Liricas Analas wollen sich entwickeln

Auch wenn die Party beim Auftritt der Liricas Analas in Frauenfeld mächtig abging – Jusht war nach der Show mit dem Gezeigten nicht restlos zufrieden: „Unsere Stimmung wurde lange Zeit immer besser – aber am Ende kam ich selber nicht auf das Level des höchsten Kicks.“ – „Es war wirklich ganz geil hier – aber wir hatten halt in letzter Zeit auch viele ganz geile Konzerte“, ergänzt Flepp, „und die zu toppen ist schwierig – zumal wir, wie wahrscheinlich auch das Publikum – mit grossen Erwartungen an das heutige Konzert kamen.“ Eine komfortable Situation also, in der sich die Rumantsch-Rapper derzeit befinden, wenn Gigs mit weit über 2000 Leuten, die voll abgehen, nicht mehr das höchste aller Gefühle hervorrufen? „Wir sind vielleicht halt auch eher eine Band, die sich in kleineren Klubs wohler fühlt“, glaubt Jusht, doch Flepp entgegnet: „Das glaube ich nicht. Aber wir suchen selber den Kick und wenn wir den nicht haben, dann ist das wie bei einem Junkie, der den Kick sucht und dann schon nicht ganz zufrieden ist, wenn er ihn nicht kriegt.“ – „Aber das Thema mümmer jetz nid breit ritte…“, wirft Jusht ein. Trotzdem: Eine Feststellung muss hier noch Platz haben: Die beiden DJs sind auf der Bühne abgegangen wie Sau – „A-Hörnchen und B-Hörnchen – die gehen immer ab“, wie Jusht es formuliert.
Liricas Analas live Am Openair Frauenfeld
Knapp ein Jahr nach dem letzten Treffen mit den Liricas Analas ist bei den Jungs noch immer nicht klar, wann ein nächstes Album erscheinen soll, geschweige denn wie es tönen soll. Sprachlich etwa waren in Frauenfeld bisweilen auch deutsche Sprachfetzen zu vernehmen und Jushts eigenes Mixtape umfasst unter anderem Rumantsch, Mundart und Hochdeutsch. „Das hat natürlich mit der Faszination für die Sprache an sich zu tun“, sagt der angesprochene, „und mit der Frage, welche Möglichkeiten wir haben, uns mit den Sprachen, die uns zur Verfügung stehen auszudrucken. Die Muttersprache Romanisch hat ganz klar Priorität, aber wir wollen auch hinsichtlich der Kommunikation mit den Leuten andere Sprachen nutzen und mit ihnen auch arbeiten.“ So ist beispielsweise auch ihr romanisch nicht clean, sondern mit modernen deutschen und englischen Begriffen durchsetzt – eine Art Slang eben. So treten Liricas Analas unter dem Strich nach wie vor mit rein romanischen Texten auf, nehmen sich aber die Freiheit, in Freestyles, Featurings oder zwischen den Songs auch andere Sprachen zu Hilfe zu nehmen.
Liricas Analas live am Openair Frauenfeld
Trotz den individuellen Formen von Liebe oder Beziehung zur romanischen Sprache der einzelnen Bandmitglieder – sich für Kampagnen, zum Beispiel politischer Natur, einspannen zu lassen ist nicht Sache der Bündner. „Vielleicht mag das ignorant sein, aber für uns als Band ist des kein Thema, der ganzen Sprachenfrage zum Beispiel einen Song zu widmen“, sagt Jusht. „Es reicht, wenn wir als Teil einer Bewegung angesehen werden, die dem Romanischen neues Leben einhauchen will.“
Liricas Analas live am Openair Frauenfeld
Diese Haltung gilt für die Liricas Analas aber nicht nur in Sachen Bündner Sprachpolitik, sondern grundsätzlich was politische Statements betrifft. So haben sie mit der Politisierung des Raps etwa durch Stress oder Gimma im letzten halben Jahr nicht viel am Hut. „Das ist halt Marketing“, meint Flepp schlicht. „Der HipHop-Zug rollt seit einer Weile. Damit das so bleibt, müssen die Künstler verkaufen und so sind sie irgendwie in die Politik reingerutscht. Wohl mag da und dort eine ernsthafte Ansicht dahinter stecken – aber meiner Meinung nach geht es in den meisten Fällen nur um Verkaufszahlen und um nichts anderes.
Liricas Analas live am Openair Frauenfeld
Aber auch musikalisch scheren sich Liricas Analas offensichtlich um Konventionen. „Auf Grund unserer Erfahrungen und Vorlieben könnten wir alles andere, als HipHop sein; Rock, Pop, Metal, was weiss ich. Aber weil wir rappen, werden wir immer wieder in den HipHop-Topf geworfen“, sagt Jusht, „deshalb wollen wir uns auch selber nicht eingrenzen.“ Nicht zuletzt deshalb ist das Projekt „neues Album“ noch nicht fix aufgegleist. „Ein Album von uns soll immer auch einen Entwicklungsschritt seit dem letzten Release darstellen“, sagt Jusht weiter, „deshalb nehmen wir uns Zeit, uns und unsere Musik zu entwickeln und wachsen zu lassen. Wir können dass Ding erst rausgeben, wenn wir diese Entwicklung gemacht haben. Wenn es ein Jahr braucht, brauchts ein Jahr. Wenns drei Jahre braucht, brauchts drei Jahre.“
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