte Beats kommen zwar vor, werden aber ins Ganze eingeflochten anstatt sich dagegen aufzulehnen. Sowohl im Braven wie auch im Wilden gehen die Lampen nicht ganz ans Limit. Das ist bei der Stimme - eher dünn zwischen Punk und Rock in der Luft hängend - auch gar nicht nötig. "Interregnum Express" zeigt eindrücklich, dass Rhythmus nicht nur Sache von Drum und Bass ist. Es sind die Lamps-Gitarren, die dem Sound eine abgerundete Note verleihen. Manchmal hat man das Gefühl, als ob ein 2-Meter-Mann neben einem Mädchen von einem Meter vierzig herlaufen würde. Seine grossen langsamen und ihre kleinen schnellen Schritte harmonieren aber trotz allem. Die besten Songs von "Interregnum Express" sind bezeichnenderweise solche, die vordergründig gar nichts mit Postrock zu tun haben. "John Brock" etwa ist ein forscher Blues, der nur eine Richtung kennt - immer der Nase nach. "One life is not enough" hingegen kokettiert mit einer Zirkus-ähnlichen dominanten Trommel und serviert dazu ein Riff, das sich eben nicht gewaschen hat. Abschliessend möchte ich noch zwei weitere Songs herausheben: "The Liver, the Love" wegen eines Titels, über den ich schon morgen ein Buch schreiben könnte und das chanson-eske "Les chiens d'Angoulème", das beweist, dass auch Postrocker etwas Schönes einfach mal so stehen lassen können. Must listen!
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