Luca Hänni: Ein Superstar auf der Suche

10.10.12012/Text: Ko:L; Bilder: fotospahni.ch/Trespass-Archiv
Wahrscheinlich hätte er gerne gestrahlt und mit “Ja” geantwortet auf die Frage, ob er zu Fuss von daheim in die Tennishalle TUS in Uetendorf gekommen sei für sein Heimspiel. Stattdessen muss Luca Hänni antworten: “Oops – wir sind mit dem Auto da und bis in die Halle gefahren.” So ist das, wenn man in einer Welt lebt, in der man nicht einmal in Ruhe den 18. Geburtstag feiern kann. “Wir haben schon lange kommuniziert, dass ich zwar einen freien Tag habe, aber trotzdem nicht zuhause bin”, sagt der smarte Junge einen Tag nach ebendiesem Geburtstag. “Trotzdem haben zwei vor unserem Haus gezeltet – und ganz viele haben Geschenke deponiert. Das war wunderschön.” Trotzdem kriegt Lucas Gesprächspartner den Eindruck, der gemütliche Abend im Kreis seiner Familie habe ihm mehr bedeutet...
Luca Hänni am Konzert vom 9. Oktober 2012 in Uetendorf
Denn: Auch wenn er wie aus dem Ei gepellt aussieht – die Visagistin, die bei jedem Pressetermin zugegen sein muss macht einen tollen Job – so sieht man dem Jünglich doch an, dass das Monsterprogramm, dass in diesen Wochen absolviert, kräfteraubend ist. Das Konzert in Uetendorf ist das 7. in diesem Monat, zuvor war intensives Proben für das volle Konzertprogramm angesagt, während die kurzen Konzerte noch liefen, eine Band musste gefunden werden, Clip-Drehs und Pormo-Termine jagten einander. Gleichzeitig haben die Castings für Lucas Nachfolger bei Deutschland sucht den Superstar schon angefangen und der Uetendorfer ist schon damit beschäftigt, seine Zukuft nach Ablauf seines Superstar-Jahres zu planen. “Nein, der Druck ist nicht weniger geworden in den letzten Wochen. Und ist nicht immer ganz einfach, abzuschalten”, gesteht Luca derweil unumwunden, “vor allem wenn man wie ich immer noch das Gefühl hat, man müsse an alles und jedes selber denken.” Zum Beispiel, ob es in Uetendorf genügend Parkplätze habe für die 2700 Fans, die für den Gig im TUS ein Ticket haben...
Luca Hänni am Konzert am 9. Oktober in Uetendorf
Luca Hännis nächstes Ziel ist, nach Abschluss der laufenden Tournee ein neues Album aufzunehmen, das im Frühling 2013 erscheinen soll, produziert ohne Dieter Bohlen. “Wir haben da ein paar andere coole Ideen”, sagt Luca Hänni, und betont, dass Bohlen zweifellos ein erfolgreicher und fähiger Produzent sei. “Aber mir schwebt etwas vor, dem man nicht gleich den Bohlen-Touch anhört.” Rockig soll der Luca Hänni-Sound sein. Aber durchaus auch mit Pop-Appeal. “Und es ist undiskutabel, dass Club-Sounds derzeit extrem angesagt sind. Solche Einflüsse werden sicher auch mitspielen.” Von aktuellen Schweizer Acts könne man durchaus gewisse Songs von Myron als Hilfe beiziehen, um sich ein Bild von dem zu machen, was er sich musikalisch vorstelle... “Ich freue mich auf jeden Fall extrem darauf, den Luca-Sound zu suchen und viel Neues auszuprobieren.”
Luca Hänni im Talk im Mai 2012
Aber eben: Vieles ist noch in der Schwebe. So etwa auch, ob Luca die Musiker und Musikerinnen seiner aktuellen Liveband auch in Zukuft an seiner Seite haben wird. “Wir haben bewusst junge Musiker gesucht”, berichtet Luca über das Band-Casting. “So ist diese Tour für alle Beteiligten die erste – und das spürt man. Wir sind alle in einer ähnlichen Situation, in einem ähnlichen Groove. Geil ist, dass wir uns mit jedem Tag besser verstehen – und uns nicht selten Ärger einhandeln, wenn wir uns etwa beim Jammen während dem Soundcheck vergessen und einfach zusammen Sound machen.”
Luca Hänni im Finale von DSDS 2012
Am Konzert in Uetendorf war diese Verspieltheit freilich kaum zu spüren. Mit deftigen Bässen wurden jegliche feinen Zwischentöne zugekleistert, sodass eher Disco- denn Konzertstimmung aufkam. Freilich gab es Momente, in denen Luca Hänni und seine Band ihr Talent aufblitzen lassen konnten, etwa wenn sie „Das Beste“ oder Myrons „One Step Closer“ spielten, und auch die leichte Adaption von Lucas erster Single „Don’t think about me“ in der Art, dass auch die Gitarre eine Rolle spielen konnte. Zusammen mit Hännis Talent, sich auf der Bühne zu bewegen und zu präsentieren zeigte sich, dass in diesem Künstler sehr wohl Talent steckt. Wenn er bisweilen wirkte, wie ein talentierter Kart-Fahrer, den man übernacht in einen Formel 1-Boliden gesetzt hat, dürfte das einem nachhaltigen Karriere-Aufbau freilich kaum zuträglich sein. Schon allein die Tatsache, dass Luca Hänni eine zweite Tour mit derartigem technischem Aufwand kaum wird finanzieren können, wird die Fans enttäuschen. Und erst dann wird sich zeigen, ob diese Fännis ihrem Star auch die Treue halten, wenn die feinen Zwischentöne eben hör- und spürbar werden und nicht mehr von Discobässen zugemüllt.
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