Lovebugs - Kleine Hände, grosse Taten

Text: Monthy
Bilder: Eve/Rose
Aus zwei Gründen freue ich mich besonders auf das Interview mit Lovebugs-Simon. Erstens tragen wir den bis auf die Schreibweise gleichen Familiennamen und zweitens kommt selten ein Drummer zum Interview. Letztere Bewandtnis nehme ich in meiner ersten Frage an Simon Ramseier gleich auf. Er zeigt sich leicht verwundert: "Was für eine Frage... Wir sind eine sehr demokratische Band, vielleicht liegt´s daran. Jeder von uns ist ein Charakter und hat etwas zu sagen und zu erzählen und so arbeiten wir auch. Vielleicht ist das der Grund, das ich jetzt hier bin..." Als typischen Drummer würde er sich auch sonst nicht bezeichnen, meint der tatsächlich sehr attraktive ´Käfer´ darüber hinaus: "Ich glaube, ich brauche das Schlagzeug mehr als Ausgleich, um eine Seite in mir auszuleben, die ich sonst nicht so zeigen kann. Ich bin eher ein ruhiger Mensch, geduldig und muss nicht unbedingt im Mittelpunkt stehen. Mit diesem Instrument habe ich ein Mittel, auch die andere Seite spielerisch auszuleben."
Dafür nimmt er dann auch einiges in Kauf, wie sein Weblog unter dem Titel "Physiotherapie für kleine Hände" dokumentiert. Erstens will ich wissen, wieso ´kleine´ Hände? - Simon lächelt sehr charmant und wäre ich eine Frau, dann Zensur. "Gerade kürzlich hat mir eine sehr, sehr, sehr charmante Frau gesagt, dass ich kleine Hände hätte, das habe ich dann im Weblog aufgenommen", erklärt der Drummer, dessen Daumen es beim Spielen hauptsächlich sind, die in Mitleidenschaft gezogen werden. "Das sind halt so Berufskrankheiten, die da bei mir auftreten. Muskeln, die sich abnützen. Gelenke, die aufgerieben werden - aufgrund von Fehlhaltungen. Wenn man draussen spielt, verliert sich der Sound sehr schnell und das kompensiert man mit noch intensiverem und lauterem Spiel. Vor fünfzehntausend Leuten - so wie heute - will man auch automatisch noch mehr geben, um sie mitzureissen, und dann gehe ich über meine Grenzen hinaus und kriege plötzlich Reizungen oder Entzündungen, die ich mit diesen Übungen verhindern will." Deshalb ging Simon zum Guru und liess sich beraten. - "Er ist Arzt, aber das lässt sich nicht rein medizinisch behandeln. Es geht meistens um den ganzen Körper und wenn du am Daumen was hast, dann kann die Ursache auch im kleinen Zeh liegen und das herauszufinden ist fast eine spirituelle Sache. Mein Arzt gibt mir Tips, auch wie ich von dieser Verletzung ablenken kann, so dass sich der entsprechende Körperteil erholen kann."
Mit Simon´s Versicherung, dass dies helfe, leite ich zum Lovebugs-spezifischen Teil des Interviews über und nutze die Gelegenheit endlich nachzufragen, was denn mit dem seit Jahren nicht mehr gehörten TakeThat-Cover "Back for good" passiert sei? - "Ist wirklich eine tolle Coverversion, war auch ein wirklich toller Song. Deshalb haben wir ihn auch heraus gepickt, damals. Es ist ein Zeitdokument und der Song hat seine Brisanz halt verloren. Das hat vor zehn Jahren für uns gestummen, aber jetzt sind andere Songs dran." Das damals angewandte Prinzip der doppelten Geschwindigkeit wurde kürzlich von QL für Ewigi Liebi sehr erfolgreich wieder aufgenommen. Ich will wissen, wie die Lovebugs damals auf die Idee kamen? Simon meint: "Solche Sachen passieren beim Ausprobieren. Auf unserer aktuellen CD Naked ist ja zum Beispiel auch "A Love like tides" drauf, das ursprünglich eine harte Rocknummer war und von uns als sanfte Ballade interpretiert wird. Das findet man nur heraus, wenn man rumpröbelt..." Der Kreativität freien Lauf zu lassen, hat der Band schliesslich auch einen eigenen Stil im oft ähnlich tönenden Pop-Bereich verschafft.
Um auch in Zukunft auf der Höhe der Zeit zu sein, haben sich die Lovebugs trotz anfänglichen Vorbehalten für eine Mediator entschieden. In beratender Form steht niemand Geringeres als Chris von Rohr den Liebeskäfern zur Seite. Simon: "Wir haben wirklich ein Gegenüber gesucht, jemand der von aussen kommt und uns dann wirklich eine offene und ehrliche Meinung gibt, mit der wir uns auseinander setzen können. Wir haben wirklich fast danach geschrien, aber als wir uns überlegten, wer denn dafür in Frage käme, merkten wir bald, dass in der Schweiz gar keine so grosse Auswahl existiert. Chris von Rohr hielten wir zuerst für eine haarsträubende Idee. Aber irgendwann kamen wir zum Schluss, dass das alles Vorurteile sind. Also, erstens: warum sind die da? und zweitens: wäre es doch wertvoll, diesen Menschen zuerst mal kennen zu lernen und danach zu urteilen."
Das haben Simon und Co dann getan und herausgefunden, dass die Chemie zwischen ihnen und CvR stimmt: "Ja, wir haben festgestellt, dass er ein wirklich herzlicher Mensch ist, das war sehr wichtig. Er hat ein grosses Herz und grosse Ohren, weiss viel und war jahrelang selber in Bands. Und er hat einen grossen Background, das merkt man bei jeder Kritik, die er abgibt. Dann glaubt man ihm eben auch, was er sagt, auch wenn man nicht gleicher Meinung sein muss." Konkrete Veränderungen gibt es bei den Lovebugs deswegen nun nicht. Die Zusammenarbeit läuft eher darauf hinaus, die ´Käfer´ in Zukunft einfach noch besser zu machen. - "Er kann jedem Einzelnen von uns Tips geben und kann ihn dazu animieren, noch mehr zu geben und herauszuholen. Diese Erfahrung nehmen wir mit und da kann er uns sehr helfen." Damit lässt sich also beruhigt schliessen, dass den Lovebugs die beste Pflege angedeiht, die sich die Schweizer Musik Szene einfallen lassen kann, und dass weiteren grossen Taten - wie beispielsweise kürzlich auf dem Gurten - nichts im Wege steht.
Copyright trespass.ch [br] Source: https:// https://www.trespass.ch/de/bands-a-z/l/lovebugs/lovebugs_kleine_haende_grosse_taten.htm