Mad Manoush - Revolution der Hörgewohnheiten

Text: Monthy
Bilder: Mad Manoush
Von Egon Egemann hatte ich erstmals etwas mitbekommen, als ich noch ein kleiner Knirps war und er in weissem Anzug beim Grand Prix der Volksmusik auftrat. "Ja, das war eine meiner Stationen", lächelt er mich nun anlässlich des Pressetages seines neuesten Releases freundlich an und leitet auch gleich zur Aktualität über, "Was ich heute mache, ist quasi die Summe aller meiner Stationen, die ich in meiner Karriere irgendwann durchwandert habe." Wer denn da schlussendlich genau Egon Egemann konsumiert, ist dem Künstler dabei eigentlich egal. "Für mich ist Musik tatsächlich eine universelle Sprache, die jeder verstehen kann, wenn er will. Ich habe aubbauend auf klassischer Ausbildung mit der Geige - sei es durch Zufall oder Vorhersehung - stilistische Möglichkeiten kennengelernt. In meinem Fall waren es Django Reinhard und Sfefano Capelli, die mich motiviert haben, Abstecher in andere Gefilde zu unternehmen. Klassische Musik und Jazz sind also meine Roots. Aber ich habe irgendwann auch eine grosse Liebe zu allem, was mit authentischer Volksmusik zu tun hat. Ich bin ja gebürtiger Österreicher und Steyrer, was ganz nahe an der Grenze zu Ungarn ist. Auch wieder ein Fingerzeig auf das, was ich heute mache. Umso mehr, wenn man weiss, dass in meiner Familie auch etwas Zigeunerblut fliesst."
Parade für die Musik - Cover Mad Manoush
Die Überraschung, was Egon Egemann heute macht, ist damit eigentlich vorweg genommen. Aber das passt ja ganz gut, weil Mad Manoushs "The Gypsy R-Evolution" auch erst gerade in der Auslieferung an die Läden begriffen ist. Dort ist es ab Mitte Januar erhältlich und bringt den Leuten die Volksmusik vom Balkan in moderner Verbindung mit Stilen der Pop- und Rockkultur näher. Die "Gypsy"-Musik fristet ansonsten eher ein bescheidenes Dasein in der World-Music. Am ehesten kennt man den Begriff musikalisch noch von den Gypsy Kings, die allerdings spanische Musik machen. "Der Begriff Gypsy-Musik ist sehr stark übergeordnet und hat viele Facetten", erläutert mir Egemann die fragliche Kultur etwas näher, "diese Facetten stammen von den verschiedenen Ursprüngen der Musik. Auch die spanische Musik der Gypsy Kings ist durchaus echt Gypsy - einfach eingefärbt in einem latino-maurischen Hintergrund. Genauso ist die Gypsy-Musik des Balkans eingefärbt mit der Folklore aus diesem Gebiet." Gemeinsam ist der Musik zumeist eine starke Emotionalität - Freude und Melancholie finden sich genauso in den Geigen Egemanns wie in den akustischen Gittaren der feurigen Spanier. Egemann sieht die Verwandtheit der Arten vor allem in der Grenzenlosigkeit. "Das haben damals auch alle propagiert. Auch Django Reinhard hat quasi die vorherrschende Tanzmusik, eine Art Jazz- und Swing-Standards, genommen und die manipuliert und verändert. Das ist auch für mich so spannend daran - dieses grenzenlose Verweben von Stilen..." Wenn ich an Roma und Sinti denke, kommt mir fas als erstes das Herumziehen in den Sinn - eine Geimeinsamkeit mit dem Volksstamm der Musiker - ist dieser dadurch selbst ein bisschen Gypsy? Egemann: "Ja, ich denke in jedem Musiker steckt ein Stück Gypsy. Das spürt er spätestens, wenn er auf einer Bühne steht und etwas Feedback vom Publikum spürt, sofern das kommt..."
Egon Egemann und Monthy mit dem neuen Album
Die Gründung von Mad Manoush fällt in etwa in die Zeit, als mit "Hajduci" ein Balkan-Hit durch die Discos fegte. Hatte dieser Fingerzeig von Gypsy-Musik in der Pop-Welt eine Bedeutung für Mad Manoush. Hat man beispielsweise das Potential der Musik da erkannt? Egemann erzählt aus den Anfängen der multikulturellen Truppe: "Die Ursprünge und die Motivation für die Formation war eher eine andere. Ich war damals mit einer eher traditionelle Gypsy-Swing-Gruppe unterwegs. Dann hatte ich in New York ein Schlüsselerlebnis musikalischer Art. Als ich per Zufall im Bulgaria Club irgendwo tief downtown Gogol Bordello gesehen und gehört habe. Wobei ich sie vor allem gesehen habe. Was da auf der Bühne visuell abgegangen ist, mit den Leuten in diesem Melting Pot - New York selbst ist ja auch so ein Schmelztigel - war schon fantastisch." Dazu muss man wissen, dass Gypsy in New York ziemlich stark verbreitet ist. Egemann: "Es übt auch eine gewaltige Faszination auf mich aus. Es wird mich immer wieder in diese Stadt zurück ziehen. Die Verbreitung von Gypsy hängt wohl vor allem damit zusammen, dass es dort von Natur aus so viele verschiedene Kulturen gibt. Sie ist ja quasi kulturelles Welterbe. Das hat mich so inspiriert, dass für mich von da an klar war, dass meine Musik in diese Richtung gehen muss. Und dann kam auch die Idee wieder, all das zu verbinden, was ich bisher so gemacht habe. Die Summe meines Musikdaseins..."
Mad Manoush auf dem Bandfoto
Und die hat Egon Egemann mit dem Belgier Gert Dedapper und den drei Schweizern André Gärtner, Markus Roth und Urs Huber auf eine kleine runde Scheibe gepackt - "The Gypsy R-Evolution"... Das Wortspiel mit dem Bindestrich betont für mich die Veränderung und ich frage mich sofort, was denn diese CD genau verändert? Egemann: "Ich bin mir nicht sicher, ob wir etwas neues in den Gypsy hineintragen können, aber ich glaube, dass es im Zuhörer etwas bewirkt. Im besten Fall führt es ihn zur Erkenntnis, dass man tatsächlich sovieles miteinander verbinden kann wie in unserer Musik. Dass man nicht immer eine Schublade aufmachen muss. Das ist alles eins..." Natürlich hört man aber auch bei Mad Manoush einzelne Stile aus den Arrangements. Mal geht das beispielsweise in Richtung Ska oder Jazz. Musste man eventuell sogar darauf achten, nicht zuviel anderes zu integrieren, um den Gypsy-Charakter des ganzen nicht aufs Spiel zu setzen? - "Es ist mir schon ein Stück weit ein Anliegen, das die Authentizität meiner Roots immer duchschimmert. Aber es ist wohl eher ein unterbewusster Prozess, der da jeweils stattfindet. Ich stelle es fest, wenn ich mir die CD heute anhöre, aber es sich wohl zufällig ergeben."
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