Luke Gasser's Anuk – Musiker geben den Ton an
Text: Monthy
Bilder: Filmwerk.ch
Er gilt als die schönste Dauerwelle Unterwaldens und als er den Bahnhofplatz Luzern betritt, weiss ich schon längst, dass hier mein Gesprächspartner naht – Luke Gasser, Musiker und Filmemacher, Phantast und doch ein bodenständiger Innerschweizer. Als solcher lamentiert man nicht, sondern man packt an. Wäre seine aktuelle Produktion "Anuk" ein Hollywoodfilm, sie würde locker eine zweistellige Millionensumme kosten. "Allerdings sind da die Kantine fürs Mittagessen und jeder kleinste Posten jeweils mit drin", relativiert Luke lachend, bevor er mir sein Budget verrät: "1,8 Millionen. Und wir wurden von niemandem finanziell unterstützt. Besonders die öffentlichen Kulturförderprogramme fanden uns nicht förderungswürdig!" Nun, ich bin kein grosser Freund des Schweizer Films. Allerdings könnte das genau damit zusammen hängen. Luke Gasser's "Anuk" ist für einmal kein langweiliger Studiofilm, keine Halbdoku und auch keine Komödie - sondern ein richtiges Actionspektakel.
Die Story versetzt zurück in eine Zeit, als die Geschichte noch keinen Namen hatte. Der alte Krieger Pe-Tai steigt mit seinem Sohn Anuk auf einen Berg, um mit ihm den Initiations-Ritus zu vollziehen. Es ist der Abend vor der letzten Schlacht des grossen Bergkrieges. Doch mit "zotteligen Höhlenmenschen, die keulenschwingend 'Ater' rufen", hat "Anuk" nichts zu tun. Viel näher liegt der Plott bei den Endzeit-Welten von "Mad Max" oder "Waterworld". 2002 drehte Luke Gasser, der schon als Kind ziemlicher Indianer-Freak war, bei den Northern Cheyenne "Fremds Land". "Die Begegnung namentlich mit Chief Jonny Russell hinterliess einen tiefen Eindruck bei mir", äussert sich Gasser dazu auf der Anuk-Homepage.
Luke setzte bei der Umsetzung seiner Geschichte nicht auf Schauspielprofis oder -promis. "Es schien mir logisch, Leute zu besetzen, die selber eine Affinität zu diesem Thema haben." Also fand Gasser seine Krieger in der Musik, vornehmlich im Metal. Stephan Eicher, Katy Winter, Krokus Leadvoice Marc Storace gibt den Schamanen. Hauptattraktion des Films und die beste Gallionsfigur, die man sich dafür überhaupt denken kann, ist die Deutsche Doro Pesch. "Ich konnte es kaum glauben, als ich erfuhr, dass Doro bei diesem Film mitmachen wollte. Sie bringt diesen Spirit schon von zuhause mit und ist ganz einfach eine wunderschöne Frau", schwärmt Luke mit strahlenden Augen.
Für schöne Frauen ist die Maske ja immer ein Thema und dies wohl besonders in den Bergen, wo "Anuk" teilweise gedreht wurde. Allerdings musste man dies sowieso einschränken, wie Luke mir erklärt: "Schminken ist ein sehr altes Brauchtum und war auch schon in der Frühzeit verbreitet. Deshalb haben wir Doro zwar erlaubt, sich die Augen zu schminken, allerdings ohne technische Hilfsmittel und nur mit Erdfarben." Die von Finger geschminkten Augenlider verstärken den Ausdruck der Kriegerin in Doro nur noch. Und in der Tat fühlte sich die schlachterprobte Metalbraut bei Luke pudelwohl. In den Achtzigern hatte sich die kühle Blonde zuerst mit ihrer Band Warlock später solo im Metalbereich etabliert. Nun hat man zwar länger nichts mehr von ihr gehört, doch ist Doro in meiner Generation seit "Bis aufs Blut" unsterblich, einer Metal-Version von "Ein bisschen Frieden" sondergleichen, die sie damals als Bonustrack ohne Begleitung eingesungen hatte.
Im Kontrast zu ihr wollte Gasser eine dunkelhaarige Frau, die er über Szeneverbindungen in Katy Winter fand. Sie zeigt sich als hartnäckig und fällt in der Szene nicht nur bei MusicStar und als Baschi's Freundin auf, sondern steht auch selbst immer wieder an der Front. Sei dies mit ihrem Album "Private" oder nun vor Luke's Kamera. Der König der Löwen schüttelt mir gegenüber gerade seine Mähne und beteuert damit, dass es am Set auch mit Katy keine Probleme gab. "Wenn du die Chance hast, bei einem Film dabei zu sein, ist das ein Privileg. Da verlange ich von jedem, dass er gute Laune mitbringt. Da kenne ich gar nichts." Dass er nun besonders die Frauen lobt, ist angesichts der nicht einfachen Drehbedingungen denn auch keineswegs verniedlichend gemeint. Nebst guter Stimmung war am Set auch ein starker Wille gefragt. Lohn für die Mühen sind fantastische Bilder, die unsere Welt zeigen, als wir sie uns noch nicht untertan gemacht hatten. "Allerdings hat es nichts mit 'Am Anfang war das Feuer' zu tun", unterstreicht Gasser, "'Anuk' handelt in der Bronzezeit. Am Ende dieses Zeitalters standen Stonehenge, die Cheops-Pyramiden und das mesopotamische Gilgamesch-Epos. Die Menschen waren schon sehr viel weiter."
Marc Storace in der Rolle des Schamanen zu besetzen, schien Luke nichts als logisch. "Er hat ja im Film eine Stelle, wo er die Götter singend anfleht. Marc Storace ist für mich eine der fünf grossen Stimmen des Rock überhaupt. Wir reden da von einem Niveau Bon Scott, David Coverdale ...und Marc Storace. Das kam irgendwann bei einem Essen zustande und ich freue mich darüber natürlich wie ein kleines Kind." An und für sich wäre noch ein weiterer kultiger Musiker im Film zu sehen gewesen. "Lemmy von Mötörhead war vollkommen angetan vom Drehbuch und wollte unbedingt mitmachen. Als ich in seinem Büro den vereinbarten Lohn nannte, wurde ich schräg angeschaut. Man glaubte mir zwar, aber der Blick verriet schon, dass er normalerweise ganz andere Gagen kassiert…" Leider verhinderte die angegriffene Gesundheit aber schliesslich den Auftritt von Lemmy, der immerhin mitverantwortlich dafür ist, dass es trotz einer Bande Rockern im Film keinen Rock auf dem Soundtrack zu "Anuk" gibt. Luke: "Er hat mir das geraten, ja. Es wäre dann eben zuviel gewesen und hätte nicht zur Art des Films gepasst. Da boten sich andere Sachen an, inianische beispielsweise." Den Soundtrack gibt's via Clink unten, im Kino läuft "Anuk" diese Woche an, genauer am 16. November.