Lunik blieben unterwegs

Text: Ko:L
Bilder: Gurtenfestival
„Ich bin immer scharf darauf, zu spielen.“ Lunik-Frontrfau Jaël lässt sich auch von einem Gewittersturm, wie er am Freitag Vorabend über das Gurtenfestival gezogen ist, nicht ins Bockshorn jagen. Eher „leidet“ sie mit den Festivalbesuchern, als mit dem Wettergott zu hadern: „In solchen Momenten habe ich schier Mitleid mit den Leuten im Publikum. Ich weiss selber wie es an einem Festival ist, und alles ist nass und kalt und klebt – brrr!“ Als Musiker habe man in solchen Momenten dann die Aufgabe, „alles zu geben und den Leuten soviel zu geben, dass sie für einen Moment ihre nassen Kleider vergessen. Und für die Sängerin, die auf der Bühne steht und gerne einergiegeladene Konzerte gibt, haben solche Regengüsse sogar noch fast positive Nebenaspekte: „Wenn's dermassen schüttet, sind die Leute meistens so richtig geladen, nach dem Motto 'Jetzt ist eh alles egal!' und lassen noch vielmehr die Sau raus.“
Lunik-Frontrfau Jaël live am Gurtenfestival 2007
„Irgendwo im kalten Norden“, wähnte sich Mel hier auf trespass.ch, als sie Luniks aktuelles Album „Prepearing to leave“ besprach – und das beim anhören eines Werkes, das im warmen, romantischen Süden Frankeichs eingespielt wurde. Was auf den ersten Blick einem krassen Gegensatz ähnelt, wird von Jaël relativiert: „Es war März, als wir zum ersten Mal dort waren und es war brutal kalt; wir mussten mit Holz heizen!“ Aber Mel hat den Nagel eben doch auf den Kopf getroffen. „Effektiv sind fast alle in der Band Skandinavien-Fans“, erzählt Jaël. Alleine sie selber besuche wenn immer möglich Konzerte skandinavischer Künstler. „Auch wenn ich sie noch nicht kenne. Wenn ich ein Plakat sehe, das für ein solches Konzert wirbt, gehe ich wann immer möglich hin.“
Lunik-Frontfrau Jaël live am Gurtenfestival 2007
„Mit Norden assoziieren viele auch Weite und Melancholie – und ich denke, die trage ich auch in mir und meiner Stimme. Und das ist vielleicht halt das, was am Ende rüberkommt.“- „Fluch und Segen gleichzeitig“, sei sie, diese Stimme. „Radiojingles oder Aufsager für Werbung könnte ich wahrscheinlich nicht machen“, sagt Jaë, „weil meine Stimme sehr eigen ist. Auch Lieder anderer Leute kann ich nicht besonders singen. Darum vielleicht Fluch. Aber handkehrum hilft diese Eigenheit der Stimme zu einem eigenen Profil, sodass es nicht dauernd heisst, 'Du tönst wie die, die und die.'“ Es sei sicher auch ein Vorteil, dass sie die Texte selber schreibe und auch beim Entstehen der Musik dazu intensiv mitarbeite. „Ich habe dadruch sowas wie meinen eigenen Stil gefunden, weil ich weiss, welche Songs ich gut singen kann und welche nicht.“ Denn: „Wenn ich mich nicht wohl fühle mit einem Song, habe ich dann das Gefühl, er töne nicht gut.“
Lunik-Frontfrau Jaël live am Gurtenfestival 2007
„Prepearing to leave“ prangt immer noch auf dem CD-Cover der aktuellen Lunik-CD – aber wann und vor allem wohin genau es gehen soll, lässt Jaël auch knapp ein Jahr nach erscheinen des Albums offen. „Für mich war das eher eine Retrospektive und eine Erklärung zu dem, was wir bei den Aufnahmen zu dieser CD erlebten.“ Ständig hätten sie diesem Gefühl, aufbrechen und unterwegs sein, gelebt, erzählt Jaël. „Wir spielten viel, auch in Deutschland und Österreich und waren ständig am Koffer packen und weiterreisen, ohne dass wir je wirklich ankommen konnten.“ Und plötzlich – ohne Vorwarnung, Rettungsring und Notfallschirm – dreht das Gespräch ab ins Philosophische, als Jaël ansetzt und sagt: „Unterwegs sein ist halt ein wenig das Ding des Musikers – aber eben nicht nur des Musikers. Jeder Mensch ist unterwegs in seinem Leben, geht immer weiter, lässt Leute und Dinge hinter sich um auf Neues zuzugehen.“ Darauf, auf das Leben, habe sich dieser Titel, „Prepearing to leave“ bezogen.
Lunik-Frontfrau Jaël live am Gurtenfestival 2007
In diesem Kontext ist es auch nicht verwunderlich, wenn die Lunik-Frontfrau von sich sagt, sie sei noch bisher noch nirgends wirklich angekommen. „Ankommen ist gar nicht unbedingt mein Ziel“, erklärt sie, „sondern weiterreisen. Und wir sind in jedem Fall immer weitergereist!“ Sie habe nie das Gefühl gehabt, Lunik sei bisher je stehen geblieben. Und selbst wenn nach dem Festivalsommer eine Art Pause „ein Durchatmen“, wie Jaël es nennt, angesagt ist: Still stehen werden Lunik auch dann nicht. „Wir sind alle auch noch mit anderen Projekten engagiert und die werden wir im Herbst und bis Ende Jahr sicher pflegen.“ Immerhin: Ein paar Songs sind geschrieben und die Band ist sich einig, dass es nächstes Jahr weitergehen soll. Aber was wann wo und wie ist noch offen. In Bewegung oder eben unterwegs...
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