Männer am Meer waren für einmal Männer am See
Text/Bilder: Monthy
"Männer am Meer - Interview in Gersau?", fragte ich per Mail bei der Band an, die sich im Internet unter der Imitation des deutschen Boulevardblattes "Bild" präsentiert ("Vou im Biud"). Die Antwort lautete: "Männer am See" und war positiv. Was ich erst für einen äusserst treffenden spontanen Witz hinsichtlich Beach Rock Party hielt, stellte sich bald nach meiner Ankunft in Gersau als ein bisschen mehr heraus - pardon: als ein bisschen meer heraus. Da liefen doch tatsächlich hordenweise T-Shirts mit ebendieser "Männer am See"-Aufschrift herum. Was also, meine Herren, hat es damit genau auf sich? Ramon, einer der beiden zu mir ins Interview gekommenen Frontmänner werweisst: "Wahrscheinlich ist das unser erster Fanclub... Die Indikatoren, ob man so ein Pseudo-Rockstar ist, sind ja: Ob sich Teenies Poster übers Bett hängen - haben wir -,ob es Fanclubs gibt - der hier ist mir fast schon zu gross - und ein drittes Indiz ist, ob andere Bands Songs über dich schreiben. Wir jonglieren ja so ein bisschen mit Hiphop und da haben mehrere Leute nun ihre Freizeit geopfert und sich eine riesige Mühe gegeben, um ein Diss-Video zusammen zu schneiden, um hauptsächlich ihn herunter zu machen." Sagt's und zeigt auf seinen Kompagnon vom benachbarten Strandkorb.
Der angesprochene, mit Namen QC, gibt zu, dass es zur Gelegenheit des Live-Auftrittes am Gersauer Strand durchaus passt: "Sie haben uns das ja nicht erzählt. Wir waren also total überrascht ob all den Männern am See hier. Es hat uns auch mega gefreut, wir glaubten, es sei ein Zufall." Natürlich kann ich das nun nicht einfach so glauben, was QC erstmal dazu bewegt, Ramon zu fragen, warum er mir von Männern am See geschrieben habe. Dieser rechtfertigt sich mit dem allgemeinen Hintergrund des Namens: "Wir kommen ja aus dem Seeland. Und was man heute nicht mehr weiss: In der Kreidezeit war das ja ein Meer. Und wir wollten einfach unserer Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Schweiz dereinst wieder ein Meer haben wird." Insider wissen übrigens, dass die Meerleute sich dies und noch ganz anderes jedes Mal neu aus den Fingern saugen, wenn nach dem Bandnamen gefragt wird. Ich kann mich da an einen Spruch im Zusammenhang erinnern, der etwa lautete: "Wenn ich die See seh, brauch ich kein Meer mehr..."
Ramon hält das ganze denn auch vor allem für poetisch: "Weisst du, Männer sind ja unbesiegbar. Und wenn Männer am Meer stehen, dann können sie sich schon auch mal ein bisschen klein vorkommen. Deshalb heissen wir meiner Meinung nach Männer am Meer." Ich bin erstmal bedient und beschliesse, von nun an zurück zu schiessen. Also will ich nun wissen, ob Männer am Meer überhaupt möglich gewesen wäre, bevor Alinghi erstmals den Americas Cup gewann? Nach kurzem überlegen meinen die Männer bestimmt: "Nein!". Unbestritten ist dagegen, dass die Männer am Meer nun ihre Tour beendet haben und in die Ferien verreisen. Wie fühlt es sich an, eine Tour hinter sich zu haben? Ramon: "Vor einem Jahr wussten wir noch nicht einmal, dass wir eine Band haben würden, verschwiegen denn, dass wir eine CD veröffentlicht und eine Tour absolviert haben könnten. Wir wussten nicht, wo uns das hinführt. Jetzt hier zu stehen ist schon einfach geil." Und QC präzisiert: "Besonders weil wir es jetzt so abschliessen konnten. Ein würdiger Abschluss verleiht dem Ganzen gleich einen besonderen Glanz. Und es hier in diesem zu Ende zu bringen, war einfach traumhaft. Ich habe das vorhin gerade mit unserem Schlagzeuger besprochen. Wir hatten einen enorm tiefen Takt" - Ramon: "Es war schon etwas emotional."
Und damit zu etwas ganz anderem, denn Meer ist ja nicht gleich Meer. Sind die Männer nun von Sylt oder von Mallorca? QC: "Von Hongkong, jedenfalls ich, beziehungsweise in..." Eine weitere Frage, die mir im Zusammenhang mit den Seeleuten im Schritt zwickt, ist folgende: Wie schwer ist es heute als Band eigentlich, einzigartig zu sein? Den Männern am Meer sagt man das nämlich nach. Ramon bemerkt erstmal, dass es nicht zutrifft: "Das ist ein Missverständnis. Unsere Musik ist ja ziemlich klischiert. Wir machen mal einen Funk-Song, mal einen Latin-Song, einen Hiphop-Track oder ein Medley - und nehmen es auf die Schippe, spielen damit. Basis unseres Dings ist es, Geschichten zu erzählen. Zwar legen wir auch auf die Musik grossen Wert, aber sie ist eigentlich auswechselbar. Mehr ein Transportmittel. Ich kann allgemein wenig Einzigartiges darin erkennen. Vielleicht mal eine Stimme, die sehr speziell ist. Wobei wir ja damit nicht so gesegnet sind." QC glaubt, besonders in den Refrains eigentlich recht eigen zu sein. Dabei ist ihm aber bewusst: "...dass das wohl nicht gemeint ist, wenn man uns als einzigartig hinstellt, sondern die lustige Art, wie wir vorgehen. Wir sind eigentlich vor allem unberechenbar..."
In der Gegenwart der Schweizer Musik ist der Begriff "einzigartig" sicher auch nicht verkehrt. Mit einem Blick in die Geschichte darf ich aber wohl den Namen Merfen Orange aufwerfen? - QC: "Wir waren beim gleichen Label wie sie, ich kenne einen Song von ihnen und sie waren nicht wirklich die Inspiration hinter diesem Werk. Aber du darfst." Ramon spürt instinktiv, worauf ich hinaus will und führt an, dass es ansonsten in Bern nur Chlyklass-Hiphop gebe. Der Hiphop der Männer am Meer hingegen ist eine geseschaftlichere Form. Die des sprudelnden Masterminds eben, der Worte nicht primär und im Gegensatz zum Gangsta-Rap am anderen Ende der Skala als Waffen sieht, sondern als Mittel, seine Story kunstvoll auszuschmücken. Ramon: "Womit willst du sonst vergleichen? Das zieht sich schon durch alle unsere Kritiken durch. Auch andere Berner Bands wegen dem Text und die Black Eyed Peas auf der Hiphop-Seite werden oft als Vergleich heran gezogen."
Zu guter Letzt bitte ich die Herren noch, mir das böswillige Gerücht zu widerlegen, dass die Männer am Meer nur deshalb Hiphop machen würden, weil sie nicht gut genug singen könnten...? - Männer: "Nein, das können wir nicht widerlegen. Aber mit jedem Mal auf der Bühne werden wir ein bisschen besser..."