Mucho Gusto, LDDC!
10.7.2011; Text/Bilder: Monthy
In der Kritik zur aktuellen EP "Five" hatte ich Los Diablos del Cielo, wofür LDDC steht, unter anderem als "gefallene Engel" bezeichnet. Dabei sind sie ja eigentlich das Gegenteil, nämlich empor gestiegene Dämonen. Im Interview nach ihrem Auftritt am Openair Frauenfeld kann ich diesen Faux-pas korrigieren, wobei mich Loco Escrito, der spanisch-rappende MC der Band beruhigt. "Teufel des Himmels, ja. Der Name soll einfach den Gegensatz gut-böse darstellen. Wir sind nicht unbedingt mehr Teufel als Engel. Es bedeutet, dass man die schlechten Dinge im Leben akzeptieren und die Guten schätzen soll. Es gibt ja auch die Hells Angels... Unser Name symbolisiert, dass man im Leben immer wieder mal aufsteigt, aber genauso immer mal wieder fällt." Mit dem Namen hatten die Jungs bei mir jedenfalls schon vor dem ersten Ton gewonnen. Die Symbolik ist mir aus dem Heavy Metal, wo sie schon sehr clichiert ist, natürlich mehr als bekannt. Nicht aber aus dem Hiphop. Third Eye fragt erstmal nach, ob die Frage nun auf ihren Glauben abziele und beantwortet sie damit auch gleich. Mit Metal haben LDDC nicht wirklich etwas am Hut. Dafür darf sich der englischsprachige Rapper nun auch noch zur Einstiegsfrage äussern: "Der angesprochene Gegensatz zeigt sich auch in unseren Songs - es gibt die härteren, bösen und die sanften..."
Markenzeichen der Band ist der Sprachenmix aus Spanisch und Englisch - auch ein bisschen Mundart ist ab und zu zu hören. Als der 2009 tödlich verunglückte Samir noch dabei war, wurde auch noch in Französisch gerappt. Loco Escrito zum babylonischen Element, welches LDDC hierzulande einmalig macht: "Leider sind es nur noch zwei Sprachen, jetzt... Wir versuchen aber, das Französische zu erhalten mit Samples von Samir und immer mehr kommen auch persische Cuts von G-Raz dazu, was ganz exotisch tönt." Der angesprochene DJ hat iranische Wurzeln und ist der nächste, der von mir angesprochen wird. Obwohl ich selbst kaum spanisch verstehe, spürte ich seit jeher, dass hier nicht im leider fast üblichen Ausmass Gassensprache gesprochen wird. G-Raz: "Der Eindruck trügt nicht. Wir wollen auch nichts repräsentieren, das wir nicht sind. Und auch wenn ich selbst oft und gerne solche Musik höre, entspricht es nicht dem, was wir empfinden. Wir sind ehrlich zueinander und schätzen uns. Uns aufzuspielen passt nicht zu uns - und ich denke wir hätten damit auch weniger Erfolg als mit dem, was wir darstellen." Es muss ja auch bei krassen Themen immer geflucht werden. Obwohl Loco Escrito das manchmal schon auch macht: "Wenn dich etwas aufregt, dann ist das halt einfach so. Wenn du einen Song schreibst und dich fünf verschiedene Sachen nerven oder runterziehen, dann ist es durchaus auch angebracht. Dann fühlst du dich wie in einem Loch. Und weil wir eben ehrlich sind, kommen die Dinge ziemlich ungefiltert raus. Das gilt aber genauso für die positiven Dinge. Wichtig ist vor allem, authentisch zu sein und dich selbst zu bleiben."
Respekt voreinander aber auch vor den Mitmenschen ist den Jungs wichtig. "Sehr sogar. Ich habe mal nachgezählt, wie oft ich am Konzert 'Fuck' gesagt habe. Es waren etwa drei Mal und dann auch noch in einem Zusammenhang wie 'Fuck Racism'", erläutert Third Eye, der im normalen Job ausgerechnet Lehrer ist. Ich stelle mir vor, dass er dadurch auch einen besonderen Draht zu den Jugendlichen hat, die ja einen Grossteil des Hiphop-Publikums ausmachen. Third Eye: "Es gibt mir sicher ein aktuelles Bild, wo die Jugendlichen stehen. Ich persönlich achte aber weniger darauf, was unsere Hörer brauchen, sondern was ich in dem Moment erlebe. Man muss auch wissen, dass ich noch in Ausbildung stehe und keine eigene Klasse habe. Von dem her wird das eher in Zukunft zum Tragen kommen. Im Moment versuche ich den Leuten weiter zu geben, was mich selbst bewegt." Ganz sicher ist Third Eye aber mit seiner Passion in der Schule der absolute Hero, oder? - "Es ist schon mega cool. Aber ich versuche es eher etwas geheim zu halten. Sonst wollen dann immer gleich alle per Du sein mit mir. Und ich muss dann eben doch der Herr Weilemann sein in der Schule, ziehe mich auch nicht so an sondern etwas seriöser. Ich stelle mich dann meistens vor als Herr Weilemann, der seit zwölf Jahren Kung-Fu macht, was nebenbei bemerkt auch stimmt. Erst wenn ich sie dann kennenlerne, gebe ich das mit LDDC preis. Obwohl einige es natürlich eh schon wussten. Es ist halt einfach eine Nähe, die schon fast kollegial ist..." Und in der Schule kann das wohl auch hinderlich sein, wie ich mir gut vorstellen kann.
Der angesprochene Schicksalsschlag mit dem Verlust Samirs hat LDDC durchaus geprägt. Sie haben sich damals entschlossen weiterzumachen und bezeichnen die Musik gleichermassen als ihre Therapie. Obwohl ich nicht in den Wunden herumstochern will, frage ich nach, ob das damals sofort klar war. G-Raz: "In dem Moment hast du gar keinen klaren Begriff mehr von der Zukunft. Es war wie ein schwarzes Loch, das dich hienein reisst und dann dreht sich alles nur noch. Wir waren in einer riesigen Waschmaschine der Emotionen. Das Album Rimassafarah hat uns geholfen, das durchzustehen. Es ist zwar ziemlich dunkel ausgefallen, aber es hat uns diese Last abgenommen. Sam ist heute noch immer bei uns. Auch heute hat er Connections spielen lassen..." Nämlich indem er eine Band den Flieger verpassen liess und LDDC nicht wie ursprünglich geplant um halb elf morgens auf die Bühne mussten, sondern erst um zwölf. Auch das Wetter drehte in der Zeit von Nieselregen auf strahlenden Sonnenschein...
Die grosse Bühne in Frauenfeld war nicht nur metaphorisch zu verstehen. Mit einem DJ am Pult ziemlich weit hinten und den zwei MCs hatten LDDC jedenfalls Platz genug. Loco: "Es ist riesig! Was G-Raz angeht, versuchen wir auch an anderen Konzerten, ihn ab und zu nach vorne zu holen. Sein Pult war ja auch etwas erhöht, denn sonst hätte man ihn da hinten gar nie gesehen. Für uns beide vorne sind die Wege von der einen zur anderen Seite deutlich länger und daran muss man sich erstmal gewöhnen. Ich habe das schon gemerkt während dem Konzert. Es war auch schön zu realisieren, dass wir wirklich stolz auf uns sein können. Wir haben das alles selber aufgezogen ohne externe Hilfe. Dass wir hier am Frauenfeld auftreten konnten, ist für uns schon ein Meilenstein. Auf der Bühne aufzutreten, wo auch die grossen Stars dann am Abend stehen, war schon ganz, ganz speziell." Einfluss auf die Skills oder auf die Puste hatten die langen Wege aber nicht, jedenfalls nicht für Third Eye. - "Schon als wir hinter der Bühne waren und die Leute schreien hörte, gab das einen Riesen-Push. Es kam auch so viel Liebe zurück von den Fans und ich habe mich total wohl gefühlt auf der Bühne. Es ist auch cool, wenn du zwanzig Meter von der einen auf die andere Seite tigern kannst. Ich würde mich also ganz gern an solche Dimensionen gewöhnen." Das allerdings dürfte schwierig sein. In der Schweiz gibt es für einheimische Hiphopper nicht dermassen viele so grosse Plattformen. Third Eye schmunzelt: "OK, von mir aus einmal im Jahr..."
Aktuell - Kreiere mit den Musikern von LDDC den ersten 3D-Musikvideo!
Unter dem Motto „Film your water story“ haben die renommierte CHARLES MICHEL Videoacademy und die starke Bünder Marke Passugger zusammen mit der angesagten Latin Rap/HipHop Band LDDC den H2O- Video-Contest 2011 ins Leben gerufen.
Als einen der glücklichen sechs Gewinnern des H2O-Video-Contest, erwartet Dich ein exklusives 3D-Video-Camp. In der traumhaften Landschaft des Oberengadins wirst Du mit den Musikern von LDDC einen 3D-Musikvideo produzieren. Den ersten in der Schweiz überhaupt.
Weitere Informationen findet man auf: www.h2o-video-contest.ch